Für Verfassungsschutz sind alle Vorwürfe geklärt
Für Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen bestehen keine Anhaltspunkte mehr, dass die NSA in Deutschland massenhaft Daten abgreift. Erledigt hätten sich damit auch die Vorwürfe, der BND und der Verfassungsschutz würden den US-Geheimdienst bei der digitalen Überwachung von deutschen Bürgern unterstützen.
So äußerte sich Maaßen in einem Gespräch mit der Welt. Seiner Ansicht nach wäre es ohnehin nicht notwendig, dass die NSA direkt in Deutschland Glasfaserkabel anzapft. Die meisten Server, über die Finanz- und Kreditkartendaten sowie die Kommunikation in sozialen Netzwerken laufen, stehen auf dem Gebiet der USA, über das auch die meisten Datenkabel verlaufen.
Außerdem ging Maaßen auf das NSA-Programm „XKeyscore“ ein, das der Spiegel enthüllt und als Programm für die „digitale Total-Überwachung“ beschrieben hat. „XKeyscore ist keine Späh-Software, sondern ein Analyseprogramm“, so Maaßen. Er bestätigte nochmals, dass der Verfassungsschutz das Programm lediglich testet. Allerdings soll der BND XKeyscore bereits seit 2007 einsetzen, um die im Rahmen der strategischen Aufklärung angezapften Datenströme nach einzelnen E-Mails zu filtern.
Maaßen schließt daraus: „Was die angeblichen Verfehlungen der deutschen Nachrichtendienste angeht, bleibt festzustellen: Nichts ist übrig geblieben.“ Mit dieser Sichtweise zählt er allerdings zu einer Minderheit, zu viele Fragen sind noch offen. So berichtete etwa der Spiegel, XKeyscore könne durch Plugins um zusätzliche Funktionen erweitert werden. Es ist also durchaus möglich, dass die Version von BND und Verfassungsschutz auf die Analyse-Komponenten limitiert ist, während die vollständige Version auch eine „digitale Total-Überwachung“ ermöglicht.
Nach wie vor fehlen zu viele Informationen, um ein adäquates Bild von den Möglichkeiten zu erhalten, die sich den deutschen Geheimdiensten durch den Einsatz von XKeyscore bieten. Ebenso wenig ist geklärt, wie die NSA monatlich an 500 Millionen Verbindungsdaten aus Deutschland gelangt. Dasselbe gilt für die Rolle der Bundesregierung und der deutschen Geheimdienste: Wie viel wusste man von den Überwachungsprogrammen der NSA und in welchem Ausmaß war man in diese involviert?
Es ist daher nicht sonderlich überraschend, dass im August weitere Sondersitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums angesetzt sind. Der Vorsitzende des Gremiums, SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, hat bereits erklärt, dass ihm die Antworten der Geheimdienste nicht ausreichen. Als ein „bei der NSA bestelltes Papier“ bezeichnet Oppermann den Brief des US-Geheimdienstes, in dem dieser eine Stellungnahme zu den drei Prism-Programme abgibt.
Bereits im Vorfeld der letzten Sitzung kritisierte Hans-Christian Ströbele die Arbeitsweise des Kontrollgremiums, in dem er für die Grünen sitzt. Das Gremium könne „die Geheimdienste nicht vollständig kontrollieren“, sagte Ströbele im Tagesspiegel. Die Abgeordneten wären „darauf angewiesen, dass uns die Bundesregierung und ihre Dienste wahrheitsgemäß über besondere Vorkommnisse Auskunft erteilen“. Allerdings: „Das haben sie offenbar in vielen Fällen nicht getan“.