NSA-Skandal: EU-Kommissarin kritisiert Merkel und Obama
EU-Justizkommissarin Viviane Reding kritisiert im Spiegel das Verhalten von US-Präsident Barack Obama und Bundesregierung Angela Merkel (CDU) infolge des NSA-Skandals. Beide würden zwar gefällige Reden halten, konkrete Maßnahmen lassen aber nach wie vor auf sich warten.
Obama habe in der Rede zum NSA-Skandal zugesagt, europäische Bürger außerhalb der USA nicht gegenüber amerikanischen Bürgern zu diskriminieren. Doch „schöne Reden“ würden allmählich nicht mehr ausreichen. „Wir wollen jetzt entsprechende Gesetzesänderungen in den USA sehen“, sagte Reding. Die Gleichbehandlung von Europäern und US-Bürgern ist auch noch der Knackpunkt bei dem Abkommen, dass den Datenaustausch in polizeilichen und justiziellen Angelegenheiten regeln soll. Daten von EU-Bürgern würden zwar in den USA verarbeitet werden, allerdings hätten EU-Bürger keinen Zugang zu Rechtsmitteln, um sich dagegen zu wehren.
Neben der US-Regierung kritisiert Reding auch die Bundesregierung. Dass Deutschland die Reform für einen einheitlichen Datenschutz in Europa blockiert, verärgert die EU-Kommissarin. „Ich hätte mir von den Deutschen große Unterstützung erwartet, aber die Realität sieht leider anders aus“, so Reding. Regelmäßig erklären Regierungsmitglieder in der Öffentlichkeit, in der EU wäre ein einheitlicher Datenschutz auf hohem Niveau nötig.
Bundeskanzlerin Merkel forderte zuletzt auf der CeBIT, dass die entsprechende EU-Verordnung umgesetzt werden müsse. Allerdings sind es laut Reding deutsche Beamte, die die Reform in den zuständigen Gremien des EU-Rats blockieren. Deutschland müsse sich daher „entscheiden, in welcher Mannschaft es spielen will: gegen seine eigenen Bürger oder für sie“.
Die ambivalente Verhalten der Bundesregierung erklärt sich durch die Forderung, staatliche Datenverarbeitung von der EU-Reform auszuklammern. Strikte Vorgaben für Sicherheitsbehörden und öffentliche Einrichtungen bei der Verarbeitung von persönlichen Daten gehen den Regierungsvertretern zu weit. EU-Kommissarin Reding lehnt es allerdings ab, staatliche Stellen zu viele Sonderregeln zu gewähren oder sogar komplett von der Reform auszunehmen. „Ein starkes europäisches Datenschutzgesetz wird unsere Bürger vor rechtswidrigen Übergriffen von Unternehmen und Behörden auf ihre Daten schützen“, hatte Reding im letzten Dezember erklärt.
Innenminister Thomas de Maizière rechtfertigte Ende Januar die deutsche Position. Demnach bestehe hierzulande – „auch dank des Bundesverfassungsgerichts“ – bereits ein hoher Schutz vor staatlichen Eingriffen. Daher müsse sich die Datenschutzverordnung „auf das europäisch dringend Nötige“ konzentrieren: „Den Bereich der Wirtschaft im digitalen Binnenmarkt.“