Von Half-Life 2, nVidia und ATi

Christoph Becker
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Nicht nur an der Hardware-Front zeichnet sich ein heißer Herbst am Horizont ab. Auch die Welt der Spiele wird nach dem Willen Valve Softwares in eine neue Ebene gebracht. Das probate Mittel dazu soll Half-Life 2 sein, um das in den letzten Tagen einige Konfusion herrschte.

Grundlage für die Kontroverse der letzten Tage waren erstmals veröffentlichte Werte von verschiedenen Grafikkarten aus dem Benchmark auf Basis der Half-Life 2-Engine. Mit dabei waren natürlich - was hätte man auch anderes erwartet - ausschließlich Grafikkarten aus dem Hause nVidia und ATi, die sich jedoch nicht wie erwartet ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten, sondern diese Angelegenheit nach Wild-West-Manier klar regelten. Kurz gesagt: ATi deklassierte nVidia in einer Vehemenz, wie wir sie schon lange nicht mehr gesehen haben. Die Amerikaner würden das, was danach kam, als "Hell breaks loose" bezeichnen, wir als heilloses Wirr-Warr. Anhänger der nVidia-Fraktion fühlten sich angesichts der Ergebnisse betrogen, während die ATi-Jünger nur Hohn und Spott in Richtung nVidia schickten. Sie hatten auch allen Grund dazu, denn in den veröffentlichten Werten deklassierte selbst eine Radeon 9600 Pro eine GeForce FX 5900 Ultra in der DirectX 9-Performance um Längen - von der Radeon 9800 Pro sprechen wir lieber erst gar nicht.

Am 10. September fand dann der "Shader Day" statt, eine Informationsveranstaltung rund um Half-Life 2 und der verwendeten Engine, gesponsort von ATi, die bereits mit Valve Software einen exklusiven Vertrag abgeschlossen hatten, der es ihnen möglich macht das fertige Spiel mit den eigenen Grafikkarten zu bundlen. Ein Verkaufsgarant, denn sicherlich wird kein anderes Spiel in diesem Jahr den Absatz von moderner DirectX 9-Hardware so ankurbeln wie es Branchenkenner von Half-Life 2 erwarten. Die Ereignisse, die dort stattfanden, fassten die Kollegen von HardOCP in einem sehr interessanten Report zusammen, der unter anderem auch näher auf die einzelnen Performance-Unterschiede der Kontrahenten eingeht.

Kurz nach Publikwerden der ersten Werte aus dem Half-Life 2-Benchmark veröffentlichte nVidia ein Statement, welches das äußerst schlechte Abschneiden der hauseigenen Grafikkarten erklären sollte. Hier ein Auszug:

Regarding the Half Life2 performance numbers that were published on the web, we believe these performance numbers are invalid because they do not use our Rel. 50 drivers. Engineering efforts on our Rel. 45 drivers stopped months ago in anticipation of Rel. 50. NVIDIA's optimizations for Half Life 2 and other new games are included in our Rel.50 drivers - which reviewers currently have a beta version of today. [...]
Pending detailed information from Valve, we are only aware one bug with Rel. 50 and the version of Half Life 2 that we currently have - this is the fog issue that Gabe referred to in his presentation. It is not a cheat or an over optimization. Our current drop of Half Life 2 is more than 2 weeks old. NVIDIA's Rel. 50 driver will be public before the game is available. Since we know that obtaining the best pixel shader performance from the GeForce FX GPUs currently requires some specialized work, our developer technology team works very closely with game developers.

Offenbar fühlt man sich bei nVidia von Valve Software hintergangen, da man ganz offensichtlich die in Kürze erscheinenden Detonator-Treiber mit der Versionsnummer 50 explizit auf Half-Life 2 optimiert hat. Valve Software nutzt für ihre Version jedoch noch Treiber der Versionsnummer 45.xx. Aus einem nVidia-internen Dokument geht hervor, warum Valve Software letztendlich wohl nicht auf die 50er Detonatoren setzte:

We have been working very closely with Valve on the development of Half Life 2 and tuning for NVIDIA GPU's. And until a week ago had been in close contact with their technical team. It appears that, in preparation for ATI's Shader Days conference, they have misinterpreted bugs associated with a beta version of our release 50 driver.

You also may have heard that Valve has closed a multi-million dollar marketing deal with ATI. Valve invited us to bid on an exclusive marketing arrangement but we felt the price tag was far too high. We elected not to participate. We have no evidence or reason to believe that Valve's presentation yesterday was influenced by their marketing relationship with ATI.

Äußerst interessant ist dabei vor allem der letzte Absatz. Hier schließt selbst nVidia aus, dass die von Valve Software präsentierten Werte gefälscht sein könnten. Ein Zugeständnis an ATi, oder nur ein neuer Sündenbock in Form des Detonator 45.xx, der offensichtlich in Verbindung mit Half-Life 2 inakzeptable Framerates produziert, fragt sich nun der Autor dieser News-Meldung? Dennoch ist der nächste Gedanke, der ihm durch den Kopf fährt, wieder von ganz entspannter Natur. So denkt er sich, dass man die offiziellen Veröffentlichung des Half-Life 2-Benchmarks Ende September abwarten sollte und erst danach endgültige Schlussfolgerungen über die Performance der einzelnen Grafikkarten fällen sollte. Alles andere führt in seinen Augen zu heillosem Chaos und Anarchie. Zu wichtig ist dieses Spiel für die ganze Industrie, als dass man schon im Vorfeld das Damoklesschwert des getürkten Benchmarks über ihm schwenken sollte.

Eine Erwähnung sollte vielleicht noch unsere letzte Kolumne CineFX: Fehlschlag oder Fiasko - GeForceFX im Allgemeinen und nV30 im Besonderen finden, die einmal näher auf die Shader-Performance der CineFX-Architektur eingeht und die Schwächen gegenüber der Konkurrenz von ATi aufdeckt.