Google plant kostenlose Musik – in China

Jirko Alex
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Um sich auch in China als erste Wahl unter den Suchmaschinen zu etablieren, will Google einem Bericht des Wall Street Journal nach neue Wege beschreiten: Ein kostenloses Musikangebot, das sich nur durch Werbung finanziert, soll die Chinesen vom Lokalmatador Baidu.com weglocken.

Anders als im Rest der Welt, wo Google die erfolgreichste Suchmaschine stellt, will es dem US-Konzern seit Jahren nicht gelingen, auch in China an dem etablierten Angebot vorbeizuziehen. Der lokale Konkurrent dort heißt Baidu.com und hat – nach eigener Aussage – vor allem durch das Wissen um China und die chinesische Sprache Vorteile gegenüber seinen ausländischen Mitbewerbern. Vielmehr noch zeichnet Baidu.com jedoch eine Funktion aus, die sowohl in die Mentalität des dortigen Marktes passt als auch einzigartig im Vergleich zur Konkurrenz ist: Die chinesische Suchmaschine findet auch freie Musik, die dann kostenlos heruntergeladen werden kann – und manchmal findet sich auch urheberrechtlich geschütztes Material, für dessen Beseitigung aus den Suchergebnissen stets gekämpft wird.

Google hingegen verzichtet in China auf eine derartige Praxis, um rechtlichen Auseinandersetzungen mit den Rechteinhabern aus dem Weg zu gehen. Darunter leidet offenkundig auch der Erfolg; ein Problem, welches man schon in wenigen Wochen überwinden will, so aktuelle Meldungen. Demnach plane Google die Zusammenarbeit mit einem chinesischen Musikportal, das eigentlich kostenpflichtige Musik-Downloads für umgerechnet zehn Cent je Titel feilbietet.

Das Angebot, das aus der Kooperation von Google und Top100.cn hervorgehen soll, könne kostenlos für den Konsumenten ausfallen, da jeder Titel mit einem Wasserzeichen versehen werden soll. Diese Markierung erlaube es den großen Musik-Labels, das Nutzungsverhalten der Käufer zu analysieren und ihre Werbung darauf auszurichten. Verfügbar gemacht werden sollen auf diese Weise Werke von Künstlern einiger Majorlabel – bestätigt ist bisher Universal Music – sowie diverser Independent- und Klein-Label. Mit EMI und Sony BMG verhandle man derzeit, heißt es aus informierten Insiderkreisen – beide Konzerne kommentierten die Meldungen nicht. Es ist aus diesem Grunde noch unklar, ob das Angebot nur chinesische Künstler umfassen soll oder aber der komplette Katalog der Musik-Label zur Auswahl stehen wird.

In jedem Fall ist die Wirkung auf den chinesischen Markt jedoch interessant: So gehen Experten davon aus, dass etwa 90 Prozent der chinesischen Internetnutzer – 162 Millionen an der Zahl – täglich illegal Musik aus dem Internet laden. Hauptsächlich gefragt seien dabei vor allem lokale Künstler, die aber oft ebenfalls einen Plattenvertrag mit einem global operierenden Labels haben. Jede Suche, die also zukünftig über Google zu einem kostenfreien – aber für die Plattenfirmen informationsreichen – Musik-Download führt, könnte einer sein, der vom Herunterladen urheberrechtlich geschützter Titel abhält.

Obwohl Google, so die Insiderberichte bisher, vorerst ausschließlich in China ein derartiges Angebot starten wird, könnte das Beispiel Schule machen: Lohnt sich der Service in einem Land, dessen Entertainmentbranche durch illegale Handlungen quasi brach liegt, so wäre ein vergleichbarer Ansatz sicherlich auch auf andere Länder übertragbar. Die Zukunft wird laut Meinung vieler Analysten ohnehin der kostenlosen Musik im Internet gelten. Folglich dürfte ein Blick über „die große Firewall“ in den kommenden Wochen interessante Erkenntnisse bieten.