CEO Lisa Su im Interview: In einem Jahr soll es heißen: „AMD ist zurück!“
ComputerBase hatte auf der CES 2016 die Möglichkeit, im kleinen Kreis mit AMDs CEO Lisa Su zu sprechen. Sie hat dabei Fragen aus den Themenbereichen A wie APU bis Z wie Zen beantwortet und die klare Aussage gegeben, dass sie daran glaubt, dass die Kundschaft heute in einem Jahr sagen wird: „AMD is back!“.
Zen und Polaris als Zugpferde
Mit „2016 is going to be a good year“, begann Lisa Su ihre Ausführungen. Dabei verweist sie in erster Linie auf Polaris und Zen, die zweifelsohne die Zugpferde von AMD für die nächsten Monate und Jahre sein werden. Während AMD die Grafiktechnologie Polaris zum Jahresauftakt bereits kurz angerissen hatte und so die Vorfreude auf neue Produkte schürte, ist es bei Zen noch relativ ruhig – und wird es auch noch eine Zeit lang bleiben. Doch AMDs Chefin beruhigt: Zen sei nach wie vor „im Zeitplan“, 2016 soll das Jahr der Muster für den High-End-Desktop- und Server-Markt sein, zum Ende des Jahres die „frühe Serienproduktion“ anlaufen und erste Chips verfügbar sein, große Stückzahlen der Chips sind dann für 2017 geplant. Sie bekomme jetzt schon Post von Enthusiasten, die Zen gerne früher sehen würden, betonte Su mit einem Lächeln.
Einen kleinen Ausblick gab AMDs Chefin darüber hinaus: Zen wird im Server-Bereich auf Multi-Threading und Parallelisierung ausgelegt sein, gleichzeitig aber auch den Ein-Sockel-CPU-Markt adressieren können. Die neuen Produkte sollen „wettbewerbsfähig“ sein, betonte Su. Eine Aussage, die AMD bereits mehrfach gemacht hat. Genauere technische Details zu Zen will AMD im Laufe des Jahres liefern, erklärte Drew Prairie, Director Corporate Communications bei AMD, ergänzend.
Bei Polaris ist AMD deutlich offensiver, darauf basierende Produkte liegen aber auch deutlich näher an der Marktreife als solche auf Zen-Basis. Su betonte erneut, dass AMD die Nummer Eins im Grafikmarkt anstreben werde, die das Unternehmen in der Vergangenheit bereits innehatte, zuletzt aber stetig an Boden verlor. Die neue Architektur werde deshalb in allen Marktsegmenten zum Einsatz kommen, wenngleich auch nicht überall zur selben Zeit. Angestrebt wird Mitte 2016, insbesondere zum in den Vereinigten Staaten wichtigen Back-to-School-Zeitraum sollen nicht nur Desktop-Lösungen, sondern allen voran auch Notebook-Grafikchips zur Verfügung stehen. Denn gerade dort sei das bessere Verhältnis von Leistung zu Leistungsaufnahme am markantesten, erklärte Su auch mit dem Verweis auf die eigenen Performanceangaben einer Mainstream-Desktop-Lösung auf Basis der Polaris-Architektur.
Semi-Custom-Chips und der finanzielle Ausblick
Zum Ende des Jahres erwartet AMD, dass sich das Semi-Custom-Geschäft, beispielsweise mit Konsolenchips in der PlayStation 4, Wii U und Xbox One, sowie der klassische Bereich ungefähr die Waage halten. „Ich mag das klassische Geschäft“, gab Su der Journalistenrunde zu verstehen, denn die Semi-Custom-Sparte existiere nur, weil im traditionellen Bereich neue Produkte entwickelt werden. Auch dort werde es Entwicklungen geben, denn die aktuellen Konsolenchips erreichen bald die Hälfte ihrer Lebenszeit von angepeilten fünf bis sieben Jahren, sodass ein Refresh/Shrink möglich wäre – ohne diesen jedoch zu bestätigen oder gar zu terminieren.
Das Unternehmen zieht auch Lösungen in Betracht, die eigene Entwicklungen anderweitig zu Geld zu machen. Dies muss nicht zwangsweise über Patentabkommen realisiert werden, gemeinsame Entwicklungen, Partnerschaften oder Lizenzierungen bestimmter Errungenschaften wären denkbar. AMD kann nicht jedes Produkt bauen, erklärte Su, aber anderen helfen, diese zu verwirklichen. Denn „am Ende des Tages urteilen die Geschäftszahlen“, sagte Su zu dieser Thematik abschließend. Nach aktuellem finanziellen Ausblick werde das Jahr 2016 aber bereits besser verlaufen als 2015.
Das OEM-Geschäft bleibt schwierig
Bei den Finanzen hatte AMD zuletzt mehrfach schwache Zahlen vermeldet, erneut auch Abschreibungen auf ältere APU-Generationen verbucht. Auf die Frage, warum es von der letzten APU-Generation Carrizo in europäischen Gefilden nur zwei Dutzend Notebooks und lediglich drei Modelle überhaupt mit einer SSD gebe, gab AMD ohne Umschweife zu, dass das OEM-Geschäft nach wie vor ein sehr hartes sei. Dort Fortschritte zu erzielen, sei extrem schwer, erklärte Lisa Su.
John Taylor, seit dem letzten Sommer Corporate Vice President des weltweiten Marketings, warf dazu ein, dass er und sein Team zur CES 2016 genau an diesem Punkt weiter arbeiten würden, um AMD-Chips auch in Enterprise-Geräten bei großen Handelsketten einzubringen. Su führte weiter aus, dass AMD in Zukunft nicht mehr nur für günstigste sondern vergleichbare Notebooks stehen soll – ein Image, an dem das Unternehmen weiter arbeiten wird. AMD erwarte, dass sich dies mit der siebten Generation in Form überarbeiteter Carrizo-Modelle weiter verbessern werde, aber erst die achte, Zen-basierte APU-Familie dort nochmals einen großen Schritt machen kann – Stichwort FinFET-Fertigung und deutlich verbesserte Effizienz. Doch diese 8th-Gen-APUs kommen nach bisherigem Stand erst in rund 18 Monaten.
Den neuen Prozess-Nodes 14/16 nm räumt Su ein langes Leben ein und sprach, wie zuletzt TSMC-CEO Mark Liu, davon, dass diese mindestens drei, vier oder gar fünf Jahre präsent sein und unzählige Produkte darauf basieren werden. Nach den ersten Schritten, die dieses Jahr vollzogen werden, liege im Laufe des Lebens der Fertigungstechnik alles an der Architektur und den Möglichkeiten, diese zu verbessern. Dort habe AMD viel von der 28-nm-Fertigung gelernt, auch diese war fünf Jahre lang präsent und ist es noch heute. Power-Management und Optimierungen in anderen Bereichen seien nur die größten Baustellen, an denen stets etwas verändert werden könne.
Windows 10 und Virtual Reality
Was aufgrund vielfacher Erfahrungen mit neuen Betriebssystemen bereits vorauszusehen war, bestätigte AMDs CEO: Windows 10 hat keinen (positiven) Einfluss auf Hardwareverkäufe, vielmehr verlaufe es eigentlich wie immer. Die Mär vom boomenden PC-Markt mit einem neuen Windows wird bereits seit Jahren immer aufs Neue widerlegt, um beim nächsten Windows dann doch wieder in Erscheinung zu treten. Der PC-Markt lebe vielmehr von innovativen Produkten, erläuterte Su und verwies dabei auf die Surface-Familie von Microsoft sowie einige Lenovo-Geräte.
Beim aktuellen Thema Virtual Reality zeigte sich auch Su beeindruckt von Oculus Rift und HTC Vive, gab aber gleichzeitig zu verstehen, dass auch noch ein langer Weg vor dieser Thematik liege. Denn das Ziel können ihrer Meinung nach nicht 600 oder 700 Euro teure Systeme sein, der Mainstream und ein Preispunkt von 200 US-Dollar müssten erreicht werden. AMD will helfen, sowohl die passende Hardware als auch Software dafür zu liefern, denn dort gebe es noch jede Menge Entwicklungsspielraum in beiden Bereichen. Aber dies werde Zeit brauchen, mehrere Jahre, erklärte Su.