Mit CETA kommt ACTA durch die Hintertür
Mit CETA verhandeln die EU-Kommission und Kanada seit geraumer Zeit über einen potentiellen ACTA-Nachfolger, in dem einige Passagen aus dem ACTA-Vertragswerk stammen. Das bestätigte der verantwortliche EU-Kommissar Karl de Gucht, allerdings soll es sich bei den übernommenen Passagen nicht um viel kritisierte Stellen handeln.
Bürgerrechtler begegnen den Äußerungen von de Gucht nichtsdestotrotz mit Skepsis. Selbst wenn die in ACTA geforderte verstärkte Kooperation zwischen Rechteinhabern und Providern sowie der zivilrechtliche Auskunftsanspruch von IP-Adressen nicht enthalten sind, bietet CETA noch Zündstoff. Enthalten ist beispielsweise die Passage, mittels der Vertragsparteien verpflichtet werden, die Umgehung von DRM-/Kopierschutzmechanismen unter Strafe zu stellen (ACTA: Art. 27, Abs. 7).
Damit werde das aktuelle Urheberrecht zementiert, kritisiert der unabhängige EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser, der über eine parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission zu den Informationen gekommen ist. „Kritische Elemente des zu Recht abgelehnten ACTA-Abkommens sollen nun durch die CETA-Hintertür Wirklichkeit werden“, so Ehrenhauser. Seiner Ansicht nach müsse die EU zuerst den Reformprozess in Europa beenden, bevor die Handlungsfähigkeit durch unausgereifte internationale Verträge eingeschränkt wird.
Darüber hinaus bietet auch der CETA-Entwurf vage Formulierungen wie etwa „Fair process“, ebenso fehlen präzisen Definitionen für Begriffe wie „gewerbliches Ausmaß“ oder „wirtschaftlicher oder kommerzieller Vorteil“ – doch diese sind entscheidend, wenn die Vertragsinhalte in konkrete Gesetze umgesetzt werden. CETA enthält entgegen früheren Ankündigungen auch einen Abschnitt zu den Rechten des geistigen Eigentums, wenn auch nicht in dem aus ACTA bekannten Umfang. Der Umgang mit geistigem Eigentum habe für die Interessensträger der EU jedoch eine besondere Bedeutung, erklärte de Gucht.
Die Verhandlungen über das Abkommen sollen gemäß des Zeitplans noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. Und erst dann soll – in „enger Absprache mit den Vertragspartnern“ – ein Entwurf des Textes der Öffentlichkeit präsentiert werden. Bis dahin müssen sich Beobachter auf die Informationshappen der Vertragspartner verlassen oder auf Leaks zurückgreifen, um Einblicke in den Entwurf zu erhalten. Nach Ansicht von Ehrenhauser zeigen die Verhandlungen abseits der Öffentlichkeit, dass die EU-Kommission nichts aus dem ACTA-Desaster gelernt habe. Nach wie vor setzen die Verhandlungspartner auf intransparente Geheimverhandlungen, anstatt die Öffentlichkeit rechtzeitig mit konkreten Details zu informieren.