Kurztest: UEFA Euro 2008
Eigentlich gehört UEFA Euro 2008 zu den Spielen in diesem Jahr, die einen gewohnt ausführlichen Test verdient hätten. Immerhin handelt es sich hierbei um das offizielle Spiel zur Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz.
Doch was der geneigte Spieler passend zu diesem Sport-Event geboten kriegt, ist über weite Strecken so schwach, dass UEFA Euro 2008 an dieser Stelle „nur“ ein Kurztest in News-Form gewidmet werden soll. Während sich der Titel auf den Konsolen offenbar als recht taugliches EM-Spiel entpuppt, liefert Publisher Electronic Arts mit der PC-Variante, die uns vorliegt, genau das ab, was Kritiker bereits mit der ersten Ankündigung vermutet hatten: Einen mehr schlecht als recht geratenen Halbjahres-Abklatsch der beliebten FIFA-Serie.
Dies äußert sich vor allem in der miserablen technischen Umsetzung. Mit Blick auf die Grafik wirkt UEFA Euro 2008 im besten Fall wie das offizielle Spiel zur EM 2004. Die Spieler, Schiedsrichter und Trainer wirken grob animiert in Ganzkörper- und Gesichtszügen (siehe Bild oben) und haben einen Bewegungsablauf, der stellenweise vergessen lässt, dass es Techniken wie Motion Capturing gibt. Gleich hinter den Werbewänden wurde auf jegliche 3D-Modellierung verzichtet – stattdessen kommen Zuschauer und Ordner als hässlich-starre Texturen daher, die nicht einmal in kurzen Zwischensequenzen real dargestellt werden (siehe Bild unten).
Trotz dieser frappierenden Mängel im visuellen Bereich lief das Spiel auf einem aktuellen System mit miserablen Leistungswerten. Zwar ist es phasenweise möglich, UEFA Euro 2008 mit sehr annehmbaren Bilderraten im Bereich der 60 zu Spielen; stetige FPS-Einbrüche bis hinunter auf 20 Bilder pro Sekunde sorgen aber dafür, dass der ohnehin mäßige Spielspass stark in Mitleidenschaft gezogen wird. Dabei spielte es keine Rolle, ob das Spiel auf hohen oder mittleren Details in einer Auflösung von 1680x1050 oder 1400x900 gespielt wurde, was darauf hin deutet, dass UEFA Euro 2008 grafisch einfach schlampig umgesetzt wurde.
Auch die Audioumsetzung ist bestenfalls mäßig gelungen. Zwar ist die Geräuschkulisse recht realistisch – so geht ein Aufschrei durch das Publikum der Heimmannschaft, wenn diese ein Tor erzielt, während es im umgekehrten Fall verhalten bleibt –, doch hat UEFA Euro 2008 auch hier zu kämpfen: Bei einem besonders erregten Publikum – Tor in der 90. Minute – zeugt die Geräuschkulisse zum einen von einem widerwärtigen Scheppern, was nicht an der verwendeten Hardware liegt. Ferner muss man sich als halbwegs informierter Spieler doch schon arg darüber wundern, dass das deutsche Publikum immer wieder zum minutenlangen „Es gibt nur ein' Rudi Völler“-Gesang ansetzt. Was wohl Jogi Löw davon hält? Abgerundet wird die soundtechnische Misere durch die wirklich missratenen Kommentare von den im wahren Leben doch recht kompetenten Sportkommentatoren Tom Bayer und Sebastian Hellmann, die zumeist monoton und unterpegelt, in manchen Fällen schlicht völlig fehl am Platze ausfallen.
Abgesehen von den massiven Problemen im technischen Bereich kann EA immerhin wie gewohnt mit der umfassenden Lizenz trumpfen. So kann sich der Spieler über nahezu komplette und echte Namensregister in den Nationalteams freuen und auch ansonsten strotzt UEFA Euro 2008 vom Spielball über die Stadien bis hin zur Bandenwerbung vor Authentizität. Auch die Steuerung ist wie aus der FIFA-Serie gewohnt gut gelungen, was die genannten Minuspunkte zu einem gewissen Grad wieder aufzuwerten vermag.
In Sachen Spielinhalt bekommt man das geliefert, was zu erwarten war. Neben der Europameisterschaft, die sowohl mit- als auch ohne Vorrunde mit einem Team der Wahl absolviert werden kann, bietet UEFA Euro 2008 überdies die Möglichkeit, bestimmte Herausforderungen der verschiedenen Mannschaften zu meistern. Hierzu gehört häufig, mitten in einem Spiel einzusteigen und es noch zu Gunsten der eigenen Mannschaft zu entscheiden. Abgerundet werden die Optionen durch den Karrieremodus „Mannschaftskapitän“, bei dem es gilt, mit einem Spieler möglichst herausragend zu kicken.
Alles in allem stellt UEFA Euro 2008 vom Umfang her tatsächlich ein abgespecktes FIFA dar. Die technische Umsetzung fällt, mal abgesehen von der Steuerung, grob-fahrlässig aus. Vor diesem Hintergrund vermag auch das satte Lizenzpaket nicht, den offiziellen EM-Titel nennenswert aufzuwerten. Abschließend betrachtet fragt sich somit, wie es passieren konnte, dass EA eine solche PC-Umsetzung auf die potentielle Käuferschaft loslassen konnte. Eine mögliche Erklärung ist vielleicht in dem Umstand zu suchen, dass Sportspiele für den PC auch und gerade bei EA ein heikles Thema darstellen.
Gut möglich also, dass UEFA Euro 2008 ein Paradebeispiel dafür ist, wie gezielt an der PC-Umsetzung eines Sportspiels gespart wurde.