Digitale Total-Überwachung durch „XKeyScore“?

Andreas Frischholz
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Digitale Total-Überwachung durch „XKeyScore“?
Bild: The Guardian

Der Bundesnachrichtendienst (BND) und der Verfassungsschutz sollen das NSA-Programm „XKeyScore“ nutzen, mit dem Analysten von Geheimdiensten offenbar Informationen aus den verschiedenen Datenbanken der einzelnen Überwachungsprogramme zusammenführen können, berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe.

Dem Nachrichtenmagazin liegen die entsprechenden Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden vor, zu denen interne NSA-Präsentationen vom Februar 2008 zählen. Denen zufolge handelt es sich bei „XKeyScore“ um ein Analyse-Tool, das etwa die bei Suchanfragen anfallenden Metadaten einer bestimmten Person zuordnen kann. Sucht eine Zielperson zum Beispiel bei Google Maps nach einem verdächtigen Zielort, lässt sich rückwirkend ermitteln, welche Suchbegriffe diese Zielperson zuvor in die Web-Suche eingegeben hat, wie eine von der brasilianischen Zeitung O Globo veröffentlichte NSA-Folie zeigt.

XKeyscore bietet darüber hinaus eine „full-take“-Option, mit der über mehrere Tage hinweg alle ungefilterten Daten aufgezeichnet werden. Die Datenspeicherung beschränkt sich dann nicht mehr auf Metadaten, sondern umfasst zum Teil auch Kommunikationsinhalte. Laut Spiegel ermöglicht das Tool „annähernd die digitale Totalüberwachung“. Allein in Deutschland sollen im Dezember 2012 rund 180 Millionen Datensätze von XKeyScore erfasst worden sein. Insgesamt sammelt die NSA hierzulande pro Monat rund 500 Millionen Verbindungsdaten.

Deutsche Geheimdienste verwenden XKeyScore ebenfalls

Das Analyse-Tool ist dem Spiegel-Bericht zufolge kein exklusives NSA-Werkzeug, sondern auch beim BND und Verfassungsschutz im Einsatz. Demnach soll es der Verfassungsschutz nutzen, um die NSA im Anti-Terror-Kampf zu unterstützen. Der BND war indes dafür verantwortlich, den Verfassungsschutz im Umgang mit XKeySector zu schulen. Auf eine Anfrage des Spiegels wollten sowohl die NSA als auch die deutschen Geheimdienste kein Statement abgeben.

Für letztere und für die Bundesregierung wird die Lage zunehmend brisanter. Nach wie vor hält man an der Aussage fest, man habe vor den ersten Medienberichten keine Kenntnisse über die NSA-Programme wie Prism gehabt – was angesichts der stetig durchsickernden Informationen immer grotesker wirkt. Den Dokumenten zufolge hat die NSA in letzter Zeit sogar die Zusammenarbeit mit dem BND intensiviert, man lobt das Engagement von BND-Präsidenten Gerhard Schindler.

So heißt es in einer Notiz eines NSA-Mitarbeiters aus dem Januar: „Der BND hat daran gearbeitet, die deutsche Regierung so zu beeinflussen, dass sie Datenschutzgesetze auf lange Sicht laxer auslegt, um größere Möglichkeiten für den Austausch von Geheimdienst-Informationen zu schaffen.“ Für das „US-Informationsbedürfnis“ habe der deutsche Auslandsgeheimdienst sogar Risiken in Kauf genommen und in Afghanistan soll sich der BND sogar den Rang „fleißigster Partner“ erarbeitet haben.

All das passt allerdings nicht so recht zu den Angaben der Bundesregierung und den deutschen Geheimdiensten, die sich sowohl öffentlich als auch in den Sitzungen des parlamentarischen Kontrollgremiums ahnungslos präsentieren. Vielmehr klingen die Dokumente nach Aussagen von Edward Snowden: Die NSA und die deutschen Geheimdienste „stecken unter einer Decke“.

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  • Andreas Frischholz E-Mail
    … ist Politikwissenschaftler und berichtet seit 2004 über Netzpolitik, Tech-Ökonomie und den digitalen Wandel der Gesellschaft.
Quelle: Spiegel

Ergänzungen aus der Community

  • Eta Carinae 21.07.2013 09:56
    All das hat man evtl. schon vor Jahren ahnen können, hätte man sich nicht nur auf dümmliches konsumieren [...] "Voodoo_Freak, post: 14257968
    Ahnen können...
    Der dumpfe Verschwörungstheoretiker von nebenan ahnt auch, dass die Mondlandung eine große Verarsche sei...
    Ich stütze mich dann doch lieber möglichst auf Beweise, die durch Snowden nun an den Tag kamen. Alles andere empfinde ich als verblödet.

    Zum Thema:

    Privatsphäre ist ein Grundrecht.
    Unter keinen Umständen darf ein Staat willkürlich und geheim Grundrechte brechen, egal wie "edel" seine Zwecke sein sollen.

    Wir haben eine Regierung, die selbst bei Bekanntwerden ihren Bruch der Grundrechte leugnet und die Bevölkerung für dumm verkauft. Eine Regierung ist dazu da Grundrechte zu schützen. Sie kommt ihrer Aufgabe also nicht nach. Schlimmer noch, sie arbeitet aktiv gegen ihren Schutzauftrag.

    Hier geht es nicht um die Farbe des Parteibuchs oder eine Meinung, die man halt mal vertreten könnte. Es ist egal, ob womöglich 50%+ der Bevölkerung mit diesem Bruch meiner Grundrechte einverstanden sind, denn die sind sogar gegen die Bevölkerung selbst geschützt.

    Daher macht es mich fassunglos wie viele einverstanden sind mit dem was passiert, also zustimmen, dass die eigenen Grundrechte Verhandlungssache seien, die man gegen ein "höheres Ziel" eintauschen könnte.
    Beim diesem Überwachungsskandal geht es um nichts anderes als wie ernst uns unsere Menschenrechte wirklich sind. Knicken wir jetzt ein, bleiben sie auch in Zukunft Verhandlungssache.
    Keine Welt in der ich leben möchte.