Twitter: Keine Analysedaten mehr für Geheimdienste
Es ist eine neue Runde im Streit zwischen den US-amerikanischen IT-Größen und den US-Behörden: Twitter hat das Datenanalyseunternehmen Dataminr angewiesen, den US-Geheimdiensten keine Twitter-Echtzeitanalysen mehr zu liefern.
Dataminr, an dem Twitter zu 5 Prozent beteiligt ist, besitzt einen exklusiven Echtzeit-Zugriff auf alle öffentlichen Tweets und darf diese sowohl analysieren als auch vermarkten. Mit dem Verkauf der Daten an Finanzindustrie, Nachrichtenmedien, Unternehmen, den öffentlichen Sektor und andere Interessenten außerhalb der Geheimdienstkreise hat Twitter auch kein Problem. Eine zu große Nähe zu den US-Geheimdiensten meiden US-Unternehmen in der Regel jedoch spätestens seit den Snowden-Enthüllungen, wie kürzlich erst wieder durch Apples juristischen Schlagabtausch mit dem FBI und Microsofts Klage gegen das US-Justizministerium deutlich wurde.
Trends und Ereignisse früh erkennen
Der Clou der Analysedaten von Dataminr: Wichtige Ereignisse und Trends wie Terrorangriffe, politische Unruhen und mehr lassen sich sehr früh erkennen. Hierzu durchforstet die Software von Dataminr täglich hunderte Millionen neuer öffentlicher Tweets und gleicht sie mit Marktinformationen, geographischen Daten, Nachrichtenmeldungen, Datenbanken und weiteren Informationen ab, um Muster zu erkennen.
So hätte Dataminr die US-Geheimdienste innerhalb kürzester Zeit über den Terroranschlag in Paris im vergangenen November informiert und sei bei den Anschlägen von Brüssel zehn Minuten schneller als die Nachrichtenagenturen gewesen. Auch bezüglich der IS-Angriffe auf die libysche Ölindustrie und der politischen Unruhen in Brasilien habe Dataminr frühzeitig Informationen geliefert. Insbesondere im Kampf gegen den IS spielt die Auswertung von Twitter-Daten eine große Rolle, da IS-Kämpfer neben Propaganda und Drohungen immer wieder auch militärisch wertvolle Informationen posten.
Geheimdienste hoffen auf Meinungsumschwung bei Twitter
Behördenvertreter und weitere Personen haben die Twitter-Sperre gegenüber dem Wall Street Journal bestätigt. Die Geheimdienste hoffen jedoch weiter auf einen Meinungsumschwung im Unternehmen. In einer Pilotphase hat Dataminr in den letzten beiden Jahren Daten an sie geliefert, bis nun ein Einspruch von Twitter kam, da es gegen die bestehenden Leitlinien des Unternehmens verstoße, Daten zu Überwachungszwecken an Regierungsbehörden zu liefern. Darüber hinaus stehe es den Geheimdiensten aber wie jedem anderen frei, öffentliche Accounts selbst zu beobachten. Von der aktuellen Entscheidung ausgenommen ist ein Vertrag mit dem Department of Homeland Security der USA, das für 255.000 US-Dollar Zugang zum Breaking-News-Alert des Unternehmens erhält.
Risikokapital für die IT-Industrie
Wie wichtig das Thema Informationstechnologie für die Geheimdienste ist, zeigt sich unter anderem am Beispiel der Beteiligungsgesellschaft In-Q-Tel, die, finanziert durch die CIA, Risikokapital in Technologien investiert, die für die nationale Sicherheit der USA von Bedeutung sein können. Über eine solche Beteiligung kam auch die bisherige Geschäftsbeziehung zwischen den US-Geheimdiensten und Dataminr zustande.