Roaminggebührenabschaffung laut EU-Kommission sinnvoll
Dass die EU-Kommission die Roaming-Gebühren abschaffen will, verärgert zahlreiche Telekommunikationsanbieter. Letztlich würden die Unternehmen aber von dieser Entscheidung profitieren, konstatiert die EU-Kommission und beruft sich auf eine Umfrage unter 28.000 Unionsbürgern.
Bedingt durch die höheren Entgelte für im EU-Ausland angefallenen Datenverkehr, versendete SMS und Anrufe würden sich viele Bürger entsprechend in ihrer Nutzung von Mobiltelefonen einschränken. So geben 70 Prozent an, dass sie Anrufe in andere Mitgliedsstaaten im Vergleich zu einem Inlandsgespräch einschränken würden. Auch wird von vielen die Nutzung von SMS anstatt eines Anrufes präferiert, gleichwohl auch das SMS-Aufkommen aufgrund der Roaming-Gebühren nicht an die typische inländische Nutzung heranreicht.
Weitere 47 Prozent meinen, dass sie in anderen Mitgliedsstaaten kategorisch keine mobilen Internetdienste in Anspruch nehmen wollen. Jeder Vierte soll gar sein Mobiltelephon einfach ganz ausschalten. Lediglich zehn Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihre Email-Dienste ohne jegliche Einschränkung der Intensität weiter nutzen würden.
Laut Pressemitteilung sollen vor allem Vielreisende besonders enthaltsam sein. Das wirke sich vor allem bei Datenroamingdiensten aus, wo sich doppelt so viele Vielreisende wie gelegentlich Reisende im Verzicht üben – 33 Prozent zu 16 Prozent. Die Kommission führt das darauf zurück, dass sich diese Personen besonders intensiv über Roaminggebühren informieren. Sie stuft zudem gerade diese Personengruppe als die für Mobilfunkunternehmen profitabelste ein.
Hier setzt auch ihre Kritik an den Roaming-Gebühren an. Nicht nur, dass andere Branchen hierdurch Schaden nehmen würden – etwa Anbieter von Reiseführer-, Foto- und Landkarten-Apps –, auch die Telekommunikationsunternehmen würden sich dadurch letztlich selbst um Umsatz und Profit bringen. Ganze 300 Millionen Handynutzer würden ihr Nutzungsniveau erhöhen, wenn die Gebühren fallen würden.
Daher strebt die Kommission die Schaffung eines „echten Binnenmarktes für Telefonanrufe und Internetnutzung“ im Rahmen des EU-Projektes „Vernetzter Kontinent“ an. In einem Memo wird das Vorhaben ausführlich erläutert. Mit der darin angesprochenen doppelgleisigen Strategie von Regulierungen und Marktanreizen soll am Ende unter anderem eine Ausweitung der Inlandstarife der Mobilfunkanbieter auf den ganzen Unionsraum erfolgen – also ein Wegfall der Roaming-Gebühren eintreten.
Das EU-Parlament würde hingegen eine einfachere Lösung bevorzugen und Roaminggebühren generell aber Juli 2016 per Verordnung verbieten (PDF-Datei; S. 119).
Davon erwartet man sich nicht nur Vorteile für Verbraucher, sondern auch Vorteile für die internationale Konkurrenzfähigkeit der europäischen Telekommunikationsindustrie. Diese leide derzeit etwa unter der Fragmentierung in nationale Märkte. Aber auch die Bereitschaft nationaler Regierungen mit dem „kurzsichtige[m] Interesse“, hohe Summen für Frequenzvergaben aus den Unternehmen zu ziehen, sei problematisch, da dieses Geld dann beim Netzausbau fehle. Aber auch andere Unternehmen stünden vor dem Problem, dass sie in mehreren Mitgliedsstaaten nicht von einem einzelnen Anbieter versorgt werden könnten. Dem stehe besagte Fragmentierung entgegen.
Die Kommission erwähnt zudem, dass Kunden ab Juli 2014 das Recht haben, „auf Reisen im Ausland statt der Dienste ihres Heimatanbieters die billigeren Roaming-Dienste eines lokalen Betreibers oder eines heimischen Konkurrenten zu benutzen, ohne die SIM-Karte wechseln zu müssen“. Damit ist Artikel Vier der Verordnung VO (EG) 531/2012 gemeint.