Ende der Roaming-Gebühren steht auf der Kippe
Offenbar wird sich die von der EU-Kommission anvisierte Abschaffung der Roaming-Gebühren für Auslandstelefonate hinauszögern. Das dazugehörige Gesetzespaket „Vernetzter Kontinent“, mit dem der europäische Telekommunikationssektor reformiert werden soll, stößt im Ministerrat und EU-Parlament auf Widerstand.
„Kein Land ist mit dem neuen Telekom-Paket einverstanden“, hat das Handelsblatt aus Brüsseler Diplomatenkreisen erfahren. Manche Länder wie Frankreich oder Italien lehnen sogar das komplette Gesetzespaket ab, andere bewerten zumindest Teile davon skeptisch. Die Abschaffung der Roaming-Gebühren bezeichnet ein EU-Diplomat laut Handelsblatt zwar als „schöne Idee“, allerdings befürchtet man, dass die Einnahmeausfälle bei den Mobilfunkanbietern zu rückläufigen Investitionen führen könnten.
Dementsprechend hatten die betroffenen Unternehmen schon vor geraumer Zeit argumentiert. Ohne die Roaming-Gebühren würden entweder die Investitionen in regionale Infrastruktur zurückgefahren oder die fehlenden Einnahmen müssten über steigende Preise bei den übrigen Tarifen ausgeglichen werden.
Einen sonderlich großen Eindruck haben die Befürchtungen bislang nicht auf die EU-Kommission gemacht. Roaming-Gebühren würden lediglich fünf Prozent des Profits ausmachen und von den Unternehmen praktisch vollständig als Gewinn verbucht werden, weil Netzbetreibern bei Gesprächen ins EU-Ausland nur geringe Kosten entstehen. „Wir müssen Roaming ein Ende bereiten und nicht nur die Gebühren reduzieren“, sagte EU-Kommissarin Neelie Kroes anlässlich der Vorstellung des Gesetzespakets vor zwei Wochen.
Laut dem Plan der EU-Kommission soll die Abschaffung der Roaming-Gebühren schrittweise erfolgen. Als erster Schritt ist ab Juli 2014 das Verbot von Gebühren für eingehende Anrufe im EU-Ausland vorgesehen. Durch den Widerstand ist aber fraglich, ob dieser Zeitplan zu halten ist. Im Ministerrat hat die EU-Kommission laut den Quellen des Handelsblatts derzeit keine ausreichende Mehrheit. Zahlreiche EU-Parlamentarier sehen hingegen keinen Grund, dass umfangreiche Reformpaket für den Telekommunikationssektor noch vor der Wahl des EU-Parlaments im kommenden Mai durchzudrücken.