Vorratsdatenspeicherung: EU-Kommission plant Datensammung ohne Anlass
Die EU-Kommission arbeitet derzeit an Plänen, um die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen, berichtet das Online-Portal Netzpolitik.org unter Berufung auf eine Sprecherin des neuen EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Demnach gehe es nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“.
Details zur neuen Richtlinie wurden nicht genannt. Doch die Ausgestaltung bereitet der EU-Kommission offenbar einige Probleme, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die alte Richtlinie als grundrechtswidrig eingestuft hatte. Wenn nun eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung geplant ist, muss diese sich an die strikten Auflagen des EuGH-Urteils erfüllen.
Dementsprechend erklärte auch die Sprecherin gegenüber Netzpolitik.org, dass „die vom Gerichtshof angesprochenen Fragen (..) sehr komplex“ wären. Eine „sorgfältige Bewertung ihrer Auswirkungen“ sei daher erforderlich. Deswegen führe die EU-Kommission nun eine solche Prüfung durch – auch „unter Einbeziehung der relevanten Kreise wie Strafverfolgungs- und Datenschutzbehörden“.
Dass die neue EU-Kommission nach wie vor auf die Vorratsdatenspeicherung setzt, deutete sich bereits im Oktober an. Während der Anhörung im EU-Parlament hatte EU-Innenkommissar Avramopoulos erklärt, er wolle eine Richtlinie schaffen, die im Einklang mit dem EuGH-Urteil steht. Allerdings bezweifeln einige Juristen, ob dies in der Praxis überhaupt möglich ist.
Trotz solcher Bedenken sowie grundsätzlicher Zweifel am Nutzen der Vorratsdatenspeicherung sind es vor allem Sicherheitspolitiker und Vertreter von Strafverfolgungsbehörden, die vehement eine Neuregelung fordern. So hat etwa die CDU erst am Mittwoch auf dem Parteitag in Köln einen Beschluss (PDF-Datei) verabschiedet, in dem es heißt: „Die Wiedereinführung von Speicherfristen für Verbindungsdaten und die effektive Möglichkeit der Überwachung auch verschlüsselter Kommunikation (Quellen-Telekommunikationsüberwachung) sind (…) essentiell“, da Ermittlungsbehörden auf solche Daten angewiesen wären, um schwere Straftaten im Internet aufzuklären.
Netzaktivisten und Bürgerrechtler kritisieren derweil die Entscheidung der EU-Kommission. So heißt es etwa in dem Bericht von Netzpolitik.org, das „Grundproblem einer Vorratsdatenspeicherung ist und bleibt die Anlasslosigkeit: Es sollen die Daten der kompletten EU-Bevölkerung gespeichert werden, weil ein paar der Daten mal hilfreich zur Aufklärung sein könnten“. Selbst mit „kürzeren Speicherfristen, stärkerer Datensicherheits-Anforderungen und Abruf-Vorschriften wie einen Richtervorbehalt“ bleibe dieses Problem bestehen. Daher wäre der Eingriff in die Grundrechte, der durch die anlasslose Datensammlung erfolgt, nicht verhältnismäßig.
Skeptisch äußern sich allerdings auch einige Kritiker aus den Reihen der Bundesregierung. So hatte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bereits im Sommer erklärt, es sei nicht klar, ob „eine anlasslose Speicherung (…) rechtlich überhaupt noch möglich ist“. Daher will das Justizministerium auch keinen neuen Gesetzentwurf für eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung vorlegen, bis die EU-Kommission eine neue Richtlinie vorgelegt hat.