ACTA-Überprüfung durch den EuGH
Wie der Handelskommissar der EU, Karel de Gucht, heute in Brüssel bekannt gab, will die EU-Kommission das Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen ACTA (ComputerBase-Bericht) rechtlich überprüfen lassen. Zu diesem Zwecke wird es daher dem EuGH vorgelegt werden.
Die EU-Kommission stützt sich dabei auf Artikel 218 Absatz 11 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union), der da lautet:
Ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission können ein Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit den Verträgen einholen. Ist das Gutachten des Gerichtshofs ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in Kraft treten, wenn sie oder die Verträge geändert werden.
Der europäische Gerichtshof wird daher nun überprüfen, ob das Abkommen sowohl formell als auch inhaltlich den rechtlichen Anforderungen der EU entspricht. Der formelle Aspekt bezieht sich darauf, ob das für die Verabschiedung völkerrechtlicher Verträge vorgesehene Verfahren eingehalten wurde, der inhaltliche darauf, ob das geplante Abkommen mit EU-Primärrecht (darunter fallen beispielsweise die Gründungsverträge, die Grundrechtecharta oder EUV und AEUV) vereinbar ist.
Fällt seine Prüfung positiv aus, bestehen von seiner Seite keine Hindernisse mehr; fällt sie negativ aus, so wird, wie im obigen Zitat ersichtlich, eine Umsetzung nur in zwei Fällen möglich sein. Man müsste entweder das Abkommen entsprechend anpassen (bezüglich jener Punkte, die der EuGH für mangelhaft oder inkompatibel mit dem EU-Primärrecht erachtet) oder aber das EU-Recht, mit dem das Abkommen nicht konform ist, umgehend abändern. Die Anrufung des EuGH könnte nach Einschätzung von Abgeordneten des EU-Parlamentes den Umsetzungsprozess um etwa zwei Jahre verzögern.
Der Grund für die Entscheidung der Kommission, den EuGH anzurufen, wird wohl in dem Umstand zu suchen sein, dass seit Beginn dieses Jahres aus der europäischen Zivilgesellschaft immer intensivere Widerstände gegen ACTA aufkeimen. Durch diese wurden schon mehrere Staaten aus Osteuropa (Polen, Tschechien, die Slowakei, Lettland) zu einem Einlenken und zum vorläufigen Aussetzen der Ratifikation bewegt. Auch Deutschland hat vorerst auf eine Unterschrift verzichtet.
Wie der Internetpräsenz des österreichischen Rundfunkes zu entnehmen ist, hat sich Österreich dazu entschlossen, ACTA vorerst nicht zu ratifizieren. Das solle erst dann geschehen, wenn das EU-Parlament seine Zustimmung gegeben hat. Die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von der Österreichischen Volkspartei ließ dies über ihren Sprecher verlautbaren. Sie begrüße zudem die Entscheidung der EU-Kommission, den EuGH um eine Prüfung anzurufen.