Radeon-Chef geht: Scott Herkelman verpasst den Endgegner

Michael Günsch
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Radeon-Chef geht: Scott Herkelman verpasst den Endgegner
Bild: AMD

Seit gut sieben Jahren leitet Scott Herkelman AMDs Radeon-Sparte. Doch jetzt hat er angekündigt, den Job zum Jahresende an den Nagel zu hängen. Leicht hatte er es im von Nvidia dominierten Markt nie. Unter seiner Leitung erschienen die drei GPU-Architekturen RDNA, RDNA 2 und RDNA 3.

Zumindest öffentlich nennt Herkelman keinen Grund für seinen Entschluss, AMD zum Jahresende zu verlassen. Dass er es in seiner bisherigen Zeit schwer mit einem übermächtigen Gegner (Nvidia GeForce) zu tun hatte, liest sich zwischen den Zeilen: „Mögt ihr weiterhin über eure Gewichtsklasse hinaus zuschlagen und eines Tages den Endgegner besiegen.“ Herkelman war für seine Gaming-Affinität bekannt, was sich somit auch in seiner Abschiedsbotschaft lesen lässt.

Unter Herkelman kam RDNA

Im September 2016 trat Herkelman den Job als Vice President & General Manager Graphics Business Unit bei AMD an und war fortan für die Radeon-Grafikkarten zuständig. Zunächst hatte er noch mit Grafikkarten auf Basis der Architektur „Graphics Core Next“ (GCN) zu tun. Im Mai 2019 präsentierte er aber gemeinsam mit AMD-CEO Lisa Su die neue RDNA-Architektur, die erstmals mit der Serie Radeon RX 5000 eingeführt wurde. Fortan trugen die Grafikchips den Namen „Navi“.

Scott Herkelmann präsentierte mit Lisa Su die Radeon RX 5000 und RDNA
Scott Herkelmann präsentierte mit Lisa Su die Radeon RX 5000 und RDNA

Es folgten die Radeon RX 6000 (RDNA 2) und Ende 2022 die Radeon RX 7900 (XT) mit der aktuellen RDNA-3-Architektur. Die jüngsten Mitglieder der Serie sind die Radeon RX 7800 XT und RX 7700 XT, die voraussichtlich auch die letzten Modelle unter Herkelmans Federführung sein werden.

Auch wenn mit RDNA ein großer Sprung bei Leistung und Effizienz gegenüber den eigenen Vorgängern gelang, reichte es nicht, um Nvidias Gegenstücken an der Spitze Paroli zu bieten. In puncto neuen Funktionen wie Raytracing hat AMD bis heute das Nachsehen, bei der klassischen Rasterleistung sieht es hingegen besser aus.

Nvidia GeForce dominiert

Da Nvidia am Ende bei Funktionen, Leistung und Effizienz die Nase vorn behielt, spielt Radeon auch bei den Marktanteilen heute eine deutlich kleinere Rolle. Dabei lief es vor einigen Jahren noch gut und zu Zeiten von den bei Spielern beliebten Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT konnte AMD seinen Marktanteil auf über 30 Prozent steigern. Doch nur ein Jahr später waren es schon wieder weniger als 20 Prozent und letztes Jahr ging es sogar auf 10 Prozent zurück, obgleich die Kurve nun wieder nach oben zeigt.

Marktanteile AMD, Intel und Nvidia bei diskreten GPUs
Marktanteile AMD, Intel und Nvidia bei diskreten GPUs (Bild: JPR, Tom's Hardware)

Gegen Nvidia GeForce hat es AMD Radeon jedenfalls schwer, was nicht zuletzt auch an einem viel geringeren Budget und weniger Mitarbeitern liegt. Auf X (Twitter) wird Herkelman gerade mit Hinblick auf diese Ausgangslage viel Respekt gezollt, mit vergleichsweise geringen Mitteln habe er das bestmögliche aus AMD Radeon herausgeholt, lautet der allgemeine Tenor.

Nachfolge ungewiss

Auch wenn Scott Herkelman nach eigenen Angaben AMD erst zum Jahresende verlassen wird, steht er schon jetzt nicht mehr im öffentlichen Leader-Board des Unternehmens. Dort wird Jack Huynh als „Senior Vice President and GM, Computing and Graphics Business Group“ aufgeführt. Diesen Posten hat er allerdings bereits seit April 2023 inne, wie sein LinkedIn-Profil verrät. Für die Entwicklung der GPU-Architekturen zeichnet sich seit 2018 David Wang verantwortlich.

Es bleibt abzuwarten, ob AMD noch ein neues Gesicht für die Marke Radeon auf der großen Bühne präsentieren wird. Letzten Monat war Herkelman zu Gast auf der Gamescom.