Lifeless Planet in der Vorschau: Unkonventionell gutes Kickstarter-Projekt
Vorwort
„Lifeless Planet“ ist einer jener Titel, die in der größten Euphoriephase der Crowdfunding-Plattform Kickstarter angeschoben wurden: Im Sommer des Jahres 2011 ausgeschrieben, erreichte das Projekt von David Board binnen weniger Monate eine Finanzierung von etwas über 17.000 US-Dollar – und lag damit um 100 Prozent über der anvisierten Summe.
Dass das Ein-Mann-Projekt (wie „Banished“) solchen Zuspruch fand, liegt vor allem an dem Versprechen, das Board mit seinem Entwicklungsvorhaben machte: Ein Adventure mit Action-Anteilen sollte mit den Mysterien alter Science-Fiction-Inhalte gepaart werden, sodass sozusagen 1950er-Jahre-Weltraum auf 1990er-Jahre-Spiel trifft.
Was dabei herausgekommen ist, lässt sich ab jetzt beurteilen: „Lifeless Planet“ (LP) ist seit kurzer Zeit als Beta über Steam Early Access verfügbar. Wir haben die bisher verfügbaren 6 von 20 Levels gespielt und klären, ob David Board hält, was er versprochen hat.
Spoiler-Warnung: Da ein Spieletest nicht immer gänzlich ohne die Wiedergabe einzelner wichtiger Handlungselemente der Geschichte möglich ist, bitten wir all jene, die vorab nichts über die Handlung des Spiels erfahren möchten, nur das Fazit zu lesen. Wir bemühen uns jedoch stets, die Wiedergabe auf absolut notwendige Erzählelemente zu beschränken.
Systemanforderungen
Komponente | Testsystem | Herstellerempfehlung |
---|---|---|
Betriebssystem | Windows 8.1 (64 Bit) | Windows 7 |
Prozessor | Phenom II X6 1075T | Intel Core i3 oder besser |
Arbeitsspeicher | 8 GByte | 3 GByte |
Grafik | Radeon HD 7970 | GeForce GT 640 oder besser |
Festplattenspeicher | ca. 350 Megabyte | |
Internetanbindung | Für Steam-Aktivierung / Download |
Lifeless Planet auf einen Blick
Ganz gleich, wie man es dreht und wendet: Im Leben kommt doch immer alles anders. So auch für den namenlosen Astronauten, der als Protagonist von „Lifeless Planet“ auftritt.
Nach 15 Jahren im komatösen Weltraumschlaf muss der LP-Held feststellen, dass sich die Wissenschaftler auf der Erde mit seiner Mission gehörig geirrt zu haben scheinen. Statt blühender Landschaften findet der Spieler in persona des Astronauten nach einer harten Landung nämlich einen wüstenhaften, unwirtlichen Planeten vor, der die Reise ganz und gar nicht wert gewesen zu sein scheint.
Schnell stellen sich essentielle Fragen: Wo kommt der nächste Sauerstoff her? Wo ist der Rest der Crew? Und wie konnten sich die Experten auf der Erde derart irren? Schon nach einer halben Stunde Spielzeit stellt sich heraus, dass die Lage noch weitaus komplizierter ist als befürchtet: Noch vor der Mission unseres Astronauten waren offenbar die Sowjets auf dem Planeten zu Gange und haben eine mysteriöse Forschungseinrichtung gebaut. Doch dann lief einiges schief.
Aber was genau brachte die Mission zum Scheitern? Gibt es weiteres Leben auf dem Planeten? Oder ist das Ganze nur eine Art Test, mit der die Loyalität des Astronauten vor dem Hintergrund des Kalten Krieges getestet werden soll? Und welche Rolle spielt die Psyche des Astronauten, die aufgrund von traumatischen Geschehnissen im Zusammenhang mit seiner Frau gelitten hat? „Lifeless Planet“ hält von Beginn an einige Rätsel und Mysterien bereit, die dafür sorgen, dass der Spieler sofort in die Inhalte hineingesogen wird.
Wer bei den Stichworten „Indie“ und „Kickstarter“ gleich an völlig unkonventionelle Ansätze denkt, wird inhaltlich allerdings enttäuscht, denn völlig abwegig und unbekannt sind die Zutaten nicht, mit denen David Board sein Projekt anrührt. Dazu gehört auch, dass trotz einigem Minimalismus nicht gänzlich auf das heute gängige „Storytelling“ verzichtet wird: Per Trigger ausgelöste Zwischensequenzen gehören genauso zu „Lifeless Planet“ wie per Trigger ausgelöste Mini-Events.
Trotzdem fühlt sich das Spiel durchaus und wie gewollt nach einem Adventure alter Schule an. So wird auf eine aufwändige Heranführung zugunsten von viel Herumexperimentieren verzichtet: Zwar werden ganz grundlegende Aspekte kurz erläutert; die genauen Funktionsweisen des Jetpacks, des Roboterarms und der Sauerstoffversorgung bleiben aber dem Ausprobieren überlassen.
Womit die Elemente des Gameplay angesprochen wären. Auch in dieser Hinsicht lässt sich zunächst sagen, dass sich „Lifeless Planet“ auch hier nicht ganz traut, die ausgetrampelten Pfade zu verlassen. So ist zwar durchaus auffällig, dass das Leveldesign versucht, allzu klare Vorgaben zu vermeiden; am Ende führt in der Regel aber trotzdem wie gehabt immer ein Weg nach Rom.
Dabei bedient sich David Board kleinerer Kniffe, die unterschiedlich zu bewerten sind. Dass auf dem Planeten immer wieder Sauerstoffvorkommen zu finden sind, erklärt sich aus dem Spiel heraus ordentlich und glaubwürdig. Warum aber die Sprungweite des Jetpacks zwischendurch variiert, erschließt sich inhaltlich nicht, sondern ist vielmehr dem Leveldesign geschuldet, bei dem sich kleine und große Jump-'n'-Run-Einlagen abwechseln. Das macht spielerisch Freude, ist inhaltlich aber nicht verankert.
Gut gelungen sind die immer wieder eingestreuten Rätsel, deren Schwierigkeitsgrad bei nahe Null ansetzt und dann langsam, aber merklich zulegt. In dieser Hinsicht konfrontiert „Lifeless Planet“ den Spieler bisher mit allerlei cleveren Aufgaben, die von Geschicklichkeit bis Logik reichen. So tritt der Astronaut mit Hilfe des besagten Roboterarms mit seiner Umwelt in Interaktion um Tore zu öffnen, überspringt mit seinem Jetpack die größten Schluchten, stoppt wuchtig schwingende Lüftungen, indem er Gegenstände zwischen die Rotoren wirft, und verschafft sich durch kleinerei Puzzeleien Zugänge zu versteckten Informationen, die das Geheimnis des Planeten Stück für Stück aufklären.
Die kluge Kombination von Geschicklichkeit und Rätseln schafft es in Verbindung mit der gelungen diffusen Story, dass wir schon nach wenigen Minuten verzeihen konnten, dass sich „Lifeless Planet“ nicht so „hardcore“ und unkonventionell anfühlt, wie man es mittlerweile fast schon ohne Weiteres von einem per Kickstarter finanzierten Projekt erwartet.
Handlungsbedarf gibt es aber noch bei der Grafik. Diese sieht für einen Indie-Titel zwar gut aus und trägt mit zur authentischen Atmosphäre bei, muss aber noch deutlich optimiert werden: Auf unserem Testsystem lief der Titel trotz moderater Anforderungen in „fantastischen“ Einstellungen in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 meistens bei nur noch gerade so spielbaren 25 bis 30 Bildern pro Sekunde.
In puncto Sound- und Sprachumsetzung gibt es aber nichts zu meckern. Die englische Sprachausgabe fällt zwar äußerst minimalistisch aus, überzeugt aber mit einem guten Hauptsprecher. Genauso positiv ist, dass die musikalische Untermalung sehr zurückhaltend arbeitet – und so in den entscheidenden Momenten mit düsteren Streichern und futuristischen Electrosounds umso besser zur Geltung kommt.
Fazit
Für einen Moment waren wir von der Beta von „Lifeless Planet“ etwas enttäuscht: So linear, so konventionell, so auf Trigger und kleine Zwischensequenzen bedacht fällt der Titel aus? „Edgy“ geht irgendwie anders.
Lässt der Spieler sich trotzdem auf die ersten 6 von 20 Levels ein, wird er mit einem ungewöhnlichen Spielerlebnis belohnt, das gerade bei den Spielmechaniken tatsächlich wie anvisiert an die minimalistisch guten Vorbilder aus alten Zeiten andockt.
In Verbindung mit einer guten, diffusen Story hat uns „Lifeless Planet“ deswegen trotz der besagten Bedenken schnell in seinen Bann gezogen. Wer gute Indie-Inhalte mag, sollte sich diesen Titel vormerken: Wenn die weiteren 14 Levels weiter so gut anziehen wie das bisher Gezeigte, hat David Board zum Start seiner Kickstarter-Kampagne im Jahr 2011 definitiv nicht zu viel versprochen.
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