Microsoft patentiert modulares Betriebssystem
Microsofts im kommenden Januar für Endnutzer erscheinende „Windows Vista“ könnte eines der letzten konventionellen Betriebssysteme sein. Denn Microsoft meldete bereits im Juni 2005 ein neues Patent an, das es dem Konzern ermöglicht, in Zukunft ein modular aufgebautes Betriebssystem an seine Kunden ausliefern zu können.
Heutzutage hat ein solches Betriebssystem vom Schlage eines Windows XP oder Windows Vista einen ganzen Haufen verschiedener Funktionen und Features von Haus aus mit im Lieferumfang. So bietet man neben einer Abspielsoftware für alle Art von Video- und Audiodateien natürlich auch eine entsprechende Software für die Bildbetrachung und -bearbeitung. Applikationen zum rudimentären Schneiden von Videos fehlen dabei genauso wenig wie auch ein E-Mail-Klient, ein Taschenrechner, kleine Spiele, ein Internetbrowser, Systemüberwachungssoftware, und, und, und.
Doch aus dieser Tatsache heraus entwickelt sich auch ein durchaus fundamentales Problem, denn all diese Komponenten treiben den Preis eines Betriebssystem in die Höhe; schließlich muss all das auch entwickelt werden. Doch was passiert eigentlich, wenn ein potentieller Nutzer des Produkts X auf eine ganze Reihe der sonst standardmäßig implementierten Funktionen auch verzichten kann? Bislang guckte dieser stets in die Röhre und musste das System in vollem Umfang und damit auch zum vollen Preis kaufen. Dies könnte sich Microsofts neuem Patent zurfolge aber bald ändern, denn modular verkaufbare Betriebssysteme sollen mehr Kundenfreundlichkeit bringen.
So sieht das Patent vor, dass man die Software so modular gestalten kann, dass man grundsätzlich nur den eigentlichen Kernel wirklich kaufen muss – der Rest ist optional und muss nicht zwangsläufig für einen reibungslosen Betrieb gekauft werden. Dabei wäre es laut Patent zum Beispiel auch möglich, dass der Kernel Unterstützung für einen Prozessorkern, Speicheradressierung und alle weiteren essentiellen Funktionen bietet, die Unterstützung für einen zweiten Prozessor(kern) aber durch ein separates Modul erworben werden muss.
Die so vom Entwickler erstellten Module ließen sich grundsätzlich in vier Kategorien einteilen: Hardware, Peripherie, Kommunikation und Software/Applikationen. Dabei sei es allerdings nicht notwendig, – rein hypothetisch gesehen – bis zu 500 Module zusammenstellen zu müssen, bis das Betriebssystem einwandfrei läuft. Vielmehr wolle man dieses neue Vertriebssystem dazu nutzen, die Kunden das Betriebssystem stärker an die eigenen Bedürfnisse anpassen zu lassen. So stellt man es sich unter anderem vor, dass ein Power-User sich mehr Module, zum Beispiel für die Unterstützung von zwei oder mehr Prozessorkernen oder Schnittsoftware, dazukauft. Ein normaler Endanwender hingegen kauft sich nur die rudimentären Bestandteile des Betriebssystem, auf denen ohne Probleme Texte erstellt und gelesen werden können.
Darüber hinaus beschreibt das Patent auch das Geschäftsmodell, mit dem man diese Art des Betriebssystem vertreiben möchte. So gibt man an, dass der Kernel zum einem sehr günstigen Preis erstanden werden könnte. Alle anderen Module, die man zum Kernel optional hinzufügen kann, würden dann entweder zu einem variablen Preis vertrieben werden, könnten unter Umständen aber auch kostenlos verteilt werden. Ebenfalls möglich wäre die Einführung eines monatlichen Abos, das zur Nutzung verschiedener Module berechtigt. Diese Option würde es auch ermöglichen, einzelne Module nur für einen bestimmten Zeitraum nutzen können und diese hinterher, wenn man sie nicht mehr braucht, wieder abzubestellen.
Alles in allem liegt diesem Patent eine durchaus interessante Entwicklung zugrunde, die aber auch einige Risiken in sich birgt. So könnten einige Anwender, die nicht alle Funktionen ihres Betriebssystems nutzen wollen, Geld sparen. Andere, die auch wirklich alle gebotenen und unterstützten Funktionen nutzen wollen, könnten unter Umständen mehr als zuvor zahlen müssen; diesbezüglich kommt es wohl darauf an, zu welchem Preis man die einzelnen Module verkaufen wird oder ob es auch Komplettpakete geben wird, die in etwa aktuellen Windows-Versionen entsprechen.
Bislang handelt es sich hierbei aber nur um ein bares Patent, dessen technische Umsetzung noch nicht vollzogen worden ist. Es ist jedoch möglich, dass vielleicht schon das nächste Windows-Betriebssystem auf solchem Wege vertrieben werden könnte. Den Kunden wird es sicher freuen, wenn ihm wieder mehr Entscheidungsfreiheit gegeben wird. Über eine ähnliche Methode wird übrigens heutzutage auch das Linux-Betriebssystem vertrieben. Hier kann dem frei erhältlichen Kernel weitere Software hinzugefügt und so eine spezifische Distribution erstellt werden.