iPhone: SDK erschienen, großes Update 2.0 im Juni

Frank Hüber
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Auf einem Specialevent unter dem Titel „iPhone Software Roadmap“ lud Apple auf den Campus nach Cupertino und deutete im Vorfeld bereits an, dass es um neue Enterprise-Features, das Software Development Kit (SDK) und eine neue Software-Version für das iPhone gehen werde.

Und tatsächlich, Apple verriet viel über die Software-Version 2.0 für das iPhone. Doch der erste Wermutstropfen für iPhone-Besitzer folgte auch sogleich. Die neue Software-Version wird erst im Juni dieses Jahres offiziell veröffentlicht. Lediglich Entwickler und Unternehmenskunden können nach einer Anmeldung bei Apple bereits jetzt eine Beta-Version testen, um die finale Version durch einen Praxistest weiter zu verbessern. Die Beta-Version der iPhone 2.0-Software enthält neben einer Beta des iPhone Software Development Kits, weitere – vor allem für den Unternehmenseinsatz geeignete – neue Features: zum einen die Unterstützung von Microsoft Exchange ActiveSync, Remote Wipe sowie zusätzlich Ciscos IPsec VPN. Demnach hat Apple Exchange ActiveSync von Microsoft lizensiert, um diese Technologie direkt in das iPhone zu integrieren. Es kann sich dann mit Microsoft Exchange Server 2003 und 2007 verbinden und aktualisiert drahtlos E-Mail, Kontakte und Kalendereinträge – natürlich via Push vom Server.

Die Integration von Exchange ActiveSync ermöglicht darüber hinaus weitere Sicherheitsfeatures, wie beispielsweise Remote Wipe, zur Löschung empfindlicher Daten im Falle eines Diebstahls, Passwörterverwaltung oder Auto-Discovery. Darüber hinaus wird, wie bereits erwähnt, IPsec VPN von Cisco unterstützt, um IP-basierte Verschlüsselung für die Übertragung sensibler Unternehmensdaten zu gewährleisten. Neben dieser Verschlüsselung besteht auch die Möglichkeit der Authentifizierung per Passwort, Mehr-Faktor-Token oder digitalem Zertifikat. Der Einsatz von WPA2 Enterprise mit 802.1x Authentifizierung versetzt Unternehmen in die Lage, aktuelle WLAN-Sicherheitsstandards auch beim iPhone und iPod touch einzusetzen. Darüber hinaus soll es IT-Administratoren möglich sein, unkompliziert mehreren iPhones Zugriff auf die IT-Services im Unternehmen zu gewähren, indem die entsprechende Konfiguration über Internet-Link oder E-Mail dem jeweiligen Anwender bereit gestellt wird, welcher sie, nach Authentifizierung, herunterladen und installieren kann.

Apple zielt mit diesen neuen Eigenschaften somit gezielt auf den Unternehmensmarkt, um auch Managern das hauseigene Smartphone schmackhaft zu machen, denen die Enterprise-Features des Gerätes bislang nicht genügten. Apples Ankündigung kann somit als klare Kampfansage an RIM, Hersteller der BlackBerrys, gesehen werden. Nicht ohne Grund dürfte Steve Jobs zu Beginn der Veranstaltung die Marktanteile des iPhone in Bezug zu denen von RIM gesetzt haben. Im vierten Quartal 2007 konnte Apple nach eigenen Angaben in den USA einen Marktanteil von 28 Prozent erreichen und liegt somit nach RIM mit 41 Prozent an zweiter Stelle. Erste Reaktionen zeigen, dass Branchenkenner durchaus beeindruckt sind von dem, was Apple Unternehmern ab Juni 2008 an neuen Funktionen bieten wird.

Anders als anfänglich befürchtet, stellt das iPhone SDK den Entwicklern offenbar tatsächlich eine Vielzahl an Programmierschnittstellen (APIs) sowie diverse weitere Tools zur Verfügung, um native Anwendungen für das iPhone und den iPod touch zu entwickeln. Die APIs beinhalten Schnittstellen wie Core OS, Core Services, Media und Cocoa Touch-Technologien. So können Entwickler auch die spezifischen Fähigkeiten des iPhone wie die Multi-Touch-Benutzeroberfläche, die Animationstechnologien, die eingebauten 3-Achsen-Sensoren sowie die Ortungstechnologie in die eigene Software implementieren. Als Beispiel für die Integration der Bewegungssensoren zeigte Apple sogleich einen kleinen Weltraum-Shooter, in dem man das Raumschiff durch Bewegen des iPhone steuert. Zusätzlich stellt das iPhone SDK Tools zur Entwicklung nativer iPhone- und iPod-touch-Anwendungen bereit: Xcode für das Bearbeiten von Source Code, ein Projektmanagement und graphisches Debuggen, Interface Builder für die Oberflächengestaltung per Drag & Drop und mit Live-Preview, Instruments, um die Performance der Anwendung in Echtzeit messen und optimieren zu können sowie den iPhone Simulator zum Testen und Debuggen der Anwendung. Die Betaversion des SDK für Mac OS X kann theoretisch ab sofort kostenlos heruntergeladen und der iPhone Simulator auf dem Mac installiert werden – theoretisch, da Apples Server nach wie vor überlastet sind und nicht alle Anfragen beantworten können.

iPhone SDK - Debugger
iPhone SDK - Debugger
iPhone SDK - Source Editor
iPhone SDK - Source Editor
iPhone SDK - Remote Debugger
iPhone SDK - Remote Debugger
iPhone SDK - Hello World
iPhone SDK - Hello World
iPhone SDK - AOL AIM auf dem iPhone
iPhone SDK - AOL AIM auf dem iPhone
iPhone SDK - Beispiel-Programm
iPhone SDK - Beispiel-Programm
iPhone SDK - Beispiel-Spiel
iPhone SDK - Beispiel-Spiel
iPhone SDK - Spore von EA
iPhone SDK - Spore von EA

Darüber hinaus führt Apple ein neues iPhone Developer Programm ein, um Entwickler bei der Entwicklung von nativen Anwendungen zu unterstützen. Das Programm startet zunächst nur in den USA, soll in den nächsten Monaten jedoch auch in weiteren Ländern anlaufen. Der ebenfalls neu vorgestellte App Store bietet Entwicklern die Möglichkeit, ihre Anwendungen für iPhone und iPod-touch-Anwender drahtlos anzubieten. Gleichzeitig schränkt er jedoch auch die Distribution eigens entwickelter Programme ein. Er ist nämlich der einzige offizielle Weg, über den sich mit dem SDK erstellte Programme auf das iPhone bringen lassen. Demnach müssen die Programme von Apple zunächst validiert werden, um dann dem Kunden angeboten zu werden. Wie stark Apple hierbei filtert, muss abgewartet werden, könnte jedoch noch für einigen Gesprächsstoff sorgen. Neben pornografischen und jugendgefährdenden Inhalten, möchte Apple auch solche Software ausschließen, welche das Mobilfunknetz der Provider zu sehr belasten. Der Kommunikationsfreude über WLAN sollen jedoch keine Grenzen gesetzt werden. Immerhin den Preis der Anwendung können die Entwickler laut Apple völlig frei bestimmen und so auch Gratis-Software über den App Store anbieten, welcher ähnlich wie der iTunes Store in der Software-Version 2.0 als Menü-Icon auf dem Menü-Bildschirm des iPhone eingebunden wird und sowohl über das Mobilfunknetz als auch eine WLAN-Verbindung standortunabhängig aufgerufen werden kann. Entwickler, welche eine kostenpflichtige Software anbieten möchten, müssen 30 Prozent des Umsatzerlöses an Apple abführen. Nach eigenen Angaben möchte Apple hiermit jedoch lediglich die Kosten für den Betrieb des App Store wieder einfahren und keinen zusätzlichen Gewinn erwirtschaften. Unternehmenskunden haben darüber hinaus die Möglichkeit, sich einen eigenen, geschützten Bereich im App Store einzurichten, auf den nur eigene Mitarbeiter zugreifen können.

Während der Beta-Phase des iPhone-SDK-Programms wird nur eine limitierte Anzahl von Entwicklern zum neuen iPhone Developer Programm von Apple zugelassen und die Möglichkeit bekommen, den Code auf ihren iPhones auszuprobieren. Das Standard-Programm kostet 99 US-Dollar im Jahr – Teilnehmer erhalten das iPhone SDK und Entwicklerwerkzeuge, Zugriff auf Pre-Release iPhone Software, technischen Support, Test-Code für das iPhone als auch die Möglichkeit, die entwickelten Anwendungen über den neuen App Store zu vertreiben. Das Enterprise-Programm kostet 299 US-Dollar im Jahr.

Als weiteren Ansporn für die Entwicklung von Programmen für das iPhone und den iPod touch wurde vom Kapitalgeber KPBC zudem der „iFund“ ausgelobt. Nicht weniger als 100 Millionen US-Dollar sollen den Unternehmen helfen, Programme zu entwickeln. Soll es Entwicklern mit Hilfe einer Beteiligungsgesellschaft für Risikokapital ermöglicht werden, ihre Ideen umzusetzen. Bewerben kann man sich hierfür direkt bei KPBC.

Zusätzlich zu den neuen iPhone Netzwerk-und Sicherheitsfeatures stellt die Beta-Version der iPhone 2.0 Software neue Mail-Funktionen bereit. Neben der bereits unterstützten Anzeige von Word- und Excel-Anhängen (Office 2003/Office2007-Formate) lassen sich zukünftig auch PowerPoint-Dateien wiedergeben sowie E-Mails nicht nur einzeln sondern auch in Mengen verschieben oder löschen.

Update2.0
Update2.0

Für iPhone-Besitzer wird die Software-Version 2.0 im Juni als kostenloses Update zur Verfügung stehen. Besitzer eines iPod touch müssen das Update jedoch – wieder einmal – käuflich erwerben, um auch ihren Musikplayer auf den neuesten Stand zu bringen und um die oben genannten Funktionen zu erweitern. Welchen Preis man hierfür zu zahlen haben wird, nannte Steve Jobs jedoch selbst auf Nachfrage nicht.

Wer sich die rund 80 Minuten währende Präsentation, in der die oben aufgeführten Funktionen ausführlich vorgeführt werden, selbst ansehen möchte, findet bei Apple bereits einen passenden QuickTime-Stream.