EuGH bestätigt 860 Mio. Euro Zwangsgeld gegen Microsoft
In einem heute ergangenen Urteil hat der EuGH im Wesentlichen eine Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2004 bestätigt, in der gegen Microsoft aufgrund mangelnder Verfügbarkeit von Interoperabilitätsinformationen ein Zwangsgeld im dreistelligen Millionenbereich verhängt worden ist.
Am 24. März 2004 war von der EU-Kommission die Feststellung ergangen, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte. Dabei handelte es sich um zwei Verhaltensweisen des Konzernes, wobei sich das nun gefällte EuGH-Urteil nur auf eine dieser bezieht. Diese betraf die Weigerung des Redmonder Softwareherstellers, seinen Konkurrenten im Zeitraum von Oktober 1998 bis zum 24. März 2004 bestimmte Informationen bereitzustellen, die für die Interoperatibilität zwischen deren und Microsofts Produkten nötig waren. Konkret ging es dabei um den Markt für Betriebssysteme für Arbeitsgruppenserver. Dort sahen sich diverse damalige Mitbewerber Microsofts wie etwa Sun Microsystems, Oracle oder IBM benachteiligt und regten die entsprechenden Ermittlungen der Kommission an.
Die Kommission trug Microsoft auf, diese Informationen bereitzustellen und sah zur Überwachung dieses Auftrages die Position eines Überwachungsbeauftragten vor. Dieser wäre mit der Befugnis ausgestattet gewesen, „Zugang zur Unterstützung, zu Informationen, zu Unterlagen, zu den Geschäftsräumen und zu den Mitarbeitern von Microsoft sowie zum Quellcode der einschlägigen Microsoft-Produkte zu erhalten“. Für seine Vergütung hätte Microsoft ebenfalls aufkommen müssen.
Zudem trat die Kommission in einen Dialog mit Microsoft ein, um so eine Prozedur zur Offenlegung besagter Informationen zu schaffen. Microsoft ließ die gesetzte Frist jedoch verstreichen, hielt wichtige Informationen weiterhin geheim und forderte zudem aus Sicht der Kommission unangemessen hohe Vergütungssätze von seinen Konkurrenten für die Bereitstellung der Informationen. Das bewog die Kommission wiederum dazu, neue und höhere Zwangsgelder gegen Microsoft zu verhängen.
Dies geschah zum einen am 12. Juli 2006 aufgrund des Umstandes, dass Microsoft die gesetzte Frist zur inhaltlichen Umsetzung der Entscheidung aus dem Jahr 2004 hat verstreichen lassen (COMP/C-3/37.792 – Microsoft). Infolgedessen wurde der EuGH im Jahr 2007 mit der Sache beschäftigt, wobei er auch da im Wesentlichen die Entscheidung der Kommission bestätigte (Rechtssache T-201/04).
Zum anderen erfolgte eine weitere solche Entscheidung (COMP/C-3/37.792 — Microsoft) am 27. Februar 2008, als die Kommission ein Zwangsgeld in Höhe von 899 Millionen Euro gegen Microsoft verhängte, da die bereits erwähnten Vergütungssätze von Microsoft zu hoch angesetzt worden waren.
Microsoft andererseits brachte am 9. Mai 2008 eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Kommission ein. Darin wurden ihr diverse Fehlbeurteilungen und Verstöße gegen die damals gültigen Unionsvertragsbestimmungen vorgeworfen und eine Nichtigerklärung der Entscheidung oder alternativ eine Senkung des Bußgeldes gefordert.
Diesem Ansinnen ist der EuGH nun aber nicht gefolgt, vielmehr hat er neben der Bestätigung der Kommissionsentscheidung in weiten Teilen auch alle von Microsoft vorgebrachten Argumente zurückgewiesen. Der Gerichtshof sah es als erwiesen an, dass die Kommission die Beurteilung, welche Informationen Microsoft preisgeben müsse, richtig vorgenommen habe und dabei auch keine „Rechte am geistigen Eigentum, Geschäftsgeheimnisse oder andere vertrauliche Informationen [Microsofts]“ pauschal entwertet wurden.
Allerdings gestand der EuGH Microsoft eine kleine Senkung des Zwangsgeldes zu. Das begründete er damit, dass die Kommission Microsoft zwar ursprünglich untersagen wollte, den Vertrieb jener Produkte von Mitbewerbern zu beschränken, die auf nicht weiter geschützten Interoperabilitätsinformationen basierten. Jedoch hatte die Kommission Microsoft dann doch bis zum 17. September 2007 – dem Tag der Urteilsverkündung der Rechtssache T-201/04 – erlaubt, solche Beschränkungen durchzusetzen. Darin sah der Gerichtshof einen leichten Milderungsgrund und setzte daher das Zwangsgeld von 899 Millionen Euro auf 860 Millionen Euro herab.
Das Urteil trägt die Aktenzahl T-167/08 und ist im Volltext auf Englisch hier abrufbar.