WDR beginnt große Löschaktion
Der Westdeutsche Rundfunk hat gemäß dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit dem Löschen von Web-Inhalten begonnen. Den neuen Richtlinien werden laut WDR etwa 80 bis 90 Prozent der bis dato langfristig online bereitgestellten Beiträge zum Opfer fallen.
Die Mitteilung der Rundfunkanstalt in eigener Sache ist nicht nur zwischen den Zeilen mit harscher Kritik an den Vorgaben des Staatsvertrages gespickt. Der WDR weist darauf hin, dass man in Zeiten, in denen die private Konkurrenz ihre Archive – wenn auch zumeist gegen Bezahlung – öffnet, das eigene nahezu komplett aus dem Web entfernen muss.
Laut des Staatsvertrages, auf den sich die Ministerpräsidenten im Jahr 2008 einigten, dürfen die Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen nur für sieben Tage im Internet abrufbar sein. Übertragungen von Großereignissen oder Sport, wie beispielsweise die Fußball-Bundesliga, werden sogar nur 24 Stunden zugestanden.
Bestehende ebenso wie neue redaktionelle Inhalte sollen ab sofort einen sogenannten Drei-Stufen-Test durchlaufen, um einerseits zu ermitteln, ob diese einen „publizistischen Mehrwert“ aufweisen, und andererseits den finanziellen Aufwand der Bereitstellung einzuschätzen. Zuständig hierfür sind die Fernseh- und Rundfunkräte. Im besten Fall werden solche Beiträge bis zu fünf Jahre online abrufbar sein.
Dies ist Bestandteil des sogenannten Telemedienkonzeptes des WDR, welches vom Rundfunkrat der Sendeanstalt bereits abgesegnet wurde. Die Zustimmung der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist aber bislang noch nicht sicher. Ohne ihren Segen müsste WDR.de am 1. September sogar ganz vom Netz genommen werden – ein Szenario, das allerdings äußerst unwahrscheinlich ist.
Klar ist aber: Nicht-sendungsbezogene Inhalte wie Kontaktbörsen, allgemeine Ratgeberportale und Spiele werden in Kürze von den Seiten des WDR verschwinden. Seit Monatsbeginn wird ein Großteil der Inhalte entfernt: „Nachrichten, Hintergrund-Berichte, multimediale Reportagen, Fotogalerien – fast alles aus neun Jahren WDR.de muss nun gelöscht werden“.
Nach Auffassung der WDR-Verantwortlichen geschieht diese Löschung auch aus einem weiteren Grund zu Lasten der Qualität: Da der Vorgang zeit- und kostenintensiv sei, müssten neue Inhalte darunter leiden.
Da die anderen ARD-Rundfunkanstalten sowie das ZDF ebenfalls dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterworfen sind, ist ihre Situation ähnlich. Auch dort darf in den kommenden Wochen mit vielen „404-Fehlern“ gerechnet werden, vor allem wenn in älteren Beiträgen anderer Websites Links zu den Online-Angeboten der Öffentlich-Rechtlichen gesetzt wurden.