Telekom verteidigt Drosselpläne vor Regulierungsbehörden
Die Bundesnetzagentur prüft derzeit die Pläne der Telekom, ab 2016 die Geschwindigkeit von Breitband-Anschlüssen ab einem bestimmten Datenvolumen zu drosseln. Nun hat der Konzern einen elf Fragen umfassenden Katalog der Bundesnetzagentur beantwortet, berichtet die Welt, der das Antwortschreiben vorliegt.
Demzufolge sollen auch einige Dienste aus dem IPTV-Paket Entertain auf das begrenzte Datenvolumen angerechnet werden. Offensichtlich reagiert die Telekom mit dieser Entscheidung auf die zahlreichen Vorwürfe, die Ausnahme für Entertain wäre ein Verstoß gegen die Netzneutralität, weil die Telekom eigene Dienste gegenüber der Konkurrenz bevorzugt. Dieser Kritik entgegneten die Telekom-Verantwortlichen bislang, bei Entertain handele es sich praktisch nicht um das freie Internet, sondern ein von den Landesmedienanstalten reguliertes Angebot, für das die Kunden ohnehin Extragebühren zahlen müssten.
Von diesem Standpunkt hat man sich offenbar verabschiedet, lediglich „einzelne Bestandteile“ von Entertain sollen nicht unter die Volumengrenze fallen. Dazu zählen das lineare TV-Angebot sowie der Zugang zu dem TV-Archiv, während der Traffic von Diensten wie der Telekom Cloud samt dem dazugehörigen Mediencenter angerechnet wird. Auf der Kippe steht momentan der in Entertain integrierte Video-on-Demand-Dienst (VoD) Videoload. „Ob auch das integrierte VoD-Angebot Videoload zukünftig aus der Berechnung des Highspeed-Volumens und von der Bandbreitenbegrenzung ausgenommen wird, ist noch nicht entschieden“, zitiert die Welt aus dem Antwortschreiben der Telekom.
Der Konzern unterscheidet also nicht mehr zwischen dem Entertain-Paket und dem herkömmlichen Breitband-Anschluss, sondern zwischen dem klassischen TV-Angebot und Internetdiensten. „Eine wie auch immer geartete Sonderstellung von Internetdiensten der Telekom gibt es nicht“, heißt es in dem Schreiben. Sofern die Volumenbegrenzung wie geplant umgesetzt wird, soll ein „entsprechendes, diskriminierungsfreies Vorleistungsangebot für alternative Diensteanbieter einzuführen“.
Allmählich gewinnt das von der Telekom anvisierte Geschäftsmodell an Kontur, mit dem der Konzern offenbar die Milliardeninvestitionen für den geplanten Netzausbau stemmen will. Entsprechende Pläne kursieren bei der Telekom seit Jahren. Portale wie YouTube oder Spotify müssen demzufolge zahlen, wenn ihre Nutzer die Dienste ohne Einschränkungen nutzen sollen. Mit den überarbeiteten Drosselplänen gelten aber nun für alle Internetdienste dieselben Bedingungen, werde der Wettbewerb trotz Volumengrenze nicht beeinträchtigt, soll vermutlich die Botschaft lauten.
Kartellamt zeigt sich skeptisch gegenüber den Telekom-Plänen
Bei den Regulierungsbehörden herrscht dennoch Skepsis. „Wenn die Telekom Inhalteanbietern erlauben will, sich von einer Datendrosselung freizukaufen, hat dies möglicherweise Folgen für den Wettbewerb“, sagte der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Telekom steht ohnehin unter besonderer Beobachtung der Wettbewerbshüter, bedingt durch die „marktmächtige“ Position mit 12,4 Millionen Breitband-Anschlüssen, die einem Marktanteil von 45 Prozent entsprechen. Sollten nun „kleine Anbieter nicht in der Lage sein, sich eine prioritäre Behandlung zu erkaufen“, drohen diesen „erhebliche Marktzutrittsschranken“, erklärte Mundt.
Diesbezüglich stimmt er zwar mit den Bürgerrechtlern überein, die solche Pläne als Zwei-Klassen-Internet bezeichnen, in den lautstarken Kritiker-Chor reiht Mundt sich dennoch nicht ein. Für ihn werde es erst dann problematisch, wenn die Netzneutralität berührt werde, die Preisgestaltung der Tarife wäre aber Sache der Telekom. Dabei stehe es dem Konzern auch frei, die Tarife abhängig vom Datenverbrauch zu staffeln. Laut Mundt besteht kein „Grundrecht auf Flatrates für schnelles Internet“. Ein abschließendes Urteil über die geplanten Tarife haben die Kartellwächter noch nicht gefällt, konkrete Details zu den Drosselplänen sind nach wie vor nicht final festgelegt.
Grundsätzlich muss die Telekom allerdings die Kunden besser informieren. So erwarten die Regulierungsbehörden, dass für Kunden jederzeit das bereits verbrauchte Datenvolumen abfragbar ist. Darüber hinaus muss bekannt sein, bei welchen Diensten der Traffic auf die Volumengrenze angerechnet wird. Bei der Telekom entstehen bereits entsprechende Pläne, nach denen Kunden etwa per E-Mail oder etwa SMS einen Hinweis über den aktuellen Verbrauch erhalten, sofern dieser einen bestimmten Wert überschreitet.
Ebenfalls noch nicht abschließend geklärt ist die gedrosselte Geschwindigkeit, wenn die Volumengrenze überschritten wird. Derzeit liegt diese bei 384 Kilobit pro Sekunde, ist aber noch nicht final. Die Begrenzung greift ohnehin erst ab 2016, deswegen habe man zunächst einen niedrigen Wert in den AGB festgeschrieben, heißt es in der Antwort der Telekom an die Bundesnetzagentur. Den Wert könne man bei Bedarf problemlos „den Marktgegebenheiten entsprechend“ anheben, weil es sich dabei um „eine Verbesserung für den Kunden“ handelt. Müsste die gedrosselte Geschwindigkeit aber nach unten korrigiert werden, erhalten betroffene Kunden ein Sonderkündigungsrecht – das will die Telekom vermeiden.
Zumal die Telekom erstmals konkrete Zahlen nennt, denen zufolge wesentlich mehr Nutzer die Volumengrenze erreichen. Das oftmals wiederholte Mantra von den drei Prozent an „Extremnutzern“, die überhaupt von der Drossel betroffen wären, scheint so nicht haltbar. Bereits heute würden 3,65 Prozent der Telekom-Kunden das Inklusiv-Volumen ausreizen. Ein Großteil entfällt auf Nutzer von Tarifen mit Geschwindigkeiten bis zu 16 Mbit/s, weil die Volumengrenze bereits bei 75 GB greift. Mit 0,24 Prozent entfällt nur ein geringer Teil auf Kunden mit Tarifen von 50 Mbit/s und mehr, allerdings beinhalten diese Tarife auch ein Datenvolumen zwischen 200 GB und 400 GB.