Keine Einigung: Finaler Entwurf zur Chatkontrolle verschiebt sich weiter

Andreas Frischholz
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Keine Einigung: Finaler Entwurf zur Chatkontrolle verschiebt sich weiter
Bild: PxHere | CC0 1.0

Die Verhandlungen über die Chatkontrolle kommen nicht voran. Letzte Woche wurde bereits bekannt, dass der EU-Rat sich nicht auf einen finalen Entwurf einigen kann. Nun hat auch das EU-Parlament das Thema vertragt, es wurde von der Tagesordnung gestrichen.

Konkret geht es um den Innenausschuss im EU-Parlament (LIBE). Denn das Parlament muss sich ebenso wie der EU-Rat – in dem die Mitgliedsstaaten sitzen – auf einen Entwurf einigen, um die sogenannten Trilog-Verhandlungen über den abschließenden Text der Verordnung mit EU-Rat und EU-Kommission beginnen zu können.

Eigentlich wollte sich der LIBE-Ausschuss diesen Donnerstag mit dem Thema befassen. Vorerst ist es aber vom Tisch, nun sollen die Verhandlungen am 13. November erfolgen, berichtet Netzpolitik.org. Was sich daraus ablesen lässt: Selbst im EU-Parlament ist man noch weit davon entfernt, sich zu einigen.

EU-Rat findet keine Position

Die EU-Verordnung zur „Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ enthält eine Vielzahl von Maßnahmen. Besonders umstritten ist die sogenannte Chatkontrolle – also das Scannen von Inhalten direkt auf den Geräten der Nutzer, um Missbrauchsdarstellung zu identifizieren, bevor diese von Messenger-Diensten wie WhatsApp verschlüsselt werden. Betroffen wären aber auch E-Mail-Provider und Social-Media-Plattformen.

Das Verfahren ist äußerst umstritten. Kritisiert wird sowohl der Sinn des Instruments als auch der massive Eingriff in die Grundrechte. So erklärte etwa letzte Woche die Datenschutzkonferenz der Bundesländer in einer Stellungnahme: „Die vorgesehene anlasslose Massenüberwachung greift fundamental in die Grundrechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Vertraulichkeit der Kommunikation und zum Schutz personenbezogener Daten ein.“ Das Instrument gilt als Massenüberwachung, weil es sich laut dem Entwurf der EU-Kommission nicht nur auf Verdächtige beschränkt. Stattdessen muss ein kompletter Dienst bei einer entsprechenden Anordnung die Inhalte von sämtlichen Nutzern scannen.

Die Kritikpunkte teilen auch EU-Staaten wie Deutschland, Österreich, Polen und Estland. Daher kann sich auch der EU-Rat nach wie vor nicht auf eine Position verständigen, letzte Woche wurde die finale Abstimmung zum zweiten Mal verschoben. Angesichts der EU-Wahl im kommenden Jahr besteht Zeitdruck. Allmählich steht die Frage im Raum, ob die EU-Institutionen überhaupt noch einen Kompromiss finden.

Während die spanische Ratspräsidentschaft an Formelkompromissen arbeitet, haben zuletzt Vertreter der Bundesregierung vorgeschlagen, in einem ersten Schritt nur die Teile der Verordnung umzusetzen, bei denen Konsens besteht. Über Maßnahmen wie die Chatkontrolle soll dann separat verhandelt werden.