Gewährleistung trotz Root und Flash?
Das „Rooten“ eines Android-Gerätes oder das Aufspielen eines Custom-Rom gehören für viele Benutzer bereits zum Alltag. Anders sieht es hingegen bei den Verkäufern aus, vielen Benutzern wird bei defekten Geräten die Reparatur verweigert – oft zu unrecht, wie jetzt die FSFE herausgefunden haben will.
Android bringt zwar von Haus aus schon ein Menge Möglichkeiten mit, das System ganz nach seine Vorstellungen einzurichten und zu verwenden. Doch damit besitzt man keinen kompletten Zugriff auf das jeweilige Gerät. Möchte man das Gerät bis ins Kleinste unter seine Kontrolle bringen, benötigt man einen sogenannten „Root“-Zugriff.
Beliebt ist auch das Aufspielen alternativer Android-Versionen, sogenannten Custom Roms, bei denen es sich um inoffizielle Firmwares handelt, welche nicht vom Hersteller veröffentlicht wurden. Diese sind oftmals die einzige Möglichkeit, um auch aktuelle Android-Versionen verwenden zu können, wenn der Hersteller die Unterstützung schon lange eingestellt hat. Auch zusätzliche Funktionen oder gänzlich andere Android-Versionen, wie zum Beispiel die gerade in Japan und Korea geschätzte MIUI-Variante, welche sich auch bei uns immer größerer Beliebtheit erfreut, stellen einen großen Mehrwert für den Benutzer dar.
Bei defekten Android-Geräten, welche entweder einen Root-Zugriff oder eine andere Firmware verwendeten, haben die verkaufenden Händler in der Vergangenheit unterschiedlich reagiert. Während manche Defekte ohne Murren wieder in Ordnung bringen ließen, verweigerten andere gänzlich die Instandsetzung, da die Mängel ihrer Ansicht nach erst durch den Nutzer hervorgerufen worden waren. Noch undurchsichtiger verhält es sich bei Samsung: Das Unternehmen beauftragt bei eingehenden Gewährleistungsfällen mehrere Partner mit der Reparatur der hauseigenen mobilen Geräte. Samsungs Partner handhaben solche Angelegenheiten aber sehr unterschiedlich: Während das Gerät des einen Benutzers ohne Einwände repariert wird, wird die Reparatur beim gleichen Defekt und unter den gleichen Voraussetzungen bei einer anderen Werkstatt mit Verweis auf den Fremdeingriff verweigert.
Jetzt meint die Free Software Foundation Europe (FSFE) herausgefunden zu haben, dass diese Handhabung gegen europäisches Recht verstößt. Laut der EU-Verordnung 1999/44/CE bleibt die Gewährleistung auch bei modifizierten Geräten bestehen. Diese erlischt innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Schaden eben durch diesen Eingriff des Kunden verursacht wurde. In den darauf folgenden 18 Monaten gilt sie prinzipiell zwar ebenso, jedoch muss dann der Kunde beweisen, dass der Defekt nicht von ihm stammt. Der Defekt muss in beiden Fällen aber zumindest seinem Wesen nach zum Zeitpunkt der Übergabe des Gerätes an den Kunden bestanden haben.
Ein solcher Beweis dürfte sich allerdings im Einzelnen als schwierig erweisen – auch, weil die Kosten für diesen Nachweis oftmals die der eigentlichen Reparatur übersteigen. Nicht selten hat der vorhandene Schaden überhaupt nichts mit der Modifizierung des Gerätes zu tun, zum Beispiel bei einem Defekt im Display oder am Gehäuse.
Im Übrigen ist noch anzumerken, dass es neben der hier behandelten Gewährleistung, die ein gesetzlich gewährleistetes Recht ist – das man beim Händler geltend macht, auch noch die herstellereigene Garantie gibt. Bei dieser ist der Händler rechtlich gar nicht involviert, sie ist vielmehr eine freiwillige Leistung des Herstellers. Daher kann dieser auch die Bedingungen dafür nach seinen Vorlieben ausgestalten. Verstößt der Kunde in weiterer Folge gegen diese und verliert so die Garantie, hat er aber immer noch sein Gewährleistungsrecht.
Wie sich die Hersteller oder Verkäufer in Zukunft verhalten werden, ist aber ungewiss. Wenn diese eine Reparatur ablehnen, bleibt dem Kunden oftmals nur der Gang vor Gericht. Ob sich dieser wegen des geringen Streitwertes allerdings lohnt, steht auf einem anderen Blatt.