Leistungsschutzrecht als „Suchmaschinen-Steuer“
In einem überarbeiteten Entwurf hat das Bundesjustizministerium das Leistungsschutzrecht auf eine Abgabe für Suchmaschinen reduziert, „kommerzielle“ Blogger sind nicht mehr betroffen. Mit diesem Schritt reagiert das Ministerium auf die deftige Kritik am ersten Entwurf, auf Zuspruch stößt die Neufassung aber auch nicht.
Gemäß des neuen Entwurfs, der heise online vorliegt, soll die „öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen“ möglich sein, wenn „sie nicht durch die Anbieter von Suchmaschinen“ erfolgt. Nicht mehr betroffen sind demnach „kommerzielle“ Blogs, die mittels Werbeeinblendungen oder Micro-Payment Geld verdienen, oder soziale Netzwerke. Unter den Bloggern findet der neue Entwurf trotzdem keinen allzu großen Anklang. Bei Netzpolitik.org bezeichnet man die Pläne als „Suchmaschinen-Steuer“, der Journalist Thomas Knüwer empfiehlt Google, die Web-Angebote der Verlage schlicht auszulisten.
Wenig begeistert zeigen sich allerdings auch die Verleger über den neuen Entwurf. Christoph Keese, Cheflobbyist vom Axel Springer Verlag und lautester Vertreter des Leistungsschutzrechts, hält vom neuen Entwurf überhaupt nichts. Per Twitter teilte er mit, dass Leistungsschutz dürfe nicht auf Suchmaschinen begrenzt werden und „allen Aggregatoren sowie anderen Kopisten [einen] Freifahrtschein ausstellen“. Ebenso erklärte der Zeitungsverlegerverband BDVZ, der aktuelle Entwurf sei inkonsequent: „Das wäre ein Freifahrtschein für die Aggregatoren, die schon jetzt die Verlags-Internetseiten absaugen, um damit Geld zu verdienen“. So sollen auch „Firmen, die Verlagsinhalte in ihren Intranets veröffentlichten, dafür eine Lizenz“ erwerben. Genau dieser Ansatz sorgte aber für die erhebliche Kritik vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der auch bei der Regierung nachhaltig Eindruck hinterlassen haben dürfte.
Kritik kommt allerdings auch aus den Reihen der Regierung, der Entwurf gilt als wenig ausgereift. Unionsfraktionsvize Günter Krings erscheint die Einschränkung „recht willkürlich“. Gewerbliche News-Aggregatoren, die ganze Artikel oder Zeitungsseiten kopieren würden, müssten auch erfasst werden, erklärte er gegenüber heise online. Bei der FDP ist man vorsichtiger im Umgang mit News-Aggregatoren, die Unterscheidung von Suchmaschinen sei schwierig und man wolle „kein Monstrum“ schaffen, so der FDP-Rechtspolitiker Manuel Höferlin.
Die Opposition hält das komplette Vorhaben nach wie vor für Murks, auch dieser Entwurf gehöre „in die Mottenkiste“, sagte Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen. Bruno Kramm, Urheberrechtsbeauftragter der Piratenpartei, sieht in dem aktuellen Entwurf eine „Lex Google“ und damit ein verfassungswidriges Einzelfallgesetz. Zudem warnt er vor der Möglichkeit, dass Suchmaschinenbetreiber Verlagsprodukte aus dem eigenen Index nehmen, womit schlussendlich alle verloren hätten: der Suchmaschinenanbieter und die Verlage.
Derzeit wird der neue Entwurf zum Leistungsschutzrecht zwischen den Ressorts abgestimmt. Es bleibt also abzuwarten, ob der Entwurf in dieser Form das Bundeskabinett passiert und so dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt wird. Nachdem bereits der letzte Entwurf im Kabinett wiederholt nicht zur Abstimmung vorgelegt wurde, ist nicht abzusehen, welche Zukunft der aktuellen Fassung blüht. Derzeit droht das Leistungsschutzrecht nach der Vorratsdatenspeicherung zur zweiten netzpolitischen Dauerbaustelle zu mutieren.