Vorratsdatenspeicherung: Innenminister de Maizière sieht Klagen gelassen entgegen
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist zuversichtlich, dass die in der letzten Woche vorgestellten Leitlinien, die einen Rahmen für eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung skizzieren, den angekündigten Klagen standhalten. Die Bundesdatenschutzbeauftragte sieht das allerdings anders.
So erklärte de Maizière auf dem Bundeskongress der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), dass er mit den Leitlinien prinzipiell zufrieden sei. Lediglich die Speicherfristen wären zu kurz ausgefallen, dies sei aber ein notwendiger Kompromiss gewesen. Laut der neuen Regelung sollen Standortdaten für vier Wochen und die übrigen Telefon- und Internet-Verbindungsdaten für zehn Wochen gespeichert werden. Damit liegt de Maizière auf einer Linie mit dem DPolG-Vorsitzenden Rainer Wendt, der sich in der letzten Woche ähnlich geäußert hatte.
Ob die von der Bundesregierung geplante Neuregelung tatsächlich den Vorgaben der höchsten Gerichte standhält, ist allerdings äußerst fragwürdig. So haben der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki und der ehemalige Innenminister Gerhard Baum (FDP) angekündigt, erneut vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe zu ziehen, sofern die Vorratsdatenspeicherung basierend auf diesen Leitlinien erneut eingeführt wird.
Ebenso kritisch sieht die Opposition im Bundestag die Pläne der Bundesregierung. So erklärt Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik von den Grünen: „Der Kern des Problems ist doch die anlasslose Speicherung von Daten – darauf haben Bundesverfassungsgericht und noch deutlicher der EuGH in ihrer Rechtsprechung hingewiesen. Und dieses Kernproblem bleibt ungelöst.“ Es sei nicht entscheidend, ob die Speicherfrist nun zehn Wochen oder drei Monate betrage, da bereits die Speicherung an sich einen Eingriff in die Grundrechte darstellt; Und nicht erst der Zugriff auf die Daten, wie Justizminister Heiko Maas (SPD) argumentiert.
Bundesdatenschutzbeauftragte: Pläne nicht vereinbar mit EU-Recht
Eine ähnliche Ansicht vertritt auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff. In einer offiziellen Stellungnahme hat sie nun erklärt, dass die geplanten Leitlinien gegen die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs verstoßen würden. Denn trotz der verkürzten Speicherfristen werden immer noch die Daten von sämtlichen Bürgern anlasslos erfasst. Und dies war einer der zentralen Gründe, weswegen die Richter vom Europäischen Gerichtshof die alte EU-Richtlinie als rechtswidrig eingestuft hatten.
Konkret heißt es in der Stellungnahme von Voßhoff: „Die Kernfrage, an der sich ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung messen lassen muss, wird sein, ob und wie die vom Europäischen Gerichtshof aufgeworfene Problematik der anlasslosen Speicherung gelöst werden soll.“ Wie die Bundesregierung mit diesem Problem umgehen wolle, lasse sich anhand der Leitlinien aber nicht erkennen. Daher bleibe es fraglich, wie diese mit der Europäischen Grundrechtecharta vereinbar sein sollen. Eine präzise Beurteilung von sämtlichen Datenschutzaspekten könne allerdings erst erfolgen, wenn der finale Gesetzentwurf vorliegt.
Unabhängig von den aktuellen Plänen der Bundesregierung ist Voßhoff ohnehin skeptisch, dass sich eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung angesichts der rechtlichen Auflagen in der Praxis überhaupt noch umsetzen lässt. Und selbst wenn dies der Fall wäre, hat sie Zweifel, ob solch eine Regelung „überhaupt noch einen Mehrwert mit sich bringen würde, der den massiven Grundrechtseingriff rechtfertigt“.
Dieses Statement ist nicht die erste kritische Äußerung von Voßhoff über die Pläne der Bundesregierung. Bereits am Wochenende hatte sie bemängelt, dass das Amt der Bundesdatenschutzbeauftragten nicht über genügend Personal verfügt. Dass die Bundesdatenschutzbeauftragte so klar Stellung bezieht, ist insofern überraschend, als dass sie beim Amtsantritt im Dezember 2013 noch zu den Befürwortern der Vorratsdatenspeicherung zählte.