Meltdown & Spectre: Benchmarks mit AMD und Intel unter Windows 7 und 10
tl;dr: Seit Anfang 2018 sind die CPU-Sicherheitslücken Meltdown und Spectre in aller Munde. Und fast ebenso heiß diskutiert werden die zu erwartenden Leistungseinbußen durch die Nutzung der erforderlichen Patches. ComputerBase kann im Test bestätigen, dass alte Intel-CPUs stärker betroffen sind.
Meltdown und Spectre kosten Leistung
Sowohl Microsoft als auch Intel sprechen mittlerweile offen davon, dass Patches gegen Meltdown (Patch im OS; nur Intel), Spectre 1 (Patch im OS und Apps; Intel, AMD und ARM betroffen) und Spectre 2 (Patch in OS und BIOS-Update; Intel, AMD und ARM) in bestimmten Anwendungen Leistung kosten können. Erste Benchmarks, auch von ComputerBase, haben das bereits bestätigt.
Die bezogen sich bisher aber in der Regel auf aktuelle Architekturen wie Coffee Lake und den Patch gegen Meltdown in Windows 10. In dieser Woche wurden erste (zumeist sehr aktuelle) Mainboards auch mit dem notwendigen neuen Microcode per BIOS-Update versorgt, um die Spectre-Gegenmaßnahmen in Windows scharf zu schalten. Und Microsoft hat für Windows 7 deutlich höhere Leistungsverluste als für Windows 10 in Aussicht gestellt.
Benchmarks auch mit Sandy Bridge und Windows 7
Mit Benchmarks auf drei Systemen liefert ComputerBase zu diesen Aspekten jetzt weitere eigene Messwerte: Sie zeigen den Einfluss der Spectre-Gegenmaßnahmen und die besondere Betroffenheit älterer CPU-Generationen unter Windows 7.
Alle weiterführenden Details zu den Sicherheitslücken Meltdown und Spectre finden sich im fortlaufend aktualisierten Artikel Meltdown & Spectre: Details und Benchmarks zu den Sicherheitslücken in CPUs wieder.
Drei Testsysteme, zwei Betriebssysteme
Als erstes System kam ein Intel Core i7-7700K („Kaby Lake“, 2017) auf einem Asus Prime Z270-A mit Windows 10 zum Einsatz. Dieses System mit Intel-CPU ist von allen drei Sicherheitslücken betroffen und gehört zu den ersten, für die es neben dem Windows-Update auch ein BIOS-Update mit neuem Microcode für Spectre gibt. ComputerBase hatte das Update vorab bekommen, der Download ist mittlerweile aber auch direkt bei Asus möglich.
Als zweites System kam ein Intel Core i5-2500K („Sandy Bridge“, 2011) auf einem Asus Z77 Deluxe zum Einsatz. Für diese Plattform gibt es bisher nur den Meltdown-Patch für Windows 7, 8.1 und 10. Bisher nicht abschließend geklärt scheint, ob es überhaupt einen Fix für Spectre geben wird. Asus hat bisher kein BIOS-Update in Aussicht gestellt und auch andere Hersteller gehen zurzeit in ihren Ankündigungen noch nicht bis zum Z77-Chipsatz zurück. Doch allein der Test der Auswirkungen des Meltdown-Patches auf dieser alten Plattform und alternativ zu Windows 7 und Windows 10 dürfte interessante Erkenntnisse beisteuern.
Betriebssystem | Prozessor | Mainboard | Testläufe |
---|---|---|---|
Windows 10 | Intel Core i7-7700K | Asus Prime Z270-A | 1. Ohne Patches. 2. Mit Patch (Meltdown-Fix aktiv) 3. Mit Patch und BIOS-Update (Meltdown- und Spectre-Fix aktiv) |
Windows 10 | Intel Core i5-2500K | Asus Z77 Deluxe | 1. Ohne Patches. 2. Mit Patch (Meltdown-Fix aktiv) |
Windows 7 | Intel Core i5-2500K | Asus Z77 Deluxe | 1. Ohne Patches. 2. Mit Patch (Meltdown-Fix aktiv) |
Windows 10 | AMD Ryzen 7 1800X | Asus Crosshair VI | 1. Ohne Patches. 2. Mit Patch (Meltdown-Fix inaktiv) |
Als drittes System hat die Redaktion einen Ryzen 7 1800X („Zen“, 2017) auf einem Asus Crosshair VI genutzt. AMDs CPUs sind von Meltdown zwar nicht betroffen, den Patch erhalten solche Systeme aber trotzdem. Er soll allerdings inaktiv sein und keine Auswirkungen auf die Leistung haben. Der Test geht dem nach. Zugleich bilden die Messreihen die Grundlage für weitere Benchmarks, die erstellt werden, wenn die für Spectre erforderlichen Microcode-Updates auch das BIOS des Crosshair VI erreicht haben.
Benchmarks mit Anwendungen und Spielen
In allen Systemen wurde als Grafikkarte eine Asus GeForce GTX 1080 Ti Strix (Treiber GeForce 390.65) genutzt, Kaby Lake und Ryzen konnten 16 GB RAM nutzen, bei Sandy Bridge waren es 8 GB. Sowohl Windows 7 als auch Windows 10 waren mit allen verfügbaren Updates ausgestattet.
Kaby Lake unter Windows 10
In den drei getesteten Anwendungen halten sich die Verluste durch die Gegenmaßnahmen in Grenzen, sie liegen zwischen ein und zwei Prozent. Mit aktivem Spectre-Patch dank BIOS-Update ist das System dabei immer am langsamsten.
Ein Blick auf die durchschnittlich erzielten FPS in den drei getesteten Spielen bestätigt dieses Bild: Sowohl in 720p als auch in 1080p ist das System mit Meltdown- und Spectre-Gegenmaßnahmen am langsamsten, rund zwei Prozent Leistung gehen verloren.
Werden die Frametimes betrachtet, werden die Unterschiede deutlicher: Die Schwelle, über der 99 Prozent der Frametimes liegen, fällt mit aktivem Meltdown-Patch um vier (720p) respektive drei (1080p) Prozent, die aktiven Spectre-Gegenmaßnahmen kosten abermals vier respektive drei Prozent. In Summe entsprechen die Leistungsverluste in dieser Disziplin damit gut und gerne dem, was beim Wechsel auf die vorige CPU-Generation zu beobachten gewesen wäre.
In den einzelnen Spielen gibt es keine gravierenden Ausreißer von dieser Regel. Das von vielen Lesern für besonders kritisch gehaltene ARMA 3 stellt sich dabei übrigens nicht als besonders kritisch heraus.
Auf die Leistung einer separat im System verbauten Samsung SSD 960 Pro (Test) hat der aktive Meltdown-Patch den bereits mit Coffee Lake nachgewiesenen negativen Einfluss beim wahlfreien Lesen und Schreiben 4 KB großer Dateien mit einem Thread: bis zu sechs Prozent Leistungsverlust sind zu verzeichnen.
Mit Spectre-Fix fällt der Datendurchsatz
Als deutlich gravierender erweisen sich hingegen die Gegenmaßnahmen für Spectre: Über 40 Prozent Durchsatz verliert die SSD beim wahlfreien Lesen und Schreiben kleiner Blöcke über einen Thread – reproduzierbar.
Sandy Bridge unter Windows 10 & 7
Ohne verfügbare BIOS-Updates mit neuem Microcode für Sandy Bridge können bei dieser Plattform vorerst nur die Auswirkungen der Meltdown-Gegenmaßnahmen in Augenschein genommen werden. Dafür hat ComputerBase diese schon ältere Architektur neben Windows 10 auch mit dem zur Markteinführung aktuellen Betriebssystem getestet: Windows 7.
In den getesteten Anwendungen bleiben auch in diesem Fall die Auswirkungen durch Meltdown klein. Und zwar sowohl unter Windows 10 als auch unter Windows 7.
In den Spielen sieht es hingegen ganz anders aus. Hier büßt der Core i5-2500K mit Sandy Bridge deutlich mehr Leistung ein. In Windows 7 sind Auswirkungen allein aus dem Meltdown-Patch bereits in den durchschnittlichen FPS klar sichtbar: Vier Prozent weniger Leistung zeigt das System sowohl in 720p als auch in 1080p. In Windows 10 gibt es hier noch keine messbaren Unterschiede.
Wird hingegen abermals die Schwelle heran gezogen, unter der ein Prozent der Frametimes liegen, trifft schon der Meltdown-Patch Sandy Bridge hart: Unter Windows 10 verliert das System fünf Prozent an Leistung, unter Windows 7 sind es sogar elf – das ist mehr als Kaby Lake mit beiden Gegenmaßnahmen einbüßt.
Die einzelnen Spiele zeigen, dass interessanterweise ARMA 3 der Titel mit dem geringsten Verlust ist, in Star Wars: Battlefront 2 verliert der Core i5-2500K unter Windows 7 fast 15 Prozent.
Beim Test der SSD-Leistung musste die Redaktion auf dem Asus Z77 Deluxe auf ein Modell mit SATA umsteigen. Die Leistung fällt grundsätzlich also deutlich niedriger als mit der Samsung SSD 960 Pro aus. Dennoch zeigen sich auch hier die bereits bekannten Verluste im Benchmark mit 4.096 Byte großen Blöcken, die über mehrere Schlangen über einen Thread zufällig gelesen und geschrieben werden – etwas über zehn Prozent Leistung kostet der Patch in diesem Fall.
Sandy Bridge mit Patch instabil
Das mit dem Patch versehene System mit Core i5-2500K erwies sich im Test nicht nur als langsamer, es stürzte als einziges auch wiederholt ab: Zweimal hing der Rechner im Test mit Patch in Windows 7, einmal in Windows 10. Die Benchmarks ohne Patch konnten hingegen ohne Aussetzer durchgeführt werden.
Ryzen unter Windows 10
AMD ist nicht von Meltdown betroffen, die im Patch von Microsoft integrierten Gegenmaßnahmen sind deshalb nicht aktiv. Einen Einfluss auf die Leistung des PCs sollte die Installation also nicht haben.
Das gilt aktuell auch für die Gegenmaßnahmen zu Spectre 2, denn BIOS-Updates mit neuem Microcode für AMD gibt es noch nicht, der Hersteller hat erst am Freitag mit der Herausgabe des Codes begonnen. Auch diese Gegenmaßnahmen sind deshalb im Betriebssystem trotz Patch noch nicht scharf geschaltet.
Die Benchmarks bestätigen das. Sowohl mit als auch ohne Patch liegt die Leistung des Systems unter Windows 10 – im Rahmen der Messungenauigkeit – auf ein und demselben Niveau.
Auch die Leistung der Samsung SSD 960 Pro zeigt sich schlussendlich vom inaktiven Windows-Patch im Rahmen der vom Benchmark auch so zu beobachtenden Schwankungen unbeeindruckt.
Weitere Benchmarks, wenn BIOS-Update verfügbar
Sobald Asus für das verwendete Mainboard Crosshair VI mit X370-Chipsatz ein BIOS-Update mit neuem Microcode gegen Spectre 2 heraus gegeben hat und die Windows-Gegenmaßnahmen damit aktiv geschaltet werden, wird ComputerBase auch Benchmarks zu dieser Konstellation bereitstellen.
Fazit
Schon das Windows-Update gegen Meltdown kostet auf Intel-CPUs Leistung. Zwar gibt es unter Windows 10 kaum Auswirkungen auf die getesteten Anwendungen oder auf die Durchschnitts-FPS der Spiele – weder auf einer Kaby-Lake- noch auf einer Sandy-Bridge-CPU. Aber werden auf Kaby Lake die Frametimes der Spiele (-4%) und die SSD-Leistung bei wahlfreien Zugriffen mit kleinen Dateien (-6%) in Betracht gezogen, sieht die Sache schon anders aus. Und Sandy Bridge trifft es noch härter: Fünf Prozent büßt das System in Spielen in Windows 10, ganze elf in Windows 7 ein.
Das bislang nur auf dem System mit Core i7-7700K zur Verfügung stehende Microcode-Update verdoppelt dort die Leistungseinbußen nochmal. Das entspricht im Endeffekt in etwa einem Downgrade auf die vorige CPU-Generation. Gravierend treffen die Spectre-Gegenmaßnahmen Kaby Lake auch beim SSD-Durchsatz: Um bis zu 40 Prozent bricht die Leistung bei wahlfreien Zugriffen ein. Hierin liegen die aktuell großen Sorgen der Datenbankanbieter und -nutzer begründet.
Wie stark Sandy Bridge in Anwendungen und Spielen von Spectre-Gegenmaßnahmen betroffen sein wird ist aktuell Spekulation – überhaupt scheint fraglich, ob es Updates geben wird. Schon jetzt büßt der Core i5-2500K jedenfalls allein schon durch das Windows-Update mehr Leistung ein als der Core i7-7700K mit der Kombination aus Windows-Update und Microcode-Update.
Nur noch eine Frage der Zeit ist die Verfügbarkeit von Microcode-Updates für AMD Ryzen, denn jene wurden dieser Tage den Mainboard-Herstellern zur Verfügung gestellt. Aktuell lässt sich zwar festhalten: Ohne Meltdown-Anfälligkeit bleiben auch Leistungsverluste aus dem inaktiven Meltdown-Patch aus. Wie es mit aktivem Spectre-Schutz aussehen wird, wird die Redaktion aber im Auge behalten.
Das betrifft auch viele weitere Aspekte: Drei CPU-Architekturen mit einer Grafikkarte in sieben Benchmarks auf zwei Betriebssystemen decken bei weitem nicht das ganze Feld der potentiellen Auswirkungen der gravierenden Sicherheitslücken und deren Behebung ab. Alles abzudecken, das ist unmöglich. Hinweise und Vorschläge sind in den Kommentaren aber trotzdem gerne gesehen.
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