Den Mozilla-Entwicklern rennt die Zeit davon

Steffen Weber
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Der bis vor wenigen Tagen aktuellen Roadmap zu Folge sollte Version 1.0 des Mozilla-Browsers noch im April 2002 zum Download bereitstehen. Wie man es jedoch schon seit einem Jahr gewöhnt ist, wurde das Release nun weiter verschoben, vorerst auf Ende Mai.

Für den morgigen Samstag ist jedoch noch ein zweiter Release-Kandidat geplant - bisher ging man davon aus, dass der RC1 der letzte Schritt vor Mozilla 1.0 sei. Kurioserweise taucht in der offiziellen Roadmap Mozilla 1.0 gar nicht mehr auf. Wenn man ihr glauben schenkt, folgt knapp zwei Wochen nach dem RC2, am 22. Mai, schon eine erste Alphaversion von Mozilla 1.1. Das die Planung veranschaulichende Diagramm hingegen deutet auf ein Release von Mozilla 1.0 Ende Mai, also nach der Mozilla 1.1 Alpha, hin. Der Verdacht könnte aufkommen, dass der Browser nach Ansicht der Entwickler nie fertig wird und ein Blick in die Bug-Datenbank von Mozilla offenbart erschreckende Zahlen: Momentan gibt es ca. 12.000 offene Bugs, wohl kaum mehr als 500 davon werden bei der derzeitigen Planung (Release Ende Mai), die das Roadmap-Diagramm offenbart, wohl noch behoben werden können. Somit besteht die Gefahr, dass Mozilla 1.0, obwohl er zweifelsohne weniger kritische Bugs mitbringt als die vorherigen Versionen, doch eventuell eine sehr wackelige Angelegenheit werden könnte.

Ein neutraler Beobachter würde daraus sofort die Konsequenz ziehen, den Entwicklern noch einige Monate Zeit zu geben, damit die Version 1.0 ihrem Namen auch gerecht wird. Doch offenbar drängt AOL/Netscape, Initiator des Projekts, auf eine baldige Veröffentlichung hin. Dies wäre durchaus nachvollziehbar, will man doch aller Voraussicht nach den Mozilla-Browser als Basis einer neuen Netscape-Version verwenden und auch in die AOL Zugangssoftware integrieren. Dass AOL mit Microsoft unter anderem aufgrund der Angelegenheit mit dem AOL-Icon auf dem Windows-Desktop und dem damit einhergehenden Streit um den Real Player in der AOL-Software im Zwist ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Kein Wunder also, dass AOL möglichst schnell auf eigenen Beinen stehen und nicht die Verbreitung von Microsofts Internet Explorer weiter vorantreiben will. Um das schlechte Image von Netscape 6, welches seit der Veröffentlichung von Version 6.0 an dem Browser haftet, loszuwerden, plant man offenbar, den auf Mozilla 1.0 aufbauenden Browser als Netscape 7.0 zu vermarkten und in die Zugangssoftware zu integrieren.

Wie auch immer sich die Mozilla-Entwickler entscheiden, beiden Seiten können sie es nicht recht machen. Und auch die Presse wird wohl Mozilla 1.0 genauestens unter die Lupe nehmen, sodass eine ausgereifte Version 1.0 sehr wichtig für die Akzeptanz des Produktes bei den Benutzern sein kann. Wie so oft zählt hier der Eindruck des x.0 Releases. Was dann noch an mehr oder weniger bedeutenden Verbesserungen nachgeschoben wird, findet oft nur am Rande Erwähnung. Fragt sich nur, wie lange AOL/Netscape noch warten kann oder will…