Call of Juarez 2 im Test: Dieser Western-Shooter macht Spaß

Sasan Abdi
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Call of Juarez 2 im Test: Dieser Western-Shooter macht Spaß

Vorwort

Zünftige Western-Action gilt, wenn es um moderne Unterhaltungsmedien geht, bestenfalls als TV- und Kino-Nische, während man sich im Videospiele-Segment nur sporadisch an das eigentlich interessante Setting heranwagt. Dies mag verschiedene Gründe haben: Zu altbacken, zu speziell, zu unkonventionell – so könnten die Einwände für ein Engagement lauten, auch wenn sich der Status quo mit dem anstehenden „GTA im wilden Westen“ – gemeint ist „Red Dead Redemption“ – eventuell ändern könnte.

Solange gehört „Call of Juarez“ zu den bisher mitunter besten Titeln, denen ein Western-Szenario zugrundeliegt. Mit „Bound in Blood“ präsentierten die Macher vom polnischen Entwicklerstudio Techland und Publisher Ubisoft unlängst den zweiten Teil, der sich abermals anschickt, anhand der Geschichte des Bruder-Trios McCall eine spannende Geschichte zu erzählen. Dieser Test klärt, ob die Fortsetzung geglückt ist.

Plot & Missionsdesign

Drei Brüder, eine Frau, jede Menge Gangster und Indianer und ein verfluchter Schatz – so lauten die zugegeben nicht gerade innovativen Zutaten von „Call of Juarez 2 – Bound in Blood“. Doch hängt die tatsächliche Güte eines Gerichts bekanntlich von den Fähigkeiten des Kochs ab. Und so ist es möglich, dass in „Call of Juarez 2“ aus einem den Ausgangsbedingungen nach langweiligen, vorhersehbaren Plot eine insgesamt äußerst packende, mit einigen Wendungen bestückte Handlung entsteht, die zu einem zügigen Durchspielen einlädt und großes Lob verdient. Die einzige Einschränkung stellt in dieser Hinsicht die zeitliche Ansiedlung der Handlung dar, da „Bound in Blood“ direkt vor den Geschehnissen von „Call of Juarez“ spielt, was bedeutet, dass sich der Ausgang unter Umständen recht gut vorhersagen lässt.

Ein weiterer, die Handlung positiv bedingender Punkt ist in der soliden Charaktergestaltung zu finden, die besonders aufgrund der Ausdifferenzierung der Brüder Ray, Thomas und William für ordentlichen Tiefgang und Spannung sorgt. Dazu nutzen die Macher eine relativ konstante Dreigliederung: Während Ray als moralisch verwahrloster Desperado daherkommt, stellt Thomas nicht nur alterstechnisch sondern auch normativ den zweiten in der McCall-Riege dar, während William als Mann Gottes den ebenso guten wie zunächst hilflosen Jüngsten im Bunde gibt. Und auch die Ausgestaltung der anderen Charaktere weiß vom mexikanischen Halsabschneider über den verrückten Südstaaten-Colonel bis hin zum stolzen aber umsichtigen Häuptlingssohn zu überzeugen.

Weiterhin erhöht wird die Wertigkeit der Handlung durch den gelungenen filmähnlichen Charakter des Spiels. So begleitet man Ray, Thomas und William McCall in fünf Akten von den Wirren der letzten Bürgerkriegstage, in denen trotz Fahnenflucht und größtem Aufwand die Farm der Familie zerstört wird, bis in die Berge von Arizona, in denen nach jeder Menge Kämpfe und Gegnern der finale Showdown mit dem ehemaligen Vorgesetzten der Deserteure Ray und Thomas in einer „Tomb Raider“-ähnlichen Umgebung ansteht. Interessant ist dabei auch, dass man bei den Missionen in der Regel zwischen Ray und Thomas auswählen darf, was neben einer unterschiedlichen Bewaffnung (Nahkämpfer Ray vs. Fernkämpfer Thomas) häufig auch unterschiedliche Teilaufgaben bedeutet. Hier findet sich also je nach Spielertyp ein Kriterium, was für das abermalige Durchspielen spricht, was bei einer enttäuschenden Spielzeit von fünfeinhalb Stunden aber auch bitter nötig ist.

Auch das Missionsdesign weiß zu gefallen, wenn man sich denn mit äußerst linearen Schlauchleveln à la „Call of Duty“ anfreunden kann. Denn soviel steht fest: „Call of Juarez 2“ ist alles, nur nicht „Open World“. Zwar werden die Haupt-Missionen durch zwei Abschnitte aufgelockert, in denen man durch das Annehmen von Aufträgen Geld verdienen kann, um dieses in bessere Waffen zu investieren, doch stellen solche Momente im Spiel abseits von der eigentlichen Story bestenfalls kleine Schmankerl dar, die aber eigentlich nicht der Rede wert sind. Wer sich also von einem Western-Shooter nicht zu unrecht jede Menge (Bewegungs)Freiheit erhofft, ist mit „Call of Juarez 2“ schlecht bedient.

Doch hat die Geradlinigkeit des Spiels mitsamt der vielen gescripteten Ereignisse selbst in diesem Setting etwas für sich, denn erst dadurch wird es möglich, eine so dichte, stimmige Geschichte zu erzählen. Zusätzlich entschärft wird die Problematik durch eine angemessene Variation im Missionsdesign: Neben Straßen- bzw. Häuserkämpfen wechselt die Umgebung ab und an – z.B. in eine Miene oder in die Wildnis – und wird zusätzlich von den erwähnten Auftrags-Abschnitten und Verfolgungsjagden aufgelockert, wobei allerdings das auf kurze Distanzen bei Ray im Zwei-Revolvermodus aktive Autoaim stört. Die wohl nennenswerteste Abwechslung besteht im allerdings schnell langweilig werdenden Duell-Modus, bei dem sich der Spieler mit der KI im Revolverziehen messen darf (siehe großes Bild oben).