Ein Jahr danach: Mega startet durch
Auf den Tag ein Jahr nach der Zerschlagung von Megaupload startet Kim Dotcom Schmitz seinen neuen Service, der nicht nur vom Namen Mega her Ähnlichkeiten aufweist. Unter anderen durfte die Seite Torrentfreak einen Tag vor dem Start einen genaueren Blick auf den neuen Dienst und hinter die Kulissen werfen.
Während Kim Dotcom noch auf sein Verfahren wegen Auslieferung an die USA wartet, um sich dort diverser Anklagen zu stellen, die von Begünstigung von Urheberrechtsverletzungen bis hin zur Bildung einer kriminellen Vereinigung reichen, wollte er es sich nicht nehmen lassen, seinen neuen „Cloud Storage“-Dienst, wie er ihn zu nennen pflegt, am Jahrestag der Hausdurchsuchung vor einem Jahr zu starten.
Mega, das als Slogan mit der Bezeichnung „The Privacy Company” wirbt, verschlüsselt im Browser alle hochzuladenden Daten automatisch, so dass nur der Besitzer der Daten den Inhalt kennt, es sei denn, er teilt den privaten Schlüssel mit jemandem. Das Verschlüsseln funktioniert laut Aussagen der Kollegen von Torrentfreak einwandfrei. Die Aussage „Dieses Portal wird Ihnen helfen, das geheim zu behalten, was geheim bleiben soll.“ scheint also erst einmal erfüllt, auch wenn der Zweck der Verschlüsselung wohl eher ist, das Kim Dotcom behaupten kann, er habe keine Kenntnis von den gehosteten Inhalten und habe auch keine Mittel, Kenntnis darüber zu erlangen. Ein neues Katz- und Mausspiel wird ansetzen, wenn die ersten Schlüssel zu Files auf Mega auf den einschlägigen Warez-Seiten auftauchen.
Ansonsten gibt es bei Mega vom Aufbau her wenig Unterschiede zum Vorgänger Megaupload, der angeblich zeitweise für vier Prozent des weltweiten Internetverkehrs verantwortlich gewesen sei. Der Dateimanager ist bereits auf Verwaltung von Kontakten des geplanten „sozialen Netzes“ vorbereitet, mehr ist aber davon bisher noch nicht zu sehen.
Das Preismodell des neuen Dienstes kennt neben dem Free-User-Status drei gestaffelte Premium-Accounts. Kann der Free-User nach erfolgter Registrierung mit sechs gleichzeitigen Up- oder Downloads insgesamt 50 GB kostenlos belegen, so reicht der Pro I genannte günstigste Premium-Account bei einem Preis von knapp 10 Euro pro Monat für 500 GB Daten bei einem TB Bandbreite. Der Tarif Pro II für knapp 20 Euro hat ein Limit von zwei TB und darf vier TB Bandbreite verbrauchen, während Pro III für rund 30 Euro monatlich vier TB Speicherplatz bei einer Bandbreite von acht TB bietet.
In einem derzeit öffentlich nicht zugänglichen Blogeintrag hat Kim Dotcom auf viele Eigenschaften verwiesen, die aus Zeitmangel erst nach der Veröffentlichung der Plattform sukzessive hinzugefügt werden können. Die Kollegen von Techcrunch haben die Liste publiziert. Dabei ist unter anderem von Instant Messaging und privaten User-zu-User-Nachrichten sowie verschlüsseltem Dateiaustausch die Rede und es reicht bis hin zu Google-Docs-Funktionalität mit Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Außerdem werden Clients für alle wichtigen Plattformen, sowohl für den Desktop als auch für mobile Geräte versprochen.
Der Slogan “The Privacy Company” wird allerdings von den Geschäftsbedingungen teilweise ad absurdum geführt. Ist es noch völlig klar, dass Mega auf Anfragen basierend beispielsweise auf dem Digital Millennium Copyright Act mit den Behörden zusammenarbeiten muss, so werden sich manchem die Haare sträuben, was die Vorhaltung der Nutzerdaten angeht. Neben den Anmeldedaten werden Kommunikations-Aufzeichnungen, Daten über den jeweils verursachten Verkehr und das Seitennutzungsverhalten nebst der IP-Adresse gespeichert. Befremdlich auch der Satz: „Jegliche persönliche Information, die mit den Daten auf unsere Systeme hochgeladen wird, [wird gespeichert], inklusive, aber nicht limitiert auf die Anmeldedaten.“ Noch obskurer erscheint eine Formulierung zur Kreditwürdigkeit: „Wir können jegliche Information, die wir über Sie als Nutzer haben, verwenden und an jeden anderen zur Einschätzung der Kreditwürdigkeit oder zum Ziel der Beitreibung von Verbindlichkeiten weitergeben“. Andererseits reicht zur Registrierung ein Pseudonym und eine gültige E-Mail-Adresse sowie ein Passwort, eine weitere Überprüfung der Daten findet angeblich nicht statt.
Der neue Dienst wird am Sonntag auf einem Presse-Event in „Kim-Dotcom-Manier“ mit Pauken, Trompeten und großen Worten der Öffentlichkeit übergeben. Alles ändert sich – alles bleibt gleich?
Der gestrige Start von Mega verlief, wie nicht anders zu erwarten, turbulent. Von der ersten Sekunde an bombardierten potenzielle Nutzer aus aller Welt die Server des Unternehmens mit Registrierungen. Dotcom sagte dazu auf Twitter: „Ich habe so etwas noch nie gesehen, innerhalb von zehn Minuten von Null auf zehn Gigabit Bandbreite.“ Einige Stunden später erreichte der Dienst bereits 250.000 Registrierungen. Selbst wenn das Anlegen eines Kontos noch funktionierte, waren die Server dem Upload-Volumen der ersten Stunden nicht gewachsen, so dass viele Nutzer erst einmal keine Daten hochladen konnten. Im Verlauf des Abends waren die Server trotz aller Versuche seitens der Administratoren, die Last zu verteilen, nicht mehr erreichbar. Dotcom nahm es anscheinend gelassen und sagte, nachdem der erste Ansturm vorbei sei, sei alles in Ordnung. Mittlerweile sind die Server wieder erreichbar und eine Registrierung problemlos möglich.
Kim Dotcom nutzte die Gunst der Stunde, wo viele ihn auf Twitter verfolgten, um ein weiteres Vorhaben zu enthüllen. Es geht um MegaMovie. Bisher ist lediglich bekannt, dass es dabei adäquat zum ebenfalls geplanten MegaBox nicht um Musik, sondern um Filme und Fernsehserien gehen wird.
Dotcoms Kommentar dazu auf Twitter: Look at this @MPAA. Lets talk!.
Während Kim Dotcom angibt, in den ersten 24 Stunden bereits über eine Million Registrierungen für Mega erhalten zu haben, baut sich auch bereits der erste Gegner auf, der den Dienst stoppen will. Die australische Anti-Piraterie-Gruppe StopFileLockers, geleitet von dem Porno-Vertreiber Robert King, der auch als „AdultKing“ bekannt ist, tritt auf den Plan und behauptet, jetzt bereits Beweise für Verstöße gegen Copyright zu haben, bleibt den Beweis allerdings vorerst schuldig.
Sein Plan, um Mega in die Knie zu zwingen, setzt beim Geldfluss an. Mega benutzt weltweit sogenannte Reseller, um die kostenpflichtigen Mega-Accounts abzurechnen und diese Reseller bedienen sich dazu den Diensten von PayPal. Die Gruppe ist sich sicher, dass PayPal mit Mega niemals zusammenarbeiten wird, da PayPal eine proaktive Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen bei Firmen voraussetzt, die seine Finanzdienste nutzen wollen. King versichert der Seite Torrentfreak im Interview: „Mega erfüllt niemals die Geschäftsbedingungen von PayPal“. Eine proaktive Filterung sei aber aufgrund der Verschlüsselung der Daten, bevor sie auf den Servern von Mega landen, unmöglich. Kim Dotcom hat sich zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert.