Bundesrat bemängelt Gesetzesentwurf für DNS-Sperren

Jirko Alex
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Der Bundesrat bemängelt in einer Empfehlung den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu den geplanten DNS-Sperren von Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt. Kritisiert werden dabei vor allem datenschutzrechtliche Bedenken sowie die Alleinherrschaft des Bundeskriminalamtes (BKA) über die zu erstellenden Zensurlisten.

Die achtseitige Empfehlung der Länderkammer zum vom Bundesfamilienministerium initiierten Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen empfiehlt etwa die Überarbeitung von Passagen, die dem BKA die alleinige Kontrolle der Zensurlisten ermöglichen. Punkt 10 der Empfehlung lautet daher: „Erhebliche Bedenken bestehen gegen den Gesetzentwurf insoweit, als danach allein das Bundeskriminalamt ohne die Möglichkeit der Überprüfung die geheim zu haltende Liste der zu sperrenden Seiten erstellt. Dies begegnet erheblichen rechtsstaatlichen Bedenken, zumal von den Sperrungen auch legale Internetseiten erfasst sein können. Die Sperrung von Internetseiten betrifft die Telekommunikationsfreiheit, die Informations- und Meinungsfreiheit sowie die allgemeine Handlungsfreiheit. Vor diesem Hintergrund sind geeignete Sicherungsmechanismen - etwa die Einbeziehung eines unabhängigen Gremiums – erforderlich, um zu verhindern, dass legale Seiten gesperrt werden.“ Eine solche Sicherungsmaßnahme wurde auch von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen bereit angedacht, nachdem dieser Punkt bereits seit Wochen kritisiert wird – im Gesetzesentwurf selbst findet er sich aber noch nicht wieder.

Weitere Kritik muss der Gesetzesentwurf etwa dafür einstecken, dass bisher kein Zeitfenster festgesetzt wurde, in dem das BKA einmal gesperrten Seiten auf ihren Inhalt hin prüfen muss, um etwa mittlerweile unbedenkliche Inhalte zu erkennen und die Seiten freizugeben. Auch sei technisch unklar, wie Anbieter abgesichert werden können, die ebenfalls von einer DNS-Sperre betroffen sind, da ihre Inhalte auf einem Server liegen, der wegen anderer Angebote gefiltert wird. In diesem Zusammenhang wird auch kritisiert, dass der Zugriff auf diese Seiten – und das Landen auf einer Stoppschild-Seite – für den unbedarften Nutzer ernsthafte Folgen haben könne. Dabei werde mit jedem Zugriff auf eine Stoppschild-Seite unterstellt, der entsprechende Nutzer beginge unter Vorsatz eine Straftat. Dass er auch mit technischen Tricks auf diese Seite geleitet werden könne, werde nicht bedacht. Der entsprechende Passus zur Datenübermittlung der gesammelten Nutzerdaten an das BKA wurde auf Drängen des Bundesjustizministeriums in den Gesetzesentwurf aufgenommen.

Der Bundesrat verlangt darüber hinaus eine „Übersicht oder Schätzung von Servern mit Kinderpornographieangeboten geordnet nach Ländern, in denen deutsche Ermittlungsbehörden direkt oder indirekt Zugriffsmöglichkeiten haben, und Ländern, in denen keine Ermittlungschancen bestehen.“ Die geplante Sperrliste solle dabei auf diejenigen Fälle beschränkt werden, bei denen nach geltendem Recht kein Einfluss geübt werden kann. Die Länderkammer lehnt sich mit dieser Forderung auch an der Feststellung an, dass viele der in anderen Ländern per Filterliste gesperrten Internetseiten per Anfrage komplett vom Netz genommen werden können.

Parallel zu den Bedenken des Bundesrates meldete auch die SPD-Basis Bedenken gegenüber dem aktuellen Gesetzesentwurf an und will diesen in letzter Minute doch noch kippen. So wird die SPD-Bundestagsfraktion in dem Initiativantrag dazu aufgefordert, das Gesetz nicht mitzutragen. Es handele sich dabei um „Alibi-Politik, die Internet-Zensur über den Staat möglich machen würde“, so etwa Björn Böhning, Sprecher der SPD-Linken und einer der Verfasser des Antrags. Dieser soll auf dem Parteitag der SPD am Sonntag diskutiert werden – über den Ausgang der Diskussion kann man aber nur spekulieren. Nach dem schwachen Wahlergebnis bei der Europawahl könnte nicht nur die Parteibasis auf mehr Konfrontation mit dem Koalitionspartner aus sein.

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