STS 2022

Snapdragon 8 Gen 2: Qualcomm legt mit mehr KI-Leistung und Raytracing-GPU nach

Nicolas La Rocco
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Snapdragon 8 Gen 2: Qualcomm legt mit mehr KI-Leistung und Raytracing-GPU nach

Qualcomm hat den diesjährigen Snapdragon Tech Summit mit der Vorstellung des Snapdragon 8 Gen 2 eröffnet, der High-End-Smartphones der nächsten Generation antreiben wird. Die Lösung bietet abermals mehr KI- und Kamera-Leistung, schnellere CPU-Kerne und eine Hardware-beschleunigtes Raytracing unterstützende GPU.

Snapdragon 8 Gen 2 noch 2022 in ersten Smartphones

Der in 4 nm bei TSMC gefertigte Snapdragon 8 Gen 2 soll bereits zum Ende dieses Jahres in Smartphones ausgewählter Hersteller zum Einsatz kommen. Der diesjährige Tech Summit findet etwa drei Wochen früher als in den Jahren zuvor statt, sodass mehrere Smartphone-Hersteller noch dieses Jahr entsprechende Geräte vorstellen können. Zu den ersten Abnehmern des Chips zählen Asus mit der ROG-Marke, Honor, iQOO, Motorola, Nubia, OnePlus, RedMagic, Redmi, Sharp, Sony, Vivo, Xiaomi, Xingji/Meizu und ZTE, wobei nicht alle davon bereits dieses Jahr an den Start gehen werden. Qualcomm erwartet erste Geräte mit Snapdragon 8 Gen 2 noch dieses Jahr, macht allerdings keine konkrete Angaben zu den Vorstellungen einzelner Anbieter.

Qualcomm bohrt KI-Leistung auf

Qualcomm hat beim Snapdragon 8 Gen 2 die Entwicklung vor allem in Bereichen wie KI und Kamera weiter vorangetrieben, nachdem diese Merkmale zuletzt immer mehr im Fokus standen. Unter „Snapdragon Smart“ vereint der Hersteller verschiedene Fähigkeiten des Chips, die unter anderem den Hexagon-Prozessor betreffen, in dem Qualcomm Beschleuniger für Tensor-, Scalar- und Vector-Berechnungen unterbringt. Neu sind in diesem Bereich zum Beispiel ein größerer Tensor-Beschleuniger und „Micro Tile Inferencing“, das Berechnungen in kleinere Portionen unterteilt, um diese auf den verschiedenen Beschleunigern des Hexagon-Prozessors zu parallelisieren. Beim Inferencing wird neuerdings zusätzlich das Format INT4 unterstützt, das zwar weniger präzise ist, gegenüber INT8 aber keine qualitative Verschlechterung mitbringen soll und laut Qualcomm die Leistung pro Watt um 60 Prozent verbessere. Der Hersteller bezieht sich in all seinen Vergleichen auf den Snapdragon 8 Gen 1 und nicht den optimierten Snapdragon 8+ Gen 1 (Test).

Hexagon erhält neue Features
Hexagon erhält neue Features (Bild: Qualcomm)

Sensing Hub erhält zweiten Prozessor

Aufgebohrt wurde auch der „Sensing Hub“, ein eigenständiger Funktionsblock, der stromsparend etwa Hotwords für den Google Assistant und Amazon Alexa verarbeitet. Dieser mit einem eigenen DSP und Speicher bestückte Bereich erhält einen zweiten KI-Prozessor und kann künftig auch eigens durch den Anwender erstellte Hotwords verarbeiten. Über den Sensing Hub läuft auch die „Always Sensing Camera“, die letztes Jahr noch unter dem Namen „Always-on Camera“ lief, was marketingtechnisch wenig klug für Qualcomm war, nachdem es Kritik daran gab, dass etwa eine Selfie-Kamera für Face Unlock dauerhaft aktiv sein und auf Gesichter „warten“ kann. Genau genommen hat sich daran mit dem Snapdragon 8 Gen 2 allerdings nichts verändert.

Zwei KI-Prozessoren für den Sensing Hub
Zwei KI-Prozessoren für den Sensing Hub (Bild: Qualcomm)

Kognitiver ISP kommuniziert direkt mit Spectra ISP

Den Bereich Kamera erweitert Qualcomm um einen „Cognitive ISP“ innerhalb des Hexagon-Prozessors, der eine Direktverbindung zum Spectra ISP, also zum eigentlichen Bildprozessor hat. Hintergrund ist die KI-gestützte semantische Segmentierung von Foto- und Videoaufnahmen in Echtzeit, die es ermöglicht, Gesichter und deren Merkmale, Haare, Kleidung, Himmel und viele weitere Aspekte einer Aufnahme individuell zu optimieren. Den ISP des Snapdragon 8 Gen 2 hat Qualcomm für neue Bildsensoren von Sony und Samsung optimiert, wobei der Samsung ISOCELL HP3 mit 200-Megapixel-Auflösung den Anfang machen soll.

AV1 wird beim Decoding unterstützt

Erstmals überhaupt zieht der AV1-Codec in einen Chip von Qualcomm ein, wobei die Funktion auf die Hardware-beschleunigte Wiedergabe von bis zu 8K mit 60 FPS beschränkt wird, also nur das Decoding und nicht auch das Encoding abgedeckt wird. Decoder liegen außerdem für die Codecs H.264, H.265 und VP9 vor, die im Gegensatz zu AV1 auch beim Encoding zur Verfügung stehen, das in bis zu 8K mit 30 FPS unterstützt wird. Parallel zu einer 8K-Videoaufnahme können beim Snapdragon 8 Gen 2 Fotos mit 64 Megapixeln geschossen werden. 4K geht hingegen mit bis zu 120 FPS einher, bei 720p liegt die Grenze bei 960 FPS, um eine Zeitlupe mit 32-facher Verlangsamung beim Abspielen mit 30 FPS zu ermöglichen. Zu den HDR-Formaten zählen HDR10, HDR10+, HLG, Dolby Vision und neuerdings HDR Vivid speziell für den chinesischen Markt.

Triple-ISP für bis zu 200 MP

Der ISP im Snapdragon 8 Gen 2 ist weiterhin ein 18-Bit-Triple-ISP und kann dementsprechend bis zu drei Kameras mit parallel 36 MP auslesen respektive deren Daten in Echtzeit mit 30 FPS „Zero Shutter Lag“ verarbeiten. Zero Shutter Lag funktioniert auch bei zwei Kameras mit 64 MP und 36 MP oder bei Nutzung nur noch einer Kamera mit 108 MP. Der Auflösung ist passend zum ISOCELL HP3 bei 200 MP ein Limit gesetzt, dann allerdings ohne Zero Shutter Lag.

CPU wechselt auf neue Arm-Kerne und Anordnung

In den klassischen Bereichen eines System-on-a-Chip schlägt Qualcomm ebenfalls ein neues Kapitel auf, angefangen bei der Kryo-CPU. Die Zeit für den Einsatz eigener Custom-Kerne als Resultat aus dem Nuvia-Kauf ist zwar noch nicht erreicht, doch setzt der Hersteller dieses Jahr auf die neuen Arm-Kerne Cortex-X3, Cortex-A715 und Cortex-A510 Refresh, nachdem diese zuletzt auch beim MediaTek Dimensity 9200 anzutreffen waren. Der ältere Cortex-A710 ist allerdings ebenso mit von der Partie.

Aufbau der neuen Kryo-CPU
Aufbau der neuen Kryo-CPU (Bild: Qualcomm)

Die große Überraschung bleibt damit für dieses Jahr aus, doch gibt es bei den einzelnen Kernen eine Neuausrichtung zu mehr Leistung, indem hinter dem einzelnen Prime-Kern diesmal vier statt drei Performance-Kerne folgen und von den Efficiency-Kernen nur noch drei statt vier vorhanden sind. Im Detail setzt Qualcomm auf einen Aufbau aus einem Cortex-X3 mit bis zu 3,187 GHz, zwei Cortex-A715 und zwei Cortex-A710 mit bis zu 2,8 GHz und drei Cortex-A510 Refresh mit maximal 2,0 GHz. Hintergrund ist, dass durch diese Konstellation weiterhin zwei Performance-Kerne für 32-Bit-Anwendungen zur Verfügung stehen. Cortex-X3 und Cortex-A715 sind nur für AArch64 ausgelegt und ohne die zwei Cortex-A710 könnten 32-Bit-Apps nur noch auf den Efficiency-Kernen laufen. Qualcomm nennt für die CPU bis zu 35 Prozent mehr Leistung bei bis zu 40 Prozent weniger Energieverbrauch.

Mit den diesjährigen Total Compute Solutions (TCS22) hat Arm die 32-Bit-Unterstützung auf den Cortex-A510 Refresh beschränkt, nachdem der Support zuvor (TCS21) noch beim Cortex-A710 vorlag, aber nicht beim ursprünglichen Cortex-A510 Non-Refresh. Alle technischen Details zu den neuen Cortex-Kernen liefert der Bericht zum diesjährigen Arm Tech Summit.

Adreno-GPU unterstützt Hardware-Raytracing

Nachdem bereits die Adreno 730 den Fokus der Leistungsverbesserung auf die Vulkan-Grafikschnittstelle gelegt hatte, schiebt Qualcomm bei der (noch) namenlosen neuen Adreno-GPU den erstmaligen Support von Vulkan 1.3 nach und verspricht unter Verwendung dieser API bis zu 30 Prozent mehr Leistung als im Snapdragon 8 Gen 1. Allgemein betrachtet gibt Qualcomm das Plus mit bis zu 25 Prozent an und verspricht eine parallele Effizienzverbesserung um bis zu 45 Prozent. Abseits von mehr Rohleistung zieht Hardware-beschleunigtes Raytracing in die Grafikeinheit ein, sodass Reflexionen, Soft Shadows und Ambient Occlusion darüber berechnet werden können. Qualcomm zieht mit der Integration gleich zu Anbietern wie Arm mit der Immortalis-G715, Imagination Technologies mit der CXT-GPU und Samsung respektive AMD mit der Xclipse-920-GPU auf Basis von RDNA 2. Das Spiel „War Thunder“ für Android soll Raytracing auf der Adreno-GPU bieten, angepasste Inhalte seien auch von NetEase Games und Tencent geplant, erklärt Qualcomm. Von der Unreal Engine 5 wird zudem das Metahuman-Framework unterstützt.

Die neue Adreno-GPU
Die neue Adreno-GPU (Bild: Qualcomm)
Adreno-GPU unterstützt erstmals Raytracing
Adreno-GPU unterstützt erstmals Raytracing (Bild: Qualcomm)

Snapdragon-X70-Modem für bis zu 10 Gbit/s

Der Snapdragon 8 Gen 2 ist das erste SoC, in das das zum MWC im Frühjahr vorgestellte Snapdragon-X70-Modem einzieht. Das Snapdragon X70 unterstützt alle weltweit genutzten 5G-Bänder im Frequenzbereich von 600 MHz bis 41 GHz. Im hierzulande wichtigen Sub-6-Spektrum wird der Bereich von 600 MHz bis 6 GHz abgedeckt, während das Spektrum bei mmWave von 24 GHz bis 41 GHz reicht. Im Downlink unterstützt das Snapdragon X70 erstmals vier Carrier (Frequenzblöcke), kommt dort mit bis zu 10 Gbit/s aber weiterhin auf das Maximum des vorherigen Snapdragon X65, während bis zu 3,5 Gbit/s im Uplink geboten werden. Bei den 5G-Features ist außerdem „Dual SIM Dual Active“ neu, nachdem bislang nur „Dual SIM Dual Standby“ möglich war.

KI-Prozessor im Baseband-Prozessor

Für eine schnelle und stabile Verbindung im Mobilfunknetz soll beim Snapdragon X70 auch ein dedizierter KI-Prozessor im Baseband-Prozessor sorgen. Der Prozessor soll Feedback aus dem Verbindungskanal erhalten und daraufhin nicht näher beschriebene dynamische Optimierungen vornehmen können. Speziell für mmWave-Verbindungen steuert der Chip das Beamforming, um die Direktverbindung zum Gerät zu behalten. Die KI-Funktionen sollen auch die Auswahl des Netzes sowie die Abstimmung der Antennen umfassen. Viele dieser Punkte dürften über den Standard UE-Assisted Information (UAI) des 3GPP Release 16 umgesetzt werden. UAI sorgt dafür, dass Smartphones (oder ein anderes Endgerät) und Basisstation einen effizienten Betrieb untereinander aushandeln. Mit welcher Spannung das Modem arbeitet, wie es um die Temperatur im Smartphone bestellt ist, wie viele Carrier für die aktuelle Anwendung genutzt werden oder welche MIMO-Konfiguration sinnvoll ist, können beide Seiten der Verbindung im gegenseitigen Austausch definieren, um die Effizienz zu steigern und den Verbrauch zu reduzieren.

Plattform ist bereit für Wi-Fi 7

Die Konnektivität setzt sich mit dem erstmaligen Support des noch nicht vollständig verabschiedeten Standards Wi-Fi 7 fort, der über das in 14 nm gefertigte, extern angebundene FastConnect 7800 abgewickelt wird. In der Kombination aus 5- und 6-GHz-Verbindungen seien maximal 5,8 Gbit/s möglich, erklärt Qualcomm, wobei Kanalbandbreiten von 20, 40, 80 und 160 MHz unterstützt werden. Rein auf 5 GHz bezogen gibt der Hersteller die Spitzengeschwindigkeit mit 4,3 Gbit/s an. Die FastConnect-7800-Plattform bietet integriertes Bluetooth 5.3 LE, LE Audio, zwei Bluetooth-Antennen und kommt mit Snapdragon-Sound-Support und aptX Voice, aptX Lossless sowie aptX Adaptive daher. Der Chipsatz bietet Unterstützung für Spatial Audio sowie bei Einhaltung einer gesamten Snapdragon-Sound-Kette auch für Dynamic Spatial Audio, das mit Headtracking in Relation zum Abspielgerät einhergeht.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Qualcomm im Vorfeld und im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers auf Maui, Hawaii unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und Hotel wurden von Qualcomm getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

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