Der NSA-Skandal spaltet die deutsche IT-Branche
Nicht nur der Politikbetrieb ringt um Antworten auf die NSA-Enthüllungen, ebenso streiten die in Deutschland aktiven IT-Unternehmen um geeignete Abwehrmaßnahmen für die Internet-Überwachung. Vorschläge wie das „Schengen-Routing“ sollen unter den Mitgliedern des Branchenverbands Bitkom einen Richtungsstreit ausgelöst haben.
Das berichtet die WirtschaftsWoche, der Protokolle von internen Abstimmungsprozessen für Positionspapiere des Bitkom vorliegen. Da es sich beim Bitkom um einen der einflussreichsten Lobby-Verbände in der hiesigen IT-Branche handelt, beeinflusst der Inhalt dieser Positionspapiere letzten Endes auch die deutsche Netzpolitik. Allerdings geht aus den Protokollen hervor, dass deutsche und amerikanische IT-Unternehmen einige Probleme hatten, sich bei Themen wie etwa Datensicherheit auf eine gemeinsame Position zu einigen.
„Hinter den Kulissen fliegen die Fetzen, zeitweise stand der Verband vor einer echten Zerreißprobe“, hat die WirtschaftsWoche von einem Bitkom-Insider erfahren. Angesichts der unterschiedlichen Mentalitäten beim Thema Datenschutz sollen die Chefs deutscher IT-Unternehmen laut WirtschaftsWoche bereits Zweifel geäußert haben, ob es eine gute Entscheidung war, viele aus den USA stammende Unternehmen in den Bitkom aufzunehmen.
Kern des Streits sind vor allem die Vorstöße der Telekom, unter dem Label „Made in Germany“ – angeblich – besonders sichere Kommunikationsdienste anzubieten. Durch National-Routing soll etwa der inländische E-Mail-Verkehr nur noch über Server in Deutschland respektive europäische Länder aus dem Schengenraum geleitet werden, um den angelsächsischen Geheimdiensten NSA und GCHQ die Überwachung zu erschweren.
US-Unternehmen wie Microsoft, Google, Oracle, Amazon und Ebay lehnen solche Pläne ab. Den internen Protokollen zufolge erklärte ein Vertreter von Microsoft: „Der Bitkom sollte als Verband der gesamten IT-Branche der Tatsache Rechnung tragen, dass Server von Mitgliedsunternehmen in verschiedenen Ländern stehen.“ Zu einem Eklat soll es aber erst gekommen sein, als die Telekom praktisch allein die NSA und den GCHQ für den Überwachungsskandal und der damit einhergehenden Vertrauenskrise verantwortlich machen wollte: „Nach allem, was wir wissen, sind es nicht die deutschen Sicherheitsbehörden, die Grad und Maß bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit aus den Augen verloren haben.“
Letztlich wurde dieser Passus in das Positionspapier (PDF-Datei; S. 1) aufgenommen, allerdings nur unter erheblichen Protest von US-Unternehmen wie Google. Diesen weisen darauf hin, diese Sichtweise stehe nicht im Einklang mit der Nachrichtenlage. Zudem sei es nicht Aufgabe des Bitkom, darüber zu „spekulieren, was unsere Nachrichtendienste so im Geheimen anstellen“.