Kommentar: Nokia setzt den richtigen Schwerpunkt
Nokia will im Jahr 2016 mit einem neuen Fokus an den Start gehen. „Technologie statt Hardware“ lautet die Strategie. Diesen Weg gehen derzeit viele ehemalige Branchenmogule. Die Stärken der Konkurrenz, die vormals zum Scheitern führten, werden im neuen Geschäftsmodell als Umsatztreiber genutzt.
Wer „Nokia“ und „Comeback“ in einem Satz hört, verdreht schnell unweigerlich die Augen. Noch so ein Fossil, das nicht wahrhaben mag, dass es von der Zeit überholt wurde? Nein.
Der verbliebene unabhängige Teil des finnischen Konzerns hat verstanden, dass sich mit klassischer Hardware kaum mehr Geld verdienen lässt. So ist das milliardenschwere Geschäft im B2B-Bereich mit Alcatel-Lucent zu erklären. Und so ist zu erklären, dass Smartphones und Tablets zukünftig nur noch eine marginale Rolle spielen sollen.
Mit diesem Ansatz ist Nokia weiß Gott nicht alleine. Ob Kodak, Philips oder Polaroid: Viele Branchenmogule von einst gehen, teilweise nach Insolvenzen, heute diesen Weg. Mit den aggressiven wie kompetenten Herstellern aus Fernost lässt sich auf dem alten Niveau – bei der Hardware – einfach nicht mehr mithalten.
„Wir wollen nicht mehr besser und billiger produzieren als Samsung, LG oder Huawei“, beschreibt ein leitender Manager eines deutschen Unternehmens, das vor einem solchen Übergang steht, den Ansatz. Stattdessen gehe es darum, Design-, Software- und Bedienlösungen zu entwickeln und diese an die asiatischen Hardware-Hersteller zu lizenzieren.
„Was denen fehlt, ist nicht die harte Technik, sondern die 'soft skills'“, so der Manager. Sowohl für etablierte, insbesondere aber für aufstrebende asiatische Produzenten sei eine entscheidende Hürde auf dem Weg in westliche Märkte, dass sie in vielen Bereichen wie der Bedienung nicht verstünden, wie die Kunden in den anderen Märkten ticken. Vollständig auf westliche Märkte angepasste Lösungen von hiesigen Unternehmen könnten da zum Türöffner werden. Wer diese Nische besetzen will, muss also Technologie liefern, die eine Brücke zwischen den Märkten schlägt. Deutschen Unternehmen geht es in Asien oft nicht anders.
Vor diesem Hintergrund ist die Planung bei Nokia nur vernünftig. Statt sich erneut im hoffnungslosen Hardware-Geschäft aufzureiben, kann den Finnen mit cleveren Lösungen und einer nach wie vor prominenten Marke tatsächlich das Comeback gelingen. Im Idealfall werden wir ab 2016 also nicht zahlreiche neue Nokia-Smartphones und -Tablets sehen, sondern zahlreiche Geräte von Drittherstellern, die auf die ein oder andere Art auf Nokia-Technologie setzen.
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