NSA-Spionage gegen Technologiekonzern Huawei
Mit einer „digitalen Großoffensive“ hat die NSA interne Netzwerke von chinesischen Politikern, Behörden und Konzernen infiltriert, um an sensible Informationen zu gelangen. Das berichtet der Spiegel, dem entsprechende Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden vorliegen.
Neben dem ehemaligen Staatspräsidenten Hu Jintao sowie Banken und Ministerien hat es die NSA vor allem auf den Netzwerkausrüster Huawei abgesehen. An über hundert Stellen sollen die US-Spione das Netzwerk von Huawei geknackt haben und erbeuteten interne Dokumente wie geheime Quellcodes, Produkthandbücher für Ingenieure und Listen mit über 1.400 Kunden. Im Jahr 2009 hat sich die NSA Zugriff auf den zentralen E-Mail-Server von Huawei verschafft und konnte seitdem einen Großteil des betriebsinternen E-Mail-Verkehrs abfangen – dazu zählten auch die Nachrichten von Huawei-CEO Ren Zhengfei.
Der chinesische Branchenriese ist mit einem weltweiten Marktanteil von über 20 Prozent einer der größten Konkurrenten von US-Unternehmen wie Cisco. Daher argwöhnen US-Dienste seit Jahren, die chinesische Regierung könne das weltweite Netzwerk von Huawei nutzen, um sich Vorteile in einem potentiellen Cyberwar zu verschaffen. Dementsprechend fällt in den internen NSA-Dokumenten die Begründung für den Angriff aus. Von Huawei gehe eine „einzigartige“ Gefahr aus. US-Dienste wären nicht darauf ausgerichtet, so „einen Fall zu behandeln, der ökonomische, geheimdienstliche und militärische Einflüsse sowie eine militärische Infrastruktur in einer Organisation vereint“. Außerdem würden viele NSA-Ziele mittels Huawei-Hardware kommunizieren und „die Volksrepublik China [könne] die weitverzweigte Infrastruktur von Huawei zu Spionagezwecken nutzen.“
Um zu verstehen, wie diese Infrastruktur funktioniert, erfolgte also der Angriff. Letztlich war die NSA dabei so erfolgreich, dass es Probleme bei der Informationsverarbeitung gab. „Wir haben gegenwärtig guten Zugang und so viele Daten, dass wir nicht wissen, was wir damit tun sollen“, heißt es in einem der Dokumente. Ob der US-Dienst aber Belege für potentielle Spionage-Tätigkeiten von Huawei gefunden hat, geht laut Spiegel aus den vorliegenden Dokumenten nicht hervor.
Derweil erklärte eine Sprecherin der NSA gegenüber dem Spiegel, dass es bei den Operationen der NSA ausschließlich um die nationale Sicherheit der USA gehe. Unternehmensgeheimnisse würde man nicht stehlen. Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin des Weißen Hauses, amerikanische Firmen würden keine Geheimdienstinformationen über ausländische Unternehmen erhalten.
Huawei: Hacker-Angriffe sind „Status quo des digitalen Zeitalters“
Huawei reagierte inzwischen erwartungsgemäß auf die Enthüllungen. „Wenn die Berichte zutreffen, verurteilt Huawei die Aktivitäten, in deren Rahmen man in unsere Firmennetzwerke eingedrungen ist und unsere Kommunikation abgehört hat“, heißt es in einem Statement des Konzerns gegenüber Spiegel-Online. Allerdings würden Netzwerke von Unternehmen aus diversen Richtungen angegriffen, das wäre der „Status quo des digitalen Zeitalters“.
Laut dem Huawei-Manager William Plummer ist es eine „Ironie der Geschichte“, dass die US-Regierung Hacker-Angriffe in einer Art und Weise lanciert hat, wie man sie der chinesischen Regierung stets vorgeworfen hat. So nutzt auch Mei Xinyu vom chinesischen Handelsministerium die Vorlage. Er verstehe nun, dass „die Amerikaner über Huawei und ZTE so besorgt sind. Sie sind ja selbst Datendiebe, und sie machen sich Sorgen, dass sie selbst ausgeraubt werden.“ Jahrelang hatten US-Behörden versucht, Huawei aus dem amerikanischen Markt zu drängen. Gegen eine Übernahme des amerikanischen Netzwerkausrüsters 3Com hatte die US-Handelskommission ein Veto eingelegt. 2012 befasste sich ein Geheimdienst-Komitee im US-Kongress mit den Vorwürfen, Huawei implementiere im Auftrag der chinesischen Regierung Backdoors in die eigenen Produkte. Konkrete Beweise konnten die Abgeordneten jedoch nicht finden.
Infolge der NSA-Enthüllungen fallen die Vorbehalte nun auf US-Unternehmen zurück. Technology Review berichtet in der aktuellen Ausgabe von einem „Snowden-Effekt“. Konzerne wie Cisco verzeichnen einen deutlichen Absatzrückgang in China, bei IBM soll das Minus sogar 40 Prozent betragen.