„Modernisierung des Datenschutzes ist überfällig“
Bundesdatenschützer Peter Schaar bemängelt in dem Tätigkeitsbericht für die Jahre 2011 und 2012 die fehlenden Fortschritte bei der Modernisierung des Datenschutzes. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen die Bundesregierung, hinzu kommen Vorwürfe gegen Unternehmen wie Facebook und Google, die umfassende Datenberge anlegen.
Datenschutzrechtliche Fragen haben laut Schaar eine immer größere Bedeutung, vor allem wenn Daten über das Verhalten der Nutzer gesammelt werden. „Zeitgemäße Regelungen zum Umgang mit der Informationstechnik sind dringlicher denn je“, so der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in dem Tätigkeitsbericht. Verglichen mit den Herausforderungen wären die politischen und rechtlichen Fortschritte beim Datenschutz jedoch nur sehr bescheiden, die von der Bundesregierung angekündigten Verbesserungen seien nur ansatzweise realisiert worden. Seine Hoffnungen setzt er auf die anstehende EU-Datenschutzreform, auch wenn diese frühestens 2015 in Kraft tritt. Das von der Europäischen Kommission angeschobene Vorhaben biete die Chance, den Datenschutz zeitgemäß zu gestalten und die Datenschutzvorgaben effektiver durchzusetzen. „Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie sich in diesem europäischen Gesetzgebungsprozess für ein hohes und effektvolles Datenschutzniveau engagiert und konstruktiv einbringt“, so Schaar.
Grundsätzlich müsse der technologische Datenschutz gestärkt werden, der vorgelegte Entwurf enthalte dafür gute Ansätze wie „Privacy by Design“, datenschutzfreundliche Voreinstellungen sowie Datenschutzfolgeabschätzungen. Diese müssten allerdings noch ausgebaut werden, wichtig ist ihm insbesondere, dass einer Zusammenführung von personenbezogenen Daten zu Profilen sowie deren Nutzung eng begrenzt werde. Das müsse auch für US-Unternehmen wie Google oder Facebook gelten; wenn diese mit personenbezogenen Daten von europäischen Nutzern arbeiten wollten, müsse das im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht stehen.
Das derzeitige datenschutzrechtliche Verhalten von Google und Facebook prangert Schaar an, auch wenn man zumindest bei Facebook Fortschritte erzielt hätte – etwa beim Abschalten der Gesichtserkennung für alle Nutzer aus den europäischen Mitgliedstaaten. Dennoch würden viele rechtliche Fragen zum Datenschutz offen sein. Um die Verstöße von Google gegen europäische Datenschutzbestimmungen zu ahnden, arbeiten derzeit die Datenschutzbehörden mehrerer europäischer Mitgliedstaaten in einer gemeinsamen Initiative zusammen.
Schaars Vorwürfe richten sich aber nicht nur gegen US-Unternehmen. Der Datenschutzbeauftragte sieht es kritisch, dass die Sicherheitsbehörden auch in den vergangenen zwei Jahren mit zusätzlichen Befugnissen und Instrumenten ausgestattet wurden, ehe die Aufarbeitung der Ursachen und Fehlentwicklungen abgeschlossen war. Dazu zählt er etwa den Ausbau von Video-Überwachung und die Anti-Terror-Daten. Kritisch sieht er zudem die Forderungen nach einem Staatstrojaner, weil es etwa für den von Sicherheitsbehörden und einigen konservativen Politikern geforderten Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) keine rechtliche Grundlage gebe. Ähnliches gilt für die Vorratsdatenspeicherung, hier fordert er die Regierung dazu auf, statt einer Wiedereinführung sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die entsprechende EU-Richtlinie zurückgenommen werde.