SPD-Bundesparteitag: Ja zur Vorratsdatenspeicherung
Die SPD hat gestern auf ihrem Bundesparteitag mit einiger Verspätung einen Antrag (PDF) beschlossen, der die Bundesregierung dazu auffordert, erneut an einem gesetzlichen Rahmen für eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (VDS) zu arbeiten. Damit konnten sich die Gegner der VDS in den Reihen der SPD nicht durchsetzen.
Der Antrag gilt als Kompromiss und wurde beschlossen, nachdem sich viele Mitglieder der SPD – allen voran die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD (Jusos) – gegen die VDS ausgesprochen hatten, sich aber nicht durchsetzen konnten. Die Grundhaltung der Jusos lässt sich auf ihrer Internetpräsenz nachvollziehen. Der Antrag sieht vor, dass die Bundesregierung die umstrittene EU-Richtlinie 2006/24/EG umsetzen solle, dabei aber die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts beachtet. Dieses hatte den ursprünglichen Versuch der Bundesregierung, die EU-Vorgaben in nationales Recht zu gießen, gekippt und als verfassungswidrig erklärt.
Dem Willen der SPD nach soll dies mit neuen Rahmenbedingungen für die Vorratsdatenspeicherung nicht mehr passieren. Die Sozialdemokraten sehen daher in einigen Punkten Änderungen vor, halten im Kern aber an einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten fest.
Die Änderungen betreffen im wesentlichen die Dauer der Speicherung. Hier will sich die SPD auch auf internationaler Ebene dafür einsetzen, dass die Mindestspeicherfrist, die in der EU-Richtlinie angesetzt wird (6 Monate) deutlich reduziert wird. Nach dem Willen der Sozialdemokraten sollen es drei Monate sein, was sich in der Praxis als in aller Regel ausreichend herausgestellt hätte. Weiterhin soll festgelegt werden, dass die gespeicherten Daten nur in Fällen schwerster Straftaten gegen Leib, Leben oder sexuelle Selbstbestimmung verwertet werden dürften. Eine Verwendung für zivilrechtliche Zwecke (etwa bei Urheberrechtsverstößen) soll rechtssicher ausgeschlossen werden. Auch die Erstellung eines Bewegungsprofils müsse verhindert werden.
Weitere Schutzmaßnahmen, die dem Antrag der SPD nach implementiert werden sollen, umfassen die Notwendigkeit einer richterlichen Entscheidung auf Antrag der Staatsanwaltschaft, ehe die Nutzerdaten bei den Providern erfragt werden dürfen. Neben dem qualifizierten Richtervorbehalt soll auch eine revisionssichere Protokollierung der Abrufe erstellt werden. Betroffenen ist eine nachgelagerte Auskunft über den Abruf ihrer Verbindungsdaten zu erteilen. Ausgenommen sind Berufsgeheimnisträger (Abgeordnete, Anwälte, Ärzte, Journalisten etc.), deren Daten niemals verwertet werden dürften. Für einen Verstoß gegen den noch zu schaffenden rechtlichen Rahmen verlangt die SPD auch nach strengen Sanktionen. Dies geschieht laut Antrag auch mit Hinblick auf bereits bestehende Datensammlungen der Provider, die schon heute – ohne rechtlich verbindlichen Rahmen – Verbindungsdaten bis zu 180 Tage lang aufbewahren würden. Auch deswegen müssten Vorgaben geschaffen werden, die diese Praxis einschränken.
Trotz der kleinen und großen Änderungen, die der Antrag vorsieht, hat sich die SPD damit in letzter Konsequenz für eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Die Bestrebungen der FDP, insbesondere der Bundesjustizministerien Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, werden dabei als „untauglich“ abgetan. Die FDP setzt sich vor allem für das „Quick-Freeze“-Verfahren ein, das erst in Verdachtsfällen Verbindungsdaten von Verdächtigen „einfriert“ und diese dann speichert. Nach Meinung der SPD seien „CDU und FDP nicht in der Lage, die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung zu einem vernünftigen Ergebnis zu führen. [...] Das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren [...] bringt keinen zusätzlichen Nutzen, ist für die Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung untauglich und verletzt darüber hinaus rechtsstaatliche Grundsätze.“