Deutsche Telekom will das Netz der Zukunft bauen
Die Deutsche Telekom hat wenige Tage vor der IFA 2013 aktuelle Pläne zum Ausbau der eigenen Kommunikationsnetze verkündet. Die Verbreitung von schnellem Festnetzinternet durch Glasfaserkabel und DSL-Vectoring, IP-basierte Netze, die Beschleunigung vom LTE-Funkstandard sowie die erste „WLAN-Stadt“ stehen im Fokus.
Bis Ende 2016 sollen 24 Millionen Haushalte mit einem Anschluss an das Glasfasernetz der Telekom versorgt werden, das höhere Datenraten von bis zu 100 Mbit/s verspricht. Damit soll sich die Zahl der Glasfaseranschlüsse folglich in gut drei Jahren verdoppeln, denn laut der Telekom sind aktuell rund 12 Millionen Haushalte angeschlossen. Dieses Jahr sollen etwa 800.000 hinzukommen. Die bekannte Letzte Meile erfolgt allerdings weiterhin per Kupfer. Mit Glasfaseranschluss ist also nicht etwa Fibre To The Home (FTTH), sondern die Verbindung zum Verteiler gemeint, in welchem der Wechsel von Glasfaser zu Kupfer stattfindet. Ziel ist es, bis zum Jahr 2016 65 Prozent der Haushalte auf Glasfaser umzustellen. Bis 2018 hält Niek Jan van Damme, Vorstandsmitglied und Sprecher der Geschäftsführung, einen Anteil von 80 bis 85 Prozent für realistisch.
Folglich bedarf es in den kommenden Jahren einer erheblichen Steigerung der Anschlüsse, um das ambitionierte Ziel bis Ende 2016 zu erreichen. Hierfür sollen bis 2014 rund 10.000 Kilometer Glasfaserkabel verlegt und 17.600 Multifunktionsgehäuse (graue Kästen am Straßenrand) aufgebaut werden. Von 25.600 im Jahr 2013 soll die Anzahl der Baustellen für den Netzausbau im Jahr 2014 auf 52.200 steigen. Weitere „High Speed Internet“-Anschlüsse sollen bekanntlich über DSL-Vectoring realisiert werden. Bei diesen Anschlüssen verspricht die Telekom Upload-Raten von bis zu 40 Mbit/s, was Niek Jan van Damme leicht spöttisch mit „Kabelanbieter kriegen das so nicht hin“ kommentiert. Entsprechende Tarife möchte die Deutsche Telekom zur IFA ankündigen.
Zum Thema Tarife sagte René Obermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, weiterführend, dass man auch in Zukunft durch Qualität und Geschwindigkeit Kunden überzeugen möchte. Mit sogenannten Billig-Anbietern werde man nicht konkurrieren. Niek Jan van Damme fügte hinzu, dass es für Kunden zukünftig nicht billiger wird. Ziel sei es aber, „für's gleiche Geld mehr zu bekommen“.
Auf die Frage, ob mit den schnelleren Anschlüssen und den höheren Download- bzw. Upload-Raten als logischer Schritt auch die Datenvolumina anwachsen würden, sagte René Obermann gegenüber ComputerBase, dass diese sukzessive angepasst würden. Weiter ins Detail ging man allerdings nicht. Bei nach aktuellen Berechnungen etwa drei Prozent der Telekom-Kunden, die an die Grenzen der Volumina kommen würden, soll sich auch im Zuge des Netzausbaus und trotz erhöhter Geschwindigkeit nichts ändern. Diese Kunden sollen die Möglichkeit bekommen, durch entsprechende Tarifanpassungen echte Flatrates zu erhalten. Genaueres wollte man zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht bekanntgeben. Preise sollen erst 2016 folgen.
IP-basierte Netze
Teil der Netzoffensive ist es außerdem, die flächendeckende Umstellung auf IP-basierte Anschlüsse zu realisieren. Dadurch möchte die Deutsche Telekom den erweiterten Nutzungsmöglichkeiten gerecht werden und zudem die Sprachqualität verbessern sowie die Verkabelung vereinfachen. Die Umstellung auf IP sieht die Deutsche Telekom als Grundpfeiler für das Architekturkonzept TeraStream, bei welchem vollständig auf IPv6 umgestellt wird. „Alter“ IPv4-Verkehr wird dabei durch einen IPv6-Tunnel geleitet, im Datacenter (Backbone) wieder aufgelöst und an die Empfänger geleitet. Die „Intelligenz“ für den Netzbetrieb lagert die Deutsche Telekom dabei in die Cloud aus. Im kommenden Jahr möchte die Deutsche Telekom zum Thema IP-Anschlüsse konkretere Aussagen treffen. Allerdings gab man bekannt, dass aktuell etwa 90 Prozent aller Neuanschlüsse IP-basiert stattfinden würden.
LTE mit bis zu 150 Mbit/s
Nach Vodafone will auch die Deutsche Telekom das LTE-Mobilfunknetz ausbauen und dadurch die Maximaltransferrate von bisher 100 Mbit/s auf 150 Mbit/s (Category 4 bei 1.800 MHz) anheben. Zur IFA soll mit dem „Mobile Data XL“ der erste Datentarif 150 Mbit/s unterstützen. Städte, in denen bisher LTE mit 100 Mbit/s verfügbar ist, sollen künftig mit der neuen Maximalgeschwindigkeit versorgt werden. Nach Angaben des Unternehmens ist LTE „in weit über 100 deutschen Städten ab sofort verfügbar“, bis Ende des Jahres sollen es „fast 200“ sein. Mobilfunk mit bis zu 150 Mbit/s soll bis zum Jahr 2015 60 Prozent der Telekom-Kunden zur Verfügung stehen. Dieses Jahr sollen 40 Prozent der Kunden die Möglichkeit des Umstiegs haben. Außerdem erklärte die Deutsche Telekom, dass Kunden, die aktuell Tarife mit bis zu 100 Mbit/s nutzen, im Durchschnitt auf etwa 70 Mbit/s kommen würden, womit die Telekom laut eigenen Aussagen in Europa führend sei. Als erstes Gerät für LTE mit 150 Mbit/s kündigte die Telekom das Samsung Galaxy S4 mit entsprechender Ausstattung an.
WLAN-Hotspots und In-Car-Entertainment
Auch im Bereich WLAN baut die Telekom ihre Kapazitäten aus. Im Rahmen eines Pilotprojekts soll Hamburg zur „WLAN-Stadt“ oder auch „HotSpot-City“ avancieren. Hierfür hat der deutsche Telekommunikationsriese rund 500 Hotspots im Stadtgebiet errichtet. Dazu zählen unter anderem der Hafenbereich, der Flughafen und Cafés. Später sollen die großen Shopping-Meilen, St. Pauli und die Reeperbahn hinzukommen. Diese Zugänge können allesamt in der ersten Stunde kostenlos benutzt werden. Zudem kündigte die Telekom einen Ausbau der Hotspots in Zügen und Flugzeugen an. Aus aktuell 70 Zügen und 3.000 km Strecke sollen im Verlauf des nächsten Jahres 255 Züge und 5.200 km werden. Und von zehn Fluggesellschaften mit 134 Hotspots möchte sich die Telekom im Verlauf des Jahres 2014 auf 16 Anbieter und 214 Hotspots steigern.
WLAN-Hotspots soll es aber nicht nur in der Stadt, im Zug oder Flugzeug sondern auch im Auto geben. In Zusammenarbeit mit Sixt und BMW bietet die Telekom zuerst in München, später auch im gesamten Bundesgebiet, ausgewählte Mietwagen mit Hotspot an, die bis zu acht WLAN-Geräte verwalten können. Das Projekt ist gleichzeitig ein Feldversuch und wird bis Ende Juli 2014 kostenlos angeboten. Danach sind Preise von etwa fünf Euro pro Tag denkbar, wobei Telekom-Kunden andere Konditionen erhalten könnten. Bisher hat man sich nicht auf die Preisgestaltung festgelegt. Die Anbindung erfolgt über LTE mit 100 Mbit/s und ohne Begrenzung des Datenvolumens. Alle Dienste wie etwa auch VoIP oder Facetime sollen benutzt werden können. Zur CeBIT 2013 hatte es zu diesem Punkt allerdings noch geheißen, das Projekt würde bereits in diesem Sommer deutschlandweit an den Start gehen. Davon ist nun keine Rede mehr.
Darauf aufbauend geht die Konzeptstudie „Drive & Enjoy“ einen Schritt weiter, die in den vergangenen zwölf Wochen ebenfalls mit BMW entwickelt wurde. Neben der eigentlichen LTE-Anbindung über ein wie beim reinen WLAN-Hotspot fest verbautes Modul, das über die Autoantenne kommuniziert, dient hier ein unter iOS aufgebautes Verwaltungssystem des In-Car-Entertainments. Dabei wird der Fahrer über sein mit einer entsprechenden App versehenes iPhone, das per USB angebunden wird, zum „Steuermann“. Über den Navigationsbildschirm im Fahrzeug bzw. per iDrive kann dann den weiteren Fahrgästen Film und Musik zugeordnet, die aktuelle Route angezeigt oder aber auch über die Kamera in der Front des PKWs die Sicht nach vorne freigegeben werden. Der Fahrer kann dabei etwa bestimmen, welche Inhalte mit welcher Altersfreigabe oder Lautstärke abgespielt werden. Die Studie enstand auf Basis von iOS und in Kooperation mit BMW, denkbar seien aber auch andere Betriebssysteme und Fahrzeughersteller.
Für den Netzausbau in Deutschland – sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk – plant die Deutsche Telekom im Zeitraum zwischen 2010 und 2015 insgesamt mehr als 23 Milliarden Euro zu investieren. Für die Jahre 2014 und 2015 sind Ausgaben in Höhe von 4,1 und 4,3 Milliarden Euro geplant. Zusätzlich werden bis 2015 etwa 6.000 Azubis übernommen sowie Fremdvergaben zu Gunsten der internen Beschäftigung reduziert. Außerdem möchte die Deutsche Telekom mehr auf Altersteilzeit statt Vorruhestand setzen.
Zur Berichterstattung hat Michael Günsch beigetragen.