Brasilianische Zeitungen wenden sich von Google News ab

Maximilian Schlafer
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Wie gemeinhin bekannt ist, hat Google in der vergangenen Woche gegenüber den französischen Verlagshäusern seine Muskeln spielen lassen und mit einem Verlinkungsstopp gedroht. Nun sind brasilianische Zeitungen, die mit Google ebenfalls wegen Vergütungsstreitigkeiten im Clinch liegen, dieses Problem mit mehr Verve angegangen.

Wie das Knightscenter der Universität Texas berichtet, haben 154 brasilianische Zeitungen beschlossen, ihre Inhalte nicht mehr auf Google-News bereitzustellen. Dieser Entscheidung war ein Disput darüber vorausgegangen, ob Google den Zeitungen für die Einblendung von Werbung neben den Links zu den Zeitungsartikeln eine Vergütung entrichten soll. Er wurde unter anderem während der „Inter American Press Association 68th General Assembly“ ausdiskutiert, die zwischen dem 12. und 16. Oktober in São Paulo statt fand.

Google hatte sich dagegen ausgesprochen und sich dabei, wie auch schon in der Argumentation im französischen Streitfall, darauf gestützt, dass man den Medien durch die Verlinkung ohnedies einen großen Nutzerzustrom mit all seinen ökonomischen Vorteilen beschere. Ein Restaurantbesitzer würde ja schließlich auch nicht einen Taxi-Fahrer mit einer Abgabe belegen, weil dieser seine Gäste herbeichauffiere.

Für die brasilianischen Zeitungen ist das jedoch kein valides Argument, sie empfinden die Anzahl der auf diese Weise zu ihnen geleiteten Nutzer als zu gering. Diese würde es nicht rechtfertigen, ihre Inhalte ohne geldwerte Gegenleistung zu nutzen. Als weiteres Gegenargument wurde vorgebracht, dass Googles Nachrichtenplattform im Grunde selbst eine Konkurrenz für die Zeitungen sei, da sie wie eine Homepage funktioniere und sich deren Inhalte bediene.

Da man mit Google letztlich zu keiner Einigung kommen konnte, die Nutzerzuströme durch Google auch nicht den Erwartungen entsprechen und man sogar davon ausgehe, dass durch die Darstellung der Artikelausschnitte Nutzer gar von einem Seitenbesuch abgehalten würden, entschied man sich zu diesem Schritt.

Dieser wird den Zeitungen auch dadurch erleichtert, dass nach den Angaben von Knightscenter die Reichweite von Google News am brasilianischen Markt eher gering ist. Daher erscheint der Wegfall dieser Reichweite den Zeitungen als ein angemessener Preis für den Schutz ihrer Marken und Inhalte, so ihr Sprecher Carlos Fernando Lindenberg Neto, Präsident der National Association of Newspapers in Brazil.

Jedoch sieht man diesen Schritt nicht als endgültig an, vielmehr würden sich die brasilianischen Verlage wünschen, dass man unter Anerkennung der gegenseitigen Wichtigkeit in der Wertschöpfungskette an den Verhandlungstisch zurückkehren könne. Von Google liegt dazu noch keine Stellungnahme vor. Die normale Suchfunktion von Google ist durch diesen Schritt nicht betroffen, dort können die betreffenden Inhalte noch immer abgerufen werden.

Im Übrigen ist noch zu erwähnen, dass es sich bei dieser Problemstellung um die selbe handelt, die derzeit auch in Deutschland intensiv diskutiert wird.

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  • Maximilian Schlafer E-Mail
    … ist die erste Anlaufstelle für alles, was Recht ist auf ComputerBase. Paragraphen haben es ihm angetan.
Quelle: knightcenter.utexas.edu

Ergänzungen aus der Community

  • epospecht 21.10.2012 14:24
    Um mal die andere Seite der Medaille zu betrachten: Google nutzt fremde Inhalte (und das sind auch Zeitungsausschnitte), verdient damit Geld und will nichts vom Kuchen abgeben. Auch nicht unbedingt der richtige Weg. "MilchKuh Trude, post: 12872990
    Wie will Google denn sonst die Leute dazu bringen auf die entsprechenden Links zu klicken?
    Oder klickst du bereitwillig auf irgendwelche Headlines (Die ja auch schon ein Teil des LSR sind)? Aus den Snippets gehen in der Regel keine umfassenden Informationen hervor. Sie sind nur ein Teaser um die eigentliche Website zu besuchen. Zumal der Webseiten-Betreiber selbst festlegt was die Google-Bots erfassen.

    und man sogar davon ausgehe, dass durch die Darstellung der Artikelausschnitte Nutzer gar von einem Seitenbesuch abgehalten würden,
    Haha, da hat man ja ein tolles Zutrauen in die Qualität der eigenen Schreibe.
    Schöner könnte man den propagierten "Qualitätsjournalismus" gar nicht umschreiben XD
  • rgf1234 21.10.2012 14:28
    Bin beratend für Tageszeitungen tätig und die haben ein massives Problem durch das sich verändernde Konsumverhalten der Menschen, insbesondere bei jüngeren Menschen. Die Auflagen sind seit Jahren rückläufig, die Prognose sieht ebenso dunkel aus.
    Der Knackpunkt für den Markt der Tageszeitungen ist m.M.n. die fehlende Aktualität. Ich z.B. konsumiere über Spiegel.de meine Nachrichten. Da verdient keine Homepage meiner Tageszeitung dran. Lokale Werbung: wozu? Ich kann doch alles im Internet shoppen. Lokale Veranstaltungen: es gibt doch Veranstaltungskalender für jede größere Stadt.
    Meiner Meinung nach werden die Tageszeitungen auch in Brasilien doch noch mehr Traffic verlieren. Nationale und internationale News bekommt man auf jeder Seite: in Deutschland z.B. n-tv, Spiegel.de, tagesschau. Für alles andere habe ich oben schon Alternativen genannt.
    Wünsche den Tageszeitungen in Brasilien jedoch viel Erfolg bei ihrem "Testballon". Mal sehen, ob ich falsch liege und ob das Modell vielleicht doch zieht...
  • HighTech-Freak 21.10.2012 14:35
    Die Gier kennt keine Grenzen!
    dass man den Medien durch die Verlinkung ohnedies einen großen Nutzerzustrom mit all seinen ökonomischen Vorteilen beschere
    Eben... so ist es. Google News zeigt einem NUR die Headline und ein paar Zeilen des Artikels.
    Sobald man auf den Link klickt kommt man DIREKT auf die Seiten der Zeitungen/News-Portale.

    Man soll nicht die Hand beißen, die einen füttert... Selten dumme Leute. Verblendet von der Gier.

    MfG, Thomas
  • epospecht 21.10.2012 14:39
    @rgf1234: Wenn der Knackpunkt nur die Aktualität ist, dann dürfte es Wochenzeitungen gar nicht geben. Zudem ist die Aktualität nur dann entscheidend, wenn der Konsument auch bereit ist dieser Aktualität auch zu frönen. Also sich nicht nur morgens am Kaffeetisch zu informieren, sondern alle 2-3 Stunden auf den News-Seiten rumzuhängen.

    Das Problem ist doch vielmehr, dass der User durch den Zugriff auf enorm viele Quellen, selektiv lesen kann, und so die Quersubventionierung innerhalb einer Tageszeitung nicht mehr tragen muss.
    Ich meine, wer liest schon seine FAZ zur Gänze durch. Bisher hat man immer sein Geld dafür bezahlt, einige wenige Artikel zu lesen und viel Altpapier zu erzeugen. Damit ist halt jetzt Schluss.

    Man muss aber auch sagen, dass die ganzen aktuellen Inet-News fast nur noch Agenturmeldungen sind. Und die sind, wenn auch ordentlich verfasst, sehr oberflächlich und Schema F.
    Ein Markt für gut aufbereitete Artikel (vor allem im Bereich des Layouts und der Grafik liegt im Web ja noch viel im Argen) ist also immer noch vorhanden. Nur nicht mehr in Verbindung mit einem teuren, dicken und ungewollten Papierstapel.

    Und bitte: Die Besprechung von lokalen Inhalten in einer Zeitung und die Nutzung dieser unsäglichen Veranstaltungskalender im Internet: Da liegen doch wirklich Welten dazwischen...
  • Starnose 21.10.2012 15:41
    Himmel, hilf! Merkt hier jemand eigentlich, wie einseitig argumentiert wird? Google = gut. Verlage = böse. Mitnichten!

    Google verlinkt auf fremde Inhalte und zeigt dazu Werbung. Der Verlag, der die Info anbietet, hat davon erstmal nichts bis wenig. Es ist doch nicht so, als wäre Google bei dem ganzen Spiel der reine Wohltäter. Dieses immer wieder hervorgekramte Taxi-Argument zieht da meines Erachtens auch nicht wirklich. Der Taxifahrer serviert auf seiner bezahlten Fahrt zum Restaurant schließlich keine kostenlosen Vorspeisen des Restaurants.

    Ich finde es da nur legitim, wenn die Verlage Kosten und Nutzen abwägen und dementsprechend mit Google News umgehen. Zeigt sich, dass dadurch Leser auf die eigene Seite gelangen, kann man nebeneinander arbeiten. Zeigt sich, dass es nicht hinhaut, sollte man eben die robots.txt anpassen und Google ausschließen.

    Aus diesem Grunde halte ich auch das Leistungsschutzrecht für völlig verfehlt. Statt ein Ungetüm durch den Gesetzgebungsvorgang zu schleusen und mögliche Kollateralschäden anzurichten, sollten zunächst die Verlage in die Verantwortung genommen und möglichen Maßnahmen ergriffen werden. Aber da wird natürlich lieber Panik verbreitet...

    Also mein Fazit: kritisieren kann (und sollte) man beide Seite. Google für die Wohltäter-Mentalität, während mit fremden Inhalten verdient wird. Die Verlage hingegen dafür, dass sie für ihr jahrelanges Unvermögen, online tragfähige Bezahlkonzepte zu etablieren nun die Politik ins Boot holen und das böse Google bekämpfen, statt selbst tätig zu werden.