Raubkopierer Schuld am Ende von Iron Lore
Nachdem vor ein paar Tagen bekannt wurde, dass das Entwicklerstudio Iron Lore seine Pforten schließen muss, äußerte sich nun Micheal Fitch vom Publisher THQ in einem emotionalen Forumpost zu dem Ende. Demnach seien gleich in mehrerer Hinsicht Raubkopierer Schuld an der Misere.
Iron Lore wurde nicht zuletzt mit dem Diablo-Ableger Titan Quest bekannt und wusste sich mit diesem Hack'n-Slay-Titel eine große Fangemeinde aufzubauen. Leider, so Micheal Fitch, Director of Creative Management bei THQ, bestünde ein großer Teil der Titan-Quest-Nutzer jedoch aus Nicht-Käufern, was gleich in zweierlei Hinsicht schadete. Zum einen bahnte sich schon vor Veröffentlichung des Titels eine Kopie von Titan Quest den Weg ins Internet. Diese besaß noch keine Kopierschutzmechanismen, was jedoch elementar für das Funktionieren des Spiels gewesen sei: So gebe es an verschiedenen Stellen des Programms Sicherheitsabfragen, die die Gültigkeit der Version überprüften. Ohne vorhandenen Kopierschutz konnte die raubkopierte Version jedoch nur abstürzen, was, so Fitch, schon im Vorfeld der Veröffentlichung des Computerspiels zu schlechter Mundpropaganda geführt hätte.
Das Spiel hatte seitdem mit einem Ruf zu kämpfen, der wiederum in einem Teufelskreis mündete. Auch nach der Veröffentlichung gingen, so Fitch, viele PC-Nutzer dem Standardhobby nach, Titan Quest erstmal schwarz anzuspielen, da es ja keine Demo gäbe und der Titel ohnehin oft abstürzen solle. Das Problem (neben der Tatsache, dass dies illegal ist): Natürlich kam auch hierbei wieder eine unvollständige, schwarzkopierte Version zum Einsatz, die im entscheidenden Punkt des Kopierschutzes versagte und nur abstürzen konnte. Wenn es Beispiele für selbsterfüllende Prophezeiungen gibt, dann gehört Titan Quest wohl dazu.
Nichtsdestotrotz, so Fitch, habe man mit Titan Quest „kein Geld verloren“. Statistisch gesehen sei es aber ein Graus, wie sehr sich die reinen Nutzerzahlen doch von den Käuferzahlen unterschieden. So liege der Anteil der Raubkopierer in den USA beispielsweise bei 75 bis 80 Prozent der Gesamtnutzer; in Europa hätten sogar über 90 Prozent aller Titan-Quest-Spieler ihre Kopie schwarz bezogen. Nur etwa jeder zehnte Spieler habe demnach auch für die Software bezahlt – wären es zehn Prozent mehr gewesen, hätte sich der Umsatz mit dem Spiel glatt verdoppelt. Das wäre natürlich noch immer kein Garant dafür, dass Iron Lore auch heute noch entwickeln würde. Es könnte aber tatsächlich der Grund dafür gewesen sein, dass der Entwickler den Break-Even-Point – also den Punkt, bei dem sich das Produkt gerade rentiert – nicht deutlich überschritten und Profit gemacht hat.
Ein weiteres Problem bei der Entwicklung und Unterstützung des Titels seien zudem die PC-Hardware, die Hardware-Hersteller und vor allem der PC-Nutzer an sich gewesen. So gebe es nicht nur schier unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten von Steckkarten, Arbeitsspeicher, Laufwerken oder anderen Komponenten, die man unmöglich alle im Vorfeld testen könne – dieses Problem dürfte jeder PC-Spieleentwickler haben. Es sei vielmehr auch die teils zu beobachtende Mentalität der Spieler gewesen, das Problem zuallererst bei der Software und nicht der Hardware zu suchen, die den Entwickler-Support erschwert hätte. So gebe es verdammt viele „richtig dumme Leute“ da draußen, die mit der günstigen Hardware die beste Performance erreichen wollen – Fitch nennt hierbei vor allem integrierte Grafik- und Audio-Chips, die gerne mal ohne ordentliche Treiberunterstützung eine häufige Problemursache waren – dabei aber ihr System mit Software-Leichen zumüllen. So gehöre bei vielen der Instant-Messenger schon quasi zum Betriebssystemkernel und Peer-to-Peer-Programme laufen ohnehin die gesamte Zeit über; diverse Ad- oder Malware-Software-Schnipsel befänden sich ohnehin auf dem Rechner. Ein speicher- und rechenintensives Programm auf diesen PCs laufen zu lassen, ist mitunter überaus kritisch. Bei fehlerhafter Funktion ist es aber stets das Spiel, das schlampig programmiert wurde, so Fitchs Wiedergabe der gängigsten User-Beschwerden.
Beschweren kann sich der THQ-Mitarbeiter auch über die Treiberunterstützung der Komponentenhersteller: Die meisten kümmerten sich nicht um ihre Hardware, nachdem sie auf den Markt geworfen wurde oder sie propagieren mit einem neuen Treiber nur Fortschritt, in Wirklichkeit handele es sich aber um alte Kost. Ständige Anpassungen und Kompatibilitätsüberprüfungen und vor allem verschiedene Routinen für unterschiedliche (Grafik-)Hardware machen die Entwicklung für den PC nicht einfacher. Fitch könne daher verstehen, dass viele Entwickler immer stärker auf Konsolen setzen – für diese sprechen auch die Verkaufszahlen, wobei hier im Kontext wieder der Markt für illegale Kopien eine Rolle spielen dürfte.
Zu guter letzt bekommt auch die bis dahin unbescholltene Fachpresse ihr Fett weg: So könne Michael Fitch von Redakteuren berichten, die entweder elementare Spielelemente in Titan Quest verschlafen hätten oder lange behobene Fehler anprangerten. In einem Fall diskrediertierte beispielsweise ein Magazin das Spiel, weil man sich nicht von beliebigen Punkten der Karte in eine Stadt teleportieren könne, obwohl dies seit eh und je in Titan Quest möglich ist. Wie man die Tooltips im Spiel, die Anmerkungen im Handbuch oder das Tutorial derart ignorieren konnte, sei dem THQ-Mitarbeiter zwar nicht klar; es sei in dem Fall aber bezeichnend, dass nach einem Hinweis seitens der Spieler wie auch der Entwickler die Wertung von Titan Quest in besagtem Magazin unverändert blieb.
Alles in allem vermittelt der Forumpost recht deutlich, woran Iron Lore gescheitert sein könnte. Für die Fans der betroffenen Spiele wird der Verlust dadurch nicht leichter, aber vielleicht transparenter. Die ein oder andere Formulierung liest sich jedoch Frust-motiviert – unter anderem gewinnt man leicht den Eindruck, nur Iron Lore oder Publisher THQ stünden vor den genannten Problemen; davon abgesehen wird ausgeklammert, wie es überhaupt das fast fertige Spiel vorab ins Internet schaffte.
Den PC-Nutzer kann, soll und darf diese Ausführung aber gerne zum Denken anregen.