Nanorod LEDs: Display erkennt und nutzt Licht zur Stromversorgung

Michael Günsch
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Nanorod LEDs: Display erkennt und nutzt Licht zur Stromversorgung
Bild: Moonsub Shim / Illinois.edu

Forscher haben eine LED-Technik entwickelt, mit der sich Displays automatisch dem Umgebungslicht anpassen und daraus sogar Energie beziehen können. Die Forscher nennen die Leuchtdioden Nanorod LEDs, da sie auf winzigen Nanostäbchen basieren.

Die Forscher Moonsub Shim und Seongyong Cho
Die Forscher Moonsub Shim und Seongyong Cho (Bild: L. Brian Stauffer / Illinois.edu)

Die Technik wurde von Forschern der University of Illinois at Urbana-Champaign sowie dem Elektroniklieferanten Dow Electronic Materials mit Unterstützung durch die National Science Foundation entwickelt. Im Fachmagazin Science sowie im Blog der Universität stellte das Team um Professor Moonsub Shim die Technik vor.

Winzige Nanostäbe

Die Rede ist von „tiny nanorods“ also winzigen Nanostäben, die „weniger als 5 Nanometer im Durchmesser messen“. Diese sind jeweils aus drei verschiedenen Halbleitermaterialien gefertigt, von denen ein Typ „sichtbares Licht emittiert und absorbiert“. Die anderen Typen regulieren, wie die Ladung durch das erste Material fließt. In kurzen Intervallen wird zwischen Leuchtfunktion (wie eine herkömmliche LED) und Erfassungsfunktion (wie ein Sensor) hin und her geschaltet. Dies geschehe so schnell, dass das menschliche Auge das Umschalten nicht bemerkt und das Display kontinuierlich zu leuchten erscheint.

Pixelgenaue Helligkeitsregulierung

Die speziellen Leuchtdioden arbeiten somit praktisch gleichzeitig wie ein Lichtsensor, was diverse Möglichkeiten offenbart. So könnte zum Beispiel die Helligkeit der LEDs automatisch an das Umgebungslicht angepasst werden und dies entsprechend pixelgenau. Herkömmliche Displays mit Lichtsensor können die Helligkeit nur für die gesamte Anzeige anpassen. Die neue Technik würde aber beispielsweise erkennen, welcher Teil des Displays dem Sonnenlicht ausgesetzt ist und welcher Teil im Schatten liegt und dementsprechend die Bereiche pixelgenau separat regulieren.

Dort, wo ein Schatten auf den Bildschirm fällt, wird es dunkler, und wo er in der Sonne ist, wird es heller, so dass man einen gleichmäßigen Kontrast beibehalten kann.

Moonsub Shim

Gestensteuerung und Objekterkennung

Die Lichtsensorik der LED-Pixel könnte auch zur berührungslosen Bedienung von Displays genutzt werden. Nähert sich ein Finger an, wird dies registriert. Eine Handy-Bedienung per Gestensteuerung wäre somit denkbar. Auch könnten auf diesem Weg andere Objekte vom Display erkannt werden.

Im Gegenzug könnte die Technik durch gezielten Lichteinfall für ein interaktives Whiteboard verwendet werden. Die Forscher demonstrierten, wie sich mit einem Laserschreibkopf das kleine LED-Display „beschreiben“ lässt: Dort wo das Licht auftrifft, beginnen die LEDs zu leuchten. Dies könne auch für Tablets nützlich sein.

Display bezieht Strom aus Umgebungslicht

Wie Professor Moonsub Shim erklärt, reagiert die Technik ähnlich auf Licht wie eine Solarzelle. Das absorbierte Umgebungslicht lasse sich in elektrische Energie umwandeln. Damit seien Displays denkbar, die zumindest einen Teil der verbrauchten Energie wieder zurückgewinnen. Erneut wird ein Mobiltelefon als Einsatzbeispiel angeführt, das während der Nutzung den Akku auflädt. Ein Display, das sich auf diesem Weg komplett selbst mit Energie versorgt, sei aber derzeit noch nicht möglich. Die Forscher wollen vielmehr die „Energieernte“ soweit verbessern, dass ein „wesentlicher Anteil“ der Leistungsaufnahme des Displays über den LED-Verbund selbst beigesteuert wird. Längere Akkulaufzeiten für Mobilgeräte wären somit denkbar.

Datenübertragung per Licht

Die Eigenschaft der Lichterkennung könne auch zur Datenübertragung verwendet werden, indem Displays mit Nanorod-LEDs untereinander kommunizieren. Diese Übertragungsart sei zwar langsamer als beispielsweise Bluetooth, doch sei statt einer seriellen Verbindung ein paralleler Datenaustausch möglich: „Zwei LED-Arrays, die sich gegenüberstehen, könnten mit so vielen Bits kommunizieren, wie es Pixel auf dem Bildschirm gibt“, so Shim.

Weiter Weg von Theorie zur Praxis

Die Funktionsweise der Nanorod-LED-Technik haben die Forscher vorerst nur mit roten LEDs demonstriert. Nun gilt es, Methoden zu entwickeln, um Farbdisplays mit roten, grünen und blauen Pixeln zu erreichen. Durch Anpassung der Zusammensetzung der Nanostäbe soll zudem die Lichtausbeute verbessert werden.

Ob letztlich wirklich Smartphones oder Tablets mit der Display-Technik ausgestattet werden, gilt es abzuwarten. Letztlich spielen die Herstellungskosten eine entscheidende Rolle. Auch welche Eigenschaften bezüglich Auflösung, Kontrast und Helligkeit die Technik erreichen kann, ist für den Einsatz entscheidend.