Patentstreit: Samsung muss 1,05 Mrd. USD an Apple zahlen

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Nach kurzer Bedenkzeit von nicht einmal drei Tagen hat die US-Jury im Prozess um Patentrechtsverletzungen zwischen Apple und Samsung das Urteil gefällt: Samsung ist der weitreichenden Verletzung von Apple-Patenten schuldig gesprochen worden. Apple wurde hingegen von allen Anklagepunkten freigesprochen.

In Summe sah es die Jury unter Leitung von Richterin Koh als erwiesen an, dass alle von Apple ins Feld geführten Softwarepatente wie „Tap-to-Zoom“, der „Gummibandeffekt“ beim Scrollen sowie Zwei-Finger-Multitouch-Gesten nicht nur rechtens sind, sondern auch durch eine Vielzahl von Samsung-Geräten vorsätzlich verletzt worden seien. Darüber hinaus wurde Samsung der Verletzung der – nun rechtmäßig geschützten – Design-Patente für das iPhone 3G schuldig gesprochen. Auch hier wurde für die überwiegende Anzahl der von Apple herangeführten Geräte eine vorsätzliche Verletzung unterstellt. Keinen Erfolg hatte Apple hingegen mit dem Vorwurf, Samsung hätte auch das Design des iPad mit Geräten der Galaxy-Tab-Serie verletzt.

Für die von Samsung ins Feld geführten Patente, darunter eine Reihe von Patenten im Zusammenhang mit der UMTS-Technologie, konnte die Jury hingegen in keinem Fall eine Verletzung durch Apple feststellen. Auch hatte Samsung keinen Erfolg damit, von Apple angemeldete Patente nachträglich als unwirksam erklären zu lassen.

Apple vs. Samsung
Apple vs. Samsung (Bild: allthingsd.com)

Als sofort aus dem Urteil abgeleitete Strafe wurde Samsung zur Zahlung von 1,05 Mrd. US-Dollar an Apple verurteilt – am Ende deutlich weniger als die von Apple ursprünglich geforderten 2,5 Mrd. US-Dollar. Doch diese Zahlung dürfte erst der Anfang einer Reihe weiterer Konsequenzen für Samsung und – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – auch Android sein. Denn viele der jetzt beispielhaft im Fall von Samsung diskutierten Patentrechtverletzungen betreffen im Kern das von Google Drittherstellern bereitgestellte Mobilbetriebssystem.

Tim Cook, CEO von Apple, gab sich in einem internen Schreiben an Apple-Mitarbeiter, das 9to5mac zugespielt wurde, erwartet zufrieden.

Today was an important day for Apple and for innovators everywhere. Many of you have been closely following the trial against Samsung in San Jose for the past few weeks.

We chose legal action very reluctantly and only after repeatedly asking Samsung to stop copying our work. For us this lawsuit has always been about something much more important than patents or money. It’s about values. We value originality and innovation and pour our lives into making the best products on earth. And we do this to delight our customers, not for competitors to flagrantly copy. We owe a debt of gratitude to the jury who invested their time in listening to our story.

We were thrilled to finally have the opportunity to tell it. The mountain of evidence presented during the trial showed that Samsung’s copying went far deeper than we knew. The jury has now spoken. We applaud them for finding Samsung’s behavior willful and for sending a loud and clear message that stealing isn’t right.

I am very proud of the work that each of you do.

Today, values have won and I hope the whole world listens.

Tim

Tim Cook, Apple Inc.

Ein erstes Statement von Samsung konnten indes die Kollegen von AllThingsD einfangen:

Today’s verdict should not be viewed as a win for Apple, but as a loss for the American consumer. It will lead to fewer choices, less innovation, and potentially higher prices. It is unfortunate that patent law can be manipulated to give one company a monopoly over rectangles with rounded corners, or technology that is being improved every day by Samsung and other companies.

Consumers have the right to choices, and they know what they are buying when they purchase Samsung products. This is not the final word in this case or in battles being waged in courts and tribunals around the world, some of which have already rejected many of Apple’s claims. Samsung will continue to innovate and offer choices for the consumer.

Samsung

Apple hat in einem nächsten Schritt nun bis zum 27. August Zeit, weitere Forderungen wie Verkaufsverbote aktuell noch vertriebener Samsung-Produkte, die der Patentrechtsverletzung schuldig gesprochen worden sind, einzureichen. Samsung stehen darauf hin zwei Wochen Reaktionszeit zu. Am 20. September kommen die Kläger vor der Jury dann erneut zusammen.

Update

Mittlerweile hat Samsung die vorsitzende Richterin dazu aufgefordert, das Urteil der Jury für ungültig zu erklären, andernfalls werde der koreanische Elektronikkonzern in die Berufung gehen.

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Ergänzungen aus der Community

  • dabrain23 25.08.2012 11:40

    Viele vergessen hierbei, dass es durchaus ein Mittel gibt, um die Technologie des anderen legal nutzen zu können. Sie wir weltweit genutzt und nennt sich Lizensierung. Auch Apple hat Samsung ein Lizensierungsmodell angeboten, welches aber abgelehnt wurde. Apple ist einer von Samsungs größten Kunden. Umso schwieriger ist es, Firmengeheimnisse geheim zu halten. Lizensierung ist ein einfaches und faires Modell, bei dem andere Unternehmen von Innovationen des Urheberunternehms profitieren können, ohne dabei zu stehlen. Aber in Zeiten der bedingungslosen Gewinnmaximierung, des Kampfes um Marktpositionierungen und um Marktanteile scheint es keine Fairness zu geben (die frage ist: gab es die jemals im Kapitalismus?).

    Das Urteil ist nicht patriotisch veranlagt. Auch das Bundesgericht ist unabhängig und diese pauschale Laberei von wegen Patriotismus ist Augenwischerei. Wirtschaftlich gesehen sind beide Unternehmen enorm wichtig für die USA, weil beide Unternehmen hohe Steuereinnahmen generieren, sowie die Wirtschaft in den USA ankurbeln. Beide Unternehmen lagern ihre Produktion ins Ausland aus und auch Apple hat in den USA negative Schlagzeilen wegen steuerrechtlicher Grauzonen gemacht.
    "ArctiCMooN, post: 12583270
    Achja, du hast dich wohl sehr gut eingelesen. Apple hat 30 USD pro Smartphone und 40 USD pro Tablet als Lizenzgebühr verlangt. Das dürfte bei Firmen wie Samsung der halbe Gewinn sein. Das nennst du also fair. Und selber wollen sie die 10 USD für die Patente, die Samsung besitzt, nicht zahlen, indem sie argumentieren, dass diese deutlich zu teuer seien (FRAND und so).

    Persönlich bin ich, da ich selber Koreaner bin - wenn auch in Deutschland geboren und aufgewachsen, nachvollziehbar eher auf der Seite von Samsung. Allerdings wage ich, von mir zu behaupten, einigermaßen neutral an die Sache ranzugehen.

    Es lässt sich nicht bestreiten, dass Samsung sich von dem Design Apples hat beeinflussen lassen und mit dem SGS versucht hat, dem Iphone nachzuahmen. Dass sie dafür ne Strafe kriegen, halt ich für richtig. Über die Höhe lässt sich streiten. Wie aber einige hingehen und sagen, 1 Mrd USD wäre zu wenig/ist nix für Samsung/zahlen sie aus der Portokasse, dann muss man diesen Leuten einfach den vernünftigen Verstand absprechen. Selbst für Samsung und sogar für Apple, die ja auf so 100 Mrd USD Bargeldreserven sitzen, sind 1 Mrd USD immerhin noch 1 Mrd USD.

    Das Urteil selbst mag zwar in die richtige Richtung gehen, ist aber mMn zu einseitig und angesichts der klagenden Parteien nicht am richtigen Ort gefällt worden. Man kann sagen, was man will, aber unparteiisch ist es wohl nicht abgelaufen. Wäre irgendwie vergleichbar damit, dass Deutschland gegen England spielt, in England und mit einem englischen Schiedsrichtergespann, die - um es ganz genau zu nehmen - per Zufall gewählt wurden. Und gerade bei den Amis ("God bless America!" ....) kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass der Patriotismus unterschwellig ne Rolle gespielt hat. Die Jury wird zwar per Zufall gewählt und muss von Kläger und Verteidiger akzeptiert werden, aber wenn ein halbwegs intelligenter Mensch in die Jury gewählt wird und - unterstelle ich jetzt mal ganz gemein - mit dem Kläger sympathisiert, dann wird er/sie wohl bei der Befragung durch den Verteidiger nicht so blöd sein und die persönliche Präferenz zum Ausdruck bringen, gerade weil er/sie weiß, dass er/sie auf diese Weise "der eigenen" Partei einen großen Vorteil verschaffen kann. Somit bleibt ein Urteil, das einen sehr faden Beigeschmack hat und außerdem etwas Recht gibt, was einfach nicht passieren sollte: dem Patentsystem auf Design, welches bis dato einfach absolut unausgereift ist.

    Es wäre besser und wohl fairer gewesen, den Fall vor einem unabhängigen Gericht, zB hier in Europa, auszutragen. Allerdings hätte man dann das Problem, dass ein solches Urteil in Amerika nicht rechtskräftig wäre.
  • user4base 25.08.2012 11:51
    Zu Eurer Info

    Das ist ein Geschorenen-Urteil.
    Die Geschworenen sind Privatpersonen, die vor dem Prozess vom Gericht und Apple und Samsung ausgewählt wurden, und vor Prozessbeginn von Apple und Samsung akzeptiert wurden.

    Das Urteil haben sich die Geschworenen hart erarbeitet, in dem sie / jeder unabhängig einen Fragenkatalog von 21 Seiten beantworten mußten.
    Darin waren auch sogenannte Kontrollfragen, um die Plausibilität vorher beantworteter Fragen zu überprüfen.

    Auch wenn Apple in den USA Heimvorteil hat, fairer kann IMO kein Prozess sein.

    Die Reaktion von Samsung, durch das Urteil werde den Verbrauchern geschadet, zeigt das böse und verlogene Gesicht Samsungs.
    Denn nur durch eigene Entwicklungen findet Fortschritt statt, kopieren ist nur klauen. "wop, post: 12582996
    Mal angenommen Ferrari verklagt VW oder BMW... in Maranello (=Stammsitz von Ferrari), dann könnte man auch sagen: wo liegt das Problem? VW konnte doch auch Geschworene aus Maranello auswählen.

    Zu den Kontrollfragen:
    Geschworene müssen Fehler korrigieren

    Schon im Vorfeld hatte Samsung beantragt, das Ergebnis sofort eine halbe Stunde lang auf grobe Unstimmigkeiten prüfen zu dürfen. Die Kontrahenten einigten sich schließlich auf eine Prüfzeit von 15 Minuten, bei der tatsächlich Fehler entdeckt wurden. Die Geschworenen hatten für das Galaxy Tab 10.1 4G LTE Schadenersatz in Höhe von knapp 220.000 Dollar zugesprochen, eine Rechtsverletzung aber verneint. Für das Intercept-Modell waren 2 Millionen Dollar wegen Anstiftung (Inducement) vorgesehen, obwohl keine Patentverletzung erkannt wurde. Anstiftung zu nicht rechtswidrigem Verhalten ist aber nicht strafbar.

    Die Geschworenen wurden daher zunächst nicht entlassen, sondern zurückgeschickt, um ihre Ausführungen zu korrigieren. Wenig später baten sie um genauere Instruktionen, welche Widersprüche sie eigentlich aufklären sollten. Dies veranlasste die Live-Blogger von The Verge zu einer süffisanten Bemerkung: "Nur um das klarzustellen: Bei 700 Fragen brauchten sie keine Instruktionen. Aber wenn sie vor zwei Entscheidungen stehen, brauchen sie Anleitung."
    http://www.heise.de/mobil/mel…-an-Apple-zahlen-1675019.html
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    Samsung eine billige Kopierstube?
    Ganz so ist es nicht. Samsung Electronics hat alleine im Jahr 2010 inkl. Forschung und Entwicklung 12,7 Milliarden Euro investiert (~3,5 Mrd. Euro in Flüssigkristall-Displays, ~1,5 Mrd. in Handy und TV…). Das ist mehr als Intel, IBM und Sony zusammen.
  • fuzelkoenig 25.08.2012 12:25
    Also ich finde das Urteil an sich in Ordnung, nicht weil ich Applefan oder Samsung-Hasser bin, sondern weil es gerecht ist.
    Immerhin war es vorsätzlich von Samsung, allen Warnungen von Google und eigenen Mitarbeitern zum trotz.
    Dazu hat Samsung es ja auch zugegeben, kopiert zu haben.

    Wer so einfallslos und dreist kopiert, gehört bestraft!
    Und wer hier jetzt wieder rum meckert... macht euch erstmal schlau, wie viele Klagen es weltweit in unterschiedlichen Branchen gibt, die sich auf Kopien beziehen!
    Einzig Apple und Samsung scheinen interessant zu sein und Leser zu locken...

    Ich hoffe nur, dass Samsung nun endlich mal eigene Designs entwürft!
    Wer wünscht sich schon eine Welt, in der ALLES gleich aussieht?
    ich nicht!!!

    Aber mal davon abgesehen... wenn sich solch ein Weltunternehmen vor Gericht so schlampig präsentiert, muss es sich nicht wundern, wenn es da nichts zu holen gibt.
    Das war doch einfach nur lächerlich, was Samsung da geboten hat und das bei solch hohen Kosten.


    €dit:
    Es scheint immernoch genug Leute zu geben, die meinen, dass ein Smartphone runde "Ecken" haben und wie ein iPhone aussehen muss.
    Da sieht man mal, wie einfallslos viele Leute sind.

    In diesem ganzen Theater kann ich immer nur Nokia + Microsoft als bestes Beispiel nennen.
    Sicher ist hier nicht alles auf deren Mist gewachsen, aber immerhin schaffen sie es, sich vom iPhone, iOS und Android abzusetzen.
    Das sollte doch Beweis genug sein, dass es nicht immer nur eine Richtung gibt, wie viele meinen.

    Inspirieren lassen ist eine Sache...
  • Meridian1 25.08.2012 13:00
    Leute, es ist ein Urteil in erster Instanz, Samsung wird in Berufung gehen und ich bin mir sicher, sie werden sich irgendwann einigen. Von einem Sieg hat Apple auf Dauer nichts, dazu sind sie vielzusehr auf Samsung angewiesen und umgekehrt.

    Ich persönlich finde ja die aktuellen Nokia Lumia stellen haptisch und vom Design das Maß aller Dinge dar.
  • Heelix 25.08.2012 15:34
    Es ist Traurig das man es immer wieder schreiben muss aber, das trift es einfach am besten:

    ich weiß gar nicht was hier rumdiskutiert wird, bei der Beweislast war kein anderes Urteil möglich!

    Man hat mit den Samsung-Dokumenten sozusagen ein 'Foto vom Mörder am Tatort mit dem blutigem Messer in der Hand' vorgelegt, wenn man das mal so übertragen will.

    Also an was wird hier gezweifelt?

    Der Vollständigkeit halber hier der Link zur Samsung-Kopieranleitung; 132 Seiten

    http://www.scribd.com/doc/102317767/...t-on-S1-iPhone
    Urheber des Zitat