Western Digital: Mainstream-Markt wechselt komplett auf DRAM-less-SSDs

Michael Günsch
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Western Digital: Mainstream-Markt wechselt komplett auf DRAM-less-SSDs

Waren SSDs ohne DRAM lange Zeit seltene Ausnahmen für Budget-Serien, kommen im NVMe-Zeitalter immer mehr ohne dedizierten DRAM-Cache (DRAM-less) auf den Markt. Western Digital spricht dabei von einem Trend, der nicht nur Bestand haben wird, sondern dem alle Hersteller folgen werden.

DRAM-less wird zum Standard

Im Rahmen der virtuellen Presseveranstaltung „Flash Perspective“, zu der auch ComputerBase eingeladen war, hat Western Digital unter anderem über Trends im Segment der Client-SSDs für Verbraucher gesprochen. Einer dieser Trends seien SSDs ohne dedizierten DRAM-Cache. Robert Soderbery, der General Manager der Flash-Sparte von Western Digital, ging so weit zu behaupten, dass im Mainstream-Segment sogar ein vollständiger Wechsel auf SSDs ohne DRAM vollzogen wird: „Der Markt verlagert sich vollständig auf DRAM-less“.

The market is shifting completely to DRAM-less for the value in the mainstream segments. That's over 80% of the TAM. We are seeing all of the other flash vendors follow Western Digital

Robert Soderbery, EVP & GM Flash Business Unit bei Western Digital

Schon jetzt sollen über 20 Prozent der Client-SSDs keinen eigenen DRAM besitzen und es sollen noch deutlich mehr werden, was letztlich auch an Forderungen von OEMs liege. Der Verzicht auf DRAM hat nicht nur Kostenvorteile, sondern bedeutet auch einen geringeren Stromverbrauch, weniger Abwärme und weniger nötigen Platz auf der Platine, was wiederum noch kompaktere Formfaktoren ermöglicht.

SSDs ohne DRAM (DRAM-less) sollen sich durchsetzen (Bild: Western Digital)

Western Digital rühmt sich als Vorreiter unter den großen NAND-Flash-Herstellern bei DRAM-losen SSDs und hat das Konzept bei der im Jahr 2018 vorgestellten OEM-SSD SN520 erstmals umgesetzt. Es folgte die SN530, die erstmals die Funktion Host Memory Buffer (HMB) nutzte, die das Fehlen des DRAM teilweise kompensiert. Der Marktführer Samsung hat erst in diesem Jahr mit der Samsung 980 (Test) seine erste SSD ohne DRAM herausgebracht. Bei Drittanbietern von SSDs wurde auf DRAM wiederum schon sehr viel früher verzichtet.

Vor- und Nachteile des DRAM-Cache

Die Lookup-Tabelle einer SSD wird im Normalfall auf einem eigenen DRAM-Baustein auf der SSD abgelegt, was gegenüber dem Ablegen im NAND-Flash für deutlich schnellere Zugriffe sorgt und die Leistung steigert. Doch benötigt der DRAM zum einen Platz sowie zusätzliche Energie. Zum anderen bedeutet er Kosten, die sich mit steigenden Speicherkapazitäten der SSDs erhöhen, denn parallel muss auch der DRAM-Cache wachsen. Als üblich gilt eine Menge von 1 GB DRAM auf 1 TB Flash-Speicher, sodass bei 8-TB-SSDs bereits 8 GB DRAM zu finden sind.

Der Verzicht auf den DRAM-Cache bei einer SSD bedeutet allerdings nicht nur Leistungseinbußen, die sich vor allem beim wahlfreien Lesen kleiner Dateien (4K Random Read) bemerkbar machen, sondern geht auch zu Lasten der Haltbarkeit, da die LUT immer auf den NAND-Flash geschrieben werden muss, der nur eine gewisse Menge Schreibzyklen überdauert.

Bei SATA noch schlecht, bei NVMe praktikabel

Dennoch wird seit Jahren das Prinzip der DRAM-losen SSDs verfolgt, um vor allem Kosten zu sparen. Anfangs wurde dies bei SATA-SSDs der Einstiegsklasse für Verbraucher umgesetzt, die bei niedriger Auslastung den Nachteil seltener zu spüren bekommen. Doch kann das Fehlen des DRAMs zu regelrechten Systemaussetzern führen, wie ComputerBase bei der Toshiba TR200 (Test) zu spüren bekam. Auch andere Redaktionen kamen zu dem Schluss, dass SATA-SSDs ohne DRAM eigentlich nicht zu empfehlen sind.

Bei NVMe-SSDs mit HMB-Support sieht es aber anders aus. Dank der NVMe-Funktion Host Memory Buffer (HMB), über die ein Teil des Arbeitsspeichers vom Host-System zum Zwischenspeichern der Mapping-Tabelle dient, wird der potenzielle Nachteil beim wahlfreien Lesen (Random Read) gegenüber SSDs mit eigenem DRAM deutlich gemildert und bei typischen Client-Workloads nahezu kompensiert. Marvell hatte schon vor gut fünf Jahren die allerersten NVMe-SSD-Controller mit HMB-Support vorgestellt und die Funktionsweise erläutert.

Eine jüngere Studie (PDF) bestätigt, dass HMB bei DRAM-losen SSDs die Leistung steigern kann. Ohne gleiche technische Basis ist ein direkter Vergleich mit DRAM-basierten SSDs zwar nicht möglich, doch dürfte HMB zu diesen keine gleichwertige Alternative darstellen.

Der Hersteller Western Digital kam in einer eigenen Analyse (PDF) zu dem Schluss, dass bereits 16 MB des System-RAMs für die HMB-Funktion genügen, um bei Alltagsaufgaben keine Leistungseinbußen zu haben. Allerdings sieht Western Digital für Einsatzgebiete mit höheren Anforderungen SSDs mit eigenem DRAM-Cache weiterhin im Vorteil.

Hatte die Redaktion bei SATA-SSDs ohne DRAM noch ernste Vorbehalte, so sind diese bei den NVMe-SSDs ohne DRAM dank HMB verflogen. SSDs wie die WD Blue SN550 (Test) oder die besagte Samsung 980 haben gezeigt, dass auch DRAM-lose SSDs eine ordentliche Leistung ohne spürbare Schwächen im Verbraucheralltag liefern können.