EU-Staaten beim Datenschutz im „verfrühten Winterschlaf“

Andreas Frischholz
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Mit der europäischen Datenschutzreform müsse es im kommenden Jahr endlich voran gehen, fordert EU-Kommissarin Viviane Reding und wirft den EU-Staaten einen „verfrühten Winterschlaf“ vor. Die Reform ist nach wie vor in der Schwebe, weil sich die Regierungen nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten.

Vor allem mit Blick auf die NSA-Enthüllungen bestehe laut Reding Handlungsbedarf, ein verschärfter und europaweit einheitlicher Datenschutz wäre die notwendige Antwort auf die NSA-Überwachung. „Ein starkes europäisches Datenschutzgesetz wird unsere Bürger vor rechtswidrigen Übergriffen von Unternehmen und Behörden auf ihre Daten schützen“, erklärte die EU-Justizkommissarin im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. So eine Reform ermögliche der EU, die US-Regierung unter Druck zu setzen, um dringend notwendige Gesetzesänderungen einzufordern. Dazu zähle etwa, dass „europäische Bürger in den Vereinigten Staaten das Recht bekommen, sich vor Gericht gegen den Missbrauch ihrer persönlichen Daten zu wehren“.

Entsprechende Schritte müsse die US-Regierung einleiten, um verlorenes Vertrauen wieder herzustellen. „Auf Selbstregulierung und Verhaltenskodizes, die nicht streng kontrolliert werden, wollen wir uns beim Datenschutz nicht mehr verlassen“, so Reding. Die Verhandlungen über ein entsprechendes Datenschutz-Abkommen wurden bereits im November angekündigt und sollen das umstrittene Safe-Harbor-Abkommen ergänzen, das momentan den Austausch von personenbezogenen Daten zwischen der EU und den USA regelt. Sollten die Verhandlungspartner aber bis zum Sommer keine Einigung erzielen, soll das Safe-Harbor-Abkommen nach dem Willen von Reding ausgesetzt werden.

Ob es im Zweifel wirklich soweit kommt, steht allerdings in den Sternen. So hat das EU-Parlament bereits im Herbst gefordert, sowohl das Safe-Harbor- als auch das Swift-Abkommen vorübergehend auszusetzen, um alle Spionage-Vorwürfe gegen die NSA gründlich aufzuklären. Die EU-Kommission sah dazu allerdings keine Veranlassung. Ebenso fragwürdig erscheint es, ob sich die europäischen Regierungschefs – wie von Reding gefordert – noch vor der Wahl des EU-Parlaments im Mai auf einen einheitlichen EU-Datenschutz verständigen. Sollte bis zur Wahl keine Einigung erzielt werden, ist mit der EU-Datenschutzreform nicht vor 2015 zu rechnen.

Zuletzt war die Reform Ende Oktober das Thema eines EU-Gipfels. Damals scheiterte das Vorhaben allerdings am vehementen Widerstand von der britischen Regierung. Und das mit freundlicher Unterstützung der Bundesregierung, die bei der Reform – trotz Bekenntnissen zu einem höheren Datenschutzniveau aus – auf die Bremse tritt.