Netzsperren voraussichtlich endgültig vom Tisch
Heute Abend wird nach dem Plan der Sitzungswoche des Deutschen Bundestages der „Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung von Sperrregelungen bei der Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen“ verabschiedet. Damit würden von der damaligen Bundesfamilienministerien initiierten Netzsperren endgültig gestrichen.
Die unter dem Begriff „Netzsperren“ öffentlich bekannt gewordene Regelung unter der Regie der ehemaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen sowie des zuständigen Bundeswirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg sah vor, Internetprovider dazu zu verpflichten, den Zugang zu Seiten mit kinderpornografischen Inhalten mit „Stopp“-Schildern zu blockieren. Das „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ (kurz: Zugangserschwerungsgesetz) wurde im Sommer 2009 von SPD und CDU in seiner finalen Form konstruiert und gegen den Widerstand der Opposition sowie von Experten im Juni 2009 verabschiedet. Seitdem kam es allerdings nicht zur Anwendung des Zugangserschwerungsgesetzes, da die Ende 2009 gewählte neue Regierung die Anwendung ausgesetzt hat.
Faktisch ist das Gesetz allerdings weiterhin vorhanden, die Aussetzung der Regelung wurde vor allem damit begründet, das Prinzip „Löschen statt Sperren“ zu prüfen. Schon zu Zeiten von der Leyens forderten Experten und auch über 130.000 Mitzeichner einer Online-Petition, kinderpornographische Inhalte nicht durch umgehbare Hinweisschilder zu blockieren, sondern die vorhaltenden Provider zur Löschung der Inhalte aufzufordern.
Die heutige Abstimmung zur Verabschiedung des Gesetzes zur Aufhebung der 2009 beschlossenen Regelungen ist für 20:05 Uhr angesetzt. Es wird damit gerechnet, dass sich die Gegner des Zugangserschwerungsgesetzes letztendlich durchsetzen. Mit einem Ergebnis der Abstimmung ist gegen 21:00 Uhr zu rechnen.
Kritisch beäugt werden muss allerdings weiterhin, wie sich das Thema Netzsperren auf EU-Ebene entwickelt. EU-Kommissarin Cecilia "Censilia" Malmström plant, Netzsperren als probates Mittel in eine EU-Richtlinie (PDF) zu gießen und die Sperren EU-weit verpflichtend einzuführen. Trotz der positiven Entwicklung hierzulande, will die Piratenpartei daher den Widerstand gegen das Thema fortsetzen, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht.
Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf zur Aufhebung von Sperrregelungen mit Zustimmung aller Fraktionen angenommen. Laut einem Bericht des Rechtsausschusses (PDF) des Deutschen Bundestages erwiesen sich die Löschmaßnahmen auf nationaler sowie internationaler Ebene als erfolgreich, weshalb Sperrmaßnahmen nicht erforderlich seien. Dennoch beschloss der Bundestag einstimmig, dass die Bundesregierung ihm ab dem Jahr 2013 jährlich Rechnung darüber ablegen müsse, wie erfolgreich Maßnahmen, „die auf die Löschung von Telemedienangeboten mit kinderpornografischem Inhalt im Sinne des Paragrafen 184b des Strafgesetzbuches abzielen“, im Vorjahr waren.