Offener Brief an Apple: „iPhone für alle“
Dass das iPhone von Apple nach dem Start am 29. Juni 2007 in den USA im Laufe des Jahres auch nach Europa kommen wird, steht außer Frage. Welcher Telekommunikationsanbieter das „Widescreen-iPod-Internet-Touchscreen-Handy“ hierzulande allerdings seinen Kunden anbieten darf, ist noch völlig offen.
Es ist davon auszugehen, dass Apple auch für Europa eine ähnliche Strategie wie für die USA wählen und das iPhone von einem großen Netzbetreiber exklusiv vermarkten lassen wird. In den letzten Wochen waren vor allem T-Mobile und eher durch die Kunden auch O2 ins Gespräch für diesen exklusiven Deal gekommen. Diese Strategie gefällt jedoch nicht allen europäischen Netzbetreibern und so richtet sich der Elmshorner Service Provider „Talkline“ in einem offenen Brief an den Apple-Chef Steve Jobs und ruft ihn dazu auf, das iPhone über alle Mobilfunk Anbieter zu vertreiben. Im Vordergrund dieser Forderung steht natürlich der Verbraucher, der nur so „Entscheidungsalternativen habe, die ja eigentlich typisch für die Marke Apple („think different!“) seien“. Der offene Brief von Talkline ist am 4. Juni 2007 im Fachmagazin „Telecom Handel“ erschienen.
Talkline sieht in der europaweiten Exklusivvermarktung des Geräts über einen einzigen Netzbetreiber die Wahlfreiheit der Kunden gefährdet. Für das Elmshorner Unternehmen ist es der falsche Weg, wenn sich Kunden nur aufgrund ihrer Handy-Präferenzen langfristig an ein bestimmtes Mobilfunknetz binden müssten und auch beim Tarif keine freie Wahl mehr hätten. In dem Brief bittet Talkline Steve Jobs, die Vertriebsstrategie zu überdenken und mit einem iPhone-Verkauf über Service Provider dem Kunden die Netz- und Tarifwahl zu überlassen. Talkline sieht in dem angestrebten Vertriebsmonopol einen Widerspruch zur der Markenpolitik, die Apple in den vergangenen 30 Jahren groß gemacht hat.
Dass Talkline mit dem offenen Brief an Steve Jobs die Strategie von Apple ändern wird, ist jedoch zu bezweifeln. Der Brief offenbart jedoch das Interesse der deutschen und europäischen Netz- und Service-Betreiber am iPhone, welche sich gute Absatzzahlen und Gewinne von Apples iPhone erhoffen. Dabei ist der Endkundenpreis der beiden verfügbaren iPhone-Varianten (4 und 8 GB) für Europa noch völlig offen, da es hierzulande – anders als in den USA – üblich ist, dass Handys von den Netzbetreibern subventioniert werden. In den USA wird das iPhone 499 (4 GB) bzw. 599 (8 GB) Dollar kosten.
iPhone für alle!
Sehr geehrter Herr Jobs,
die Welt schaut auf Ihr neues Produkt – das iPhone. Auch hier im deutschen Markt wird das wirklich innovative Mobiltelefon sehnsüchtig erwartet. Während nach Informationen der Fachmedien derzeit Verhandlungen zur Exklusiv-Vermarktung mit großen internationalen Netzbetreibern laufen, sorgen wir uns als Mobilfunk Service Provider um die Wahlfreiheit des Kunden. Wenn wir die Apple Verkaufsstrategie richtig deuten, wird der iPhone-Nutzer stets an einen einzigen Mobilfunk-Netzbetreiber gebunden sein. Und dieser Anbieter kann durch sein Exklusivrecht auch die Tarifbedingungen im dazu angebotenen Mobilfunkvertrag diktieren, wie im US-Markt das Unternehmen AT&T.Als Service Provider im deutschen Markt bieten wir unseren 3,7 Millionen Mobilfunkkunden nicht nur die Auswahl aus den besten Handys im Markt. Unsere Kunden haben außerdem die Möglichkeit, die Geräte beliebig mit den vier in Deutschland nutzbaren Mobilfunknetzen und einer Reihe verschiedener Tarifmodelle zu kombinieren. Im Interesse unserer Kunden möchten wir in unserem Angebot weder auf das iPhone verzichten, noch auf die Möglichkeit, es mit unterschiedlichen Netzen und Tarifen zu kombinieren. Daher lautet unsere Forderung: „iPhone für alle!“
Bitte geben Sie Mobilfunk Service Providern die Chance, das Apple Mobiltelefon in kleineren Stückzahlen einzukaufen, und ermöglichen Sie damit dem Kunden, selbst über sein optimales Mobilfunknetz und das für ihn geeignete Abrechnungsmodell zu entscheiden. Unserer Ansicht nach sind der Begriff Wahlfreiheit und die Marke Apple nahezu synonym. Seit nunmehr 30 Jahren bieten Sie im PC-Markt die besten Alternativen zu den als Quasi-Monopol aufgestellten Betriebssystemen des Marktführers. Im Gegensatz zu diesem öffnen Sie Ihr System immer wieder für Entwicklungen von Drittanbietern und teilweise sogar für Open-Source-Projekte. Dahinter steht unseres Erachtens ein tiefes Verständnis für demokratische Marktstrukturen. Auch mit Ihrem jüngsten Vorstoß, den Online-Musikmarkt von den Fesseln der Kopierschutz-Systeme zu befreien, belegen Sie diese Ausrichtung.
Warum wollen Sie also gerade bei Ihrem ersten Mobilfunkprodukt einer Vermarktungsstrategie folgen, die auf Monopolstrukturen setzt? Wir sehen darin einen Widerspruch zu der Markenpolitik, die Apple in den vergangenen 30 Jahren zu dem lebendigen und charismatischen Unternehmen gemacht hat, das es heute ist. Gemeinsam mit unseren Kunden möchten wir auch morgen noch dem fröhlichen „think different“ folgen können, das Ihre Marke als die bewusste Entscheidungsalternative intelligenter Verbraucher propagiert. Doch dafür braucht der Kunde eine Wahlmöglichkeit und keinen Exklusiv-Anbieter.
Mit freundlichen Grüßen
TALKLINE GmbH & Co. KG
Christian Winther
Chief Executive Officer