Britischer Geheimdienst attackierte Anonymous
Wie von Edward Snowden enthüllte Dokumente zeigen, hat eine Abteilung des britischen Geheimdienstes GCHQ Aktivisten von Anonymous und LulzSec bekämpft, indem sie deren Kommunikation mit Denial-of-Service-Attacken störte.
Somit ist der GCHQ der erste westliche Dienst, der erwiesenermaßen DDoS einsetzt, das eigentlich zum Waffenarsenal der Hacker gehört. Dabei nahm der Dienst in Kauf, sowohl politische Dissidenten in deren Kommunikation zu stören als auch völlig unbeteiligte Webseiten unerreichbar zu machen, die sich auf dem gleichen Server befinden.
Die Informationen entstammen einer Powerpoint-Präsentation (PDF), die 2012 für eine NSA-Konferenz namens SIGDEV erstellt wurde. Darin brüstet sich die Abteilung Joint Threat Research Intelligence Group (JTRIG) des GCHQ damit, mit DDoS-Attacken, die intern „Rolling Thunder“ heißen, bis zu 80 Prozent der Nutzer aus entsprechenden Chatrooms von Anonymous und LulzSec vertrieben zu haben. Die Existenz der Abteilung JTRIG wird in diesem Papier überhaupt erstmals belegt.
Die Papiere zeigen auch, dass JTRIG Chatrooms infiltriert hat, in denen Hacker vermutet wurden, die vertrauliche Daten von Webseiten wie PayPal entwendet hatten. Dabei wurde ein PayPal-Hacker ins Gefängnis geschickt und ein Hacker identifiziert, der Daten von einer Regierungs-Webseite gestohlen hatte. Zudem seien Chatrooms krimineller Hacker mit DDoS überzogen worden.
Der ehemalige Chef der britischen Anti-Terror-Einheit und jetzige NBC-Reporter Michael Leiter rechtfertigt das Vorgehen insofern, als dass für Leute, die vom verbalen Protest in die Kriminalität abrutschen, auch das Internet kein Versteck bieten dürfe. Kritiker halten dagegen, von diesen drastischen Attacken auf freie Meinungsäußerung seien größtenteils kritische Jugendliche betroffen, die sich noch nie etwas zu Schulden haben kommen lassen.
Die Anthropologie-Professorin Gabriella Coleman, die aktuell ein Buch über Anonymous schreibt, sagte zu den Vorgängen: „Wenn man Anonymous attackiert, greift man Bürger an, die ihre politische Überzeugung ausdrücken. Auch wenn hier einige zivilen Ungehorsam üben, ist das weit von Terrorismus entfernt.“ Coleman schätzt, dass von Tausenden dem Anonymous-Netzwerk nahestehenden Personen die Zahl derer, die in illegale Aktivitäten verstrickt sind, einige Dutzend nicht überschreitet.
Jason Healey, ehemals im Weißen Haus unter George Bush in hohem Rang mit Cyber-Sicherheit befasst, nannte die DDoS-Attacken des Britischen Geheimdienstes „albern“. Außerdem sei es sei Zeit- und Energieverschwendung, mit solchen Mitteln ein paar Jugendliche zu verfolgen.