NSA-Ausschuss soll Aufklärung im Bundestag voranbringen
Nach monatelangem Streit haben sich die Parteien im Bundestag darauf verständigt, einen NSA-Untersuchungsausschuss einzurichten. Dieser befasst sich sowohl mit den Überwachungsaktivitäten der NSA als auch der Rolle der deutschen Geheimdienste. Inwiefern die Bundesregierung involviert ist, soll ebenfalls geklärt werden.
Der NSA-Ausschuss wird von allen Bundestagsfraktionen mitgetragen. Diese haben einen umfänglichen Fragenkatalog (PDF-Datei). Die Abgeordneten sollen nun aufklären, in „welcher Weise und in welchem Umfang" die Geheimdienste der sogenannten "Five-Eyes"-Staaten Daten von der Regierung, Unternehmen und Bürgern erfasst, weitergeleitet und ausgewertet haben. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit deutsche Regierungsstellen, deutsche Geheimdienste oder das BSI über die Überwachungsaktivitäten der ausländischen Dienste informiert waren „daran beteiligt waren, diesen entgegenwirkten oder gegebenenfalls Nutzen daraus zogen".
Ebenso steht die Frage im Raum, ob deutsche Geheimdienste Teil eines wechselseitigen „Ringtausch“-Systems sind. Auf diese Weise sollen Geheimdienste Daten oder Erkenntnisse erhalten, die diese durch die rechtlichen Beschränkungen nicht selbst erfassen dürfen. Auslandsgeheimdiensten wie der NSA und dem BND wird etwa untersagt, innerhalb der eigenen Landesgrenzen aktiv zu sein. Zudem soll überprüft werden, ob Mitarbeiter von deutschen Behörden an der Entwicklung von Programmen wie „Prism“, „Tempora“ und „XKeyscore“ beteiligt waren.
Thematisiert wird zudem, ob die Bundesregierung im Verlauf der Snowden-Enthüllungen der Informationspflicht nachgekommen ist – also Öffentlichkeit und parlamentarische Kontrollgremien im jeweils angemessenen Ausmaß über die Geheimdienstaktivitäten informiert hat. Darüber hinaus befasst sich der Ausschuss mit der Frage, wie eine lückenlose und effektive Kontrolle der Sicherheitsbehörden gewährleistet werden kann. Zuletzt soll geklärt werden, welche „rechtlichen, technisch-infrastrukturellen und politischen Konsequenzen“ nötig sind, um etwa die Bevölkerung, Unternehmen und öffentliche Verwaltung besser vor ausländischen Geheimdiensten zu schützen.
Einladungen für Snowden und Kanzlerin Merkel
Der Ausschuss nimmt seine Arbeit voraussichtlich Anfang April auf. Insgesamt sollen acht Abgeordnete in dem Ausschuss sitzen, wobei die Opposition jeweils einen Vertreter in das Gremium entsenden darf. Das ist aber ausreichend, zusammen erfüllen Linke und Grüne das Quorum für Minderheitenrechte in einem Untersuchungsausschuss. In der Praxis bedeutet das: Die Oppositionsfraktionen können die Ladung von Zeugen beantragen und Beweisanträge stellen.
So haben die Grünen bereits angekündigt, dass neben Kanzlerin Merkel auch Edward Snowden im Ausschuss aussagen soll. Voraussetzung eines solchen Auftritts wäre allerdings die Gewährung von Asyl oder eines freien Geleits für Snowden – und das lehnt die Regierung bislang ab. Alternativ bietet sich aber die Möglichkeit, Snowden in Moskau per Videokonferenz oder auf schriftlichem Weg anzuhören. Ähnlich ist bereits das EU-Parlament vorgegangen, um im Rahmen der NSA-Aufklärung ein Statement von Snowden zu erhalten.
Dort zeigte sich bereits, dass die Aussagen des Whistleblowers kein reiner Show-Effekt sind. Snowden erklärte zwar, selbst keine bislang unbekannten Dokumente preiszugeben, bewertet aber die derzeitig verfügbare Informationslage. Und so hatte er in dem Statement für das EU-Parlament nochmals darauf hingewiesen, dass Deutschland das Geheimdienst-Gesetz G10 auf Druck und nach Maßgabe der NSA geändert habe. Solche Vorwürfe hatte die Bundesregierung bislang immer abgestritten.
Angesichts dieser Ausgangslage erklärte Volker Tripp von der Bürgerrechtsorganisation Digitale Gesellschaft: „Der Untersuchungsausschuss muss der Frage nachgehen, ob und inwieweit es Einflussnahmen ausländischer Dienste auf Gesetzgebung und Behördenpraxis in Deutschland gegeben hat.“