Digitales Lesen: E-Book-Verkäufe in den USA stark rückläufig
Der E-Book-Markt in den USA hat bereits seit längerem mit Umsatzrückgängen zu kämpfen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und reichen von Übersättigung des Marktes bis hin zur Selfpublisher-Bewegung. Auch wenn sich der Markt in Deutschland noch im Aufwind befindet, wird für die Zukunft eine ähnliche Entwicklung erwartet.
Innerhalb eines Zeitraumes von 12 bis 18 Monaten sollen so besonders die großen Buchhändler in den Vereinigten Staaten an stagnierenden oder gar rückläufigen Umsätzen zu leiden haben. Zu diesen Ergebnis kommt Mark Coker, Inhaber des Selfpublishing-Verlages „Smashwords“ gegenüber der Branchenfachzeitschrift „Buchreport“. Coker, welcher bereits mehr als 300.000 Titel verschiedener Autoren über seine Plattform veröffentlicht hat, sieht die Ursachen zwar in einer Anzahl einzelner Gründe, diese bilden für ihn jedoch ein nur wenig überraschendes Gesamtbild.
Einen Hauptgrund sieht Coker in der Stagnation der Digitalisierung in den Vereinigten Staaten, denn im Gegensatz zu Deutschland ist der größte Teil des Marktes dort bereits digital. Dies hat zur Folge, dass dort bereits zwischen 30 und 35 Prozent des Gesamtumsatzes alleine mit digitalen Inhalten erwirtschaftet wird. Aufgrund der niedrigen Preise der digitalen Ausgaben gegenüber gedruckten Büchern dürfte der Absatz laut Coker bei deutlich über 50 Prozent liegen. Folglich kann die Anzahl neuer E-Book-Leser nur sinken. Zum Vergleich: In Deutschland fallen nach letzten Erhebungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels lediglich 4,8 Prozent aller Buchverkäufe auf E-Books.
Ein weiterer Grund ist laut Coker in der Verfügbarkeit zu finden. Im Gegensatz zu physischen Büchern, die in einer bestimmten Auflagenhöhe gedruckt werden, können E-Books einer stetigen Verfügbarkeit unterliegen. Während Verlage also mit jeder neuen Auflage das wirtschaftliche Risiko neu kalkulieren müssen, sind E-Books nach ihrer Erstellung im Grunde immer und ohne Mehraufwand erhältlich. Dadurch wächst das Angebot an digitalen Inhalten mit jedem Jahr, wogegen im herkömmlichen Buchhandel Titel auch vergriffen sein können. Darüber hinaus bleibt im digitalen Bereich bei einem Anstieg des Angebotes die Nachfrage nahezu gleich, denn nur wenige Leser haben dem einhergehend auch die Zeit, zusätzliche Bücher zu lesen.
Dem folgt laut Coker ein Überangebot an seiner Meinung nach qualitativ hochwertigen E-Books. Der Trend des Selfpublishing trägt zudem seinen Teil zur aktuellen Entwicklung bei, in der immer mehr gute Bücher zu einem niedrigen Preis erhältlich sind. Wo im traditionellen Buchhandel früher noch eine „künstliche Knappheit“ durch Lektoren, immer wiederkehrende Veröffentlichungszeitpunkte, begrenztem Verkaufsraum im stationären Buchhandel oder Stellplatz im heimischen Bücherregal auftraten, tritt an deren Stelle nun eine „organische Überfülle“. Dennoch kann gerade der Trend des Selfpublishing nun zum ersten Opfer der allgemeinen Entwicklung werden, denn Coker höre immer öfters von Autoren der Veröffentlichungsform, dass diese seit der Einführung von Amazons E-Book-Flatrate „Kindle Unlimited“ deutliche Einnahmeeinbußen zu verzeichnen haben – nicht nur bei Amazon.
Auch in Deutschland könnte der Aufwärtstrend bei digitalen Inhalten in naher Zukunft ein Ende haben. Bereits jetzt ist ein deutliches Abflachen des digitalen Trends bei E-Books zu beobachten: In einer letztwöchig veröffentlichten Erhebung verzeichnete der Börsenverein des Deutschen Buchhandels nach drei Quartalen 2014 ein Zuwachs am Publikumsmarkt gegenüber dem Vorjahreszeitraum von gerade einmal 8,7 Prozent. Zum Vergleich: Nach dem dritten Quartal 2013 betrug die Zuwachsrate gegenüber dem gleichen Zeitraum 2012 noch 62,6 Prozent. Der Umsatzanteil digitaler Bücher zum Gesamtmarkt beträgt aktuell dabei, wie bereits erwähnt, 4,8 Prozent. Somit dominieren nach wie vor traditionelle Bücher den deutschen Buchmarkt.
Entspannter schaut es dagegen bei unseren direkten Nachbarn aus: In den Niederlanden stieg so etwa der Anteil digitaler Inhalte am Gesamtumsatz im Bereich Belletristik im dritten Quartal 2014 auf sieben Prozent gegenüber 4,7 Prozent im Vorjahreszeitraum an. Im Gegensatz dazu musste der Print-Bereich ein Absatzminus von 14 Prozent hinnehmen. Auch in Belgien stehen die Zeichen im E-Book-Bereich auf Wachstum. Dies ist nicht zuletzt durch die Partnerschaft zwischen Tolino und der belgischen Buchhandelskette „Standaard Boekhandel“ zurückzuführen, welche in ihren 145 Filialen mittlerweile neben Lesegeräten von Tolino auch die dazugehörigen E-Books anbieten. Laut Geschäftsführer Geert Schotte habe die Nachfrage an E-Books in den Buchhandlungen seit Beginn der Partnerschaft „geradezu dramatisch zugenommen“, wie er in der aktuellen Ausgabe des Buchreports.Express erklärte.