IBM speichert 125 GByte auf einem Quadrat-Inch
Mit dem Einsatz neuer Techniken ist es IBM gelungen 125 GByte auf 625 mm² zu speichern. Gegenüber den heutigen Festplatten entspricht dies einer zwanzig Mal so hohen Speicherdichte. Ungerechnet können damit 25 Millionen Buchseiten oder Inhalte von 25 DVDs auf die Fläche einer Briefmarke gespeichert werden.
Erreicht wurde dies im Rahmen des Projektes “Millipede“ (Tausendfüssler) am IBM Forschungslabor in Zürich. In dieser Entwicklung spielt Nanomechanik anstelle von herkömmlicher magnetischer oder elektronischer Speichertechnologie die zentrale Rolle: Mit Tausenden von feinsten Spitzen "schreibt" Millipede winzige Vertiefungen, die einzelne Bits repräsentieren, in einen dünnen Film aus Kunststoff. Das Resultat ist mit einer althergebrachten Lochkarte vergleichbar, allerdings auf der Skala von Nanometern (Millionstel-Millimetern). Die Bits lassen sich ebenfalls löschen und überschreiben.
Die Terabit-Dichte wurde mit einer einzelnen Silizium-Spitze erreicht, die Vertiefungen mit einem Durchmesser von nur gerade 10 Nanometern erzeugt - 50.000mal kleiner als der Punkt am Ende dieses Satzes. Die Funktionstüchtigkeit des Konzepts hat das Team am IBM Forschungslabor Zürich mit einem experimentellen Speicherchip mit mehr als tausend Spitzen erprobt. Derzeit arbeiten sie am Prototyp eines kompletten Speichersystems, das im nächsten Jahr betriebsbereit sein und nachweisen soll, dass die vielversprechende neue Technologie die praktischen Anforderungen an ein marktfähiges Produkt erfüllen kann. Dieser Prototyp wird über mehr als 4000 Spitzen verfügen, die in einem kleinen Quadrat von 7 Millimetern Seitenlänge angeordnet sind. Die Dimensionen würden es ermöglichen, ein komplettes Speichersystem hoher Kapazität in das kleinste standardisierte Format für Flash-Memory zu packen.
Die Kapazität von Flash Memory wird in nächster Zeit voraussichtlich 1-2 GB nicht übersteigen. Mit der Millipede Technologie könnten dagegen 10-15 GB auf der selben Fläche Platz finden, ohne mehr Energie zu verbrauchen.
Technischer Hintergrund
Kern der Millipede-Technologie ist eine zweidimensionale Anordnung von v-förmigen Silizium-Federzungen (Kantilever), die 0,5 Mikrometer (Tausendstel-Millimeter) dick und 70 Mikrometer lang sind. Am Ende jeder "Zunge" ragt auf einer Seite eine weniger als 2 Mikrometer hohe Spitze heraus. Der derzeitige experimentelle Aufbau enthält in einem Quadrat von 3 mm Seitenlänge insgesamt 1024 (32 x 32) "Zungen", die aus dem Silizium herausgeätzt sind. Ein raffiniertes Design gewährleistet die exakte Nivellierung der Spitzen über dem Speichermedium und dämpft Vibrationen und Stöße von außen.
Für die Funktionen des Gerätes, das heißt Lesen, Schreiben, Löschen und Überschreiben, werden die Spitzen mit dem nur wenige Nanometer dünnen Polymerfilm auf dem Siliziumsubstrat in Kontakt gebracht. Das Schreiben von Bits erfolgt durch Aufheizen des in den Kantilever integrierten Widerstands auf typischerweise 400 Grad Celsius. Die dadurch ebenfalls aufgeheizte Spitze weicht das Polymer auf, sinkt ein und hinterlässt eine Vertiefung. Zum Lesen wird die Temperatur des Widerstands auf typischerweise 300 Grad Celsius reduziert. Bei dieser Temperatur wird das Polymer nicht aufgeweicht. “Fällt“ nun die Spitze in eine Vertiefung, kühlt sich der Widerstand wegen des besseren Wärmetransports leicht ab, was zu einer messbaren Veränderung des Widerstands führt. Um daten zu überschreiben, ätzt die Spitze versetzt Vertiefungen in die Oberfläche. Deren äußere Ränder überlappen die alten Vertiefungen und löschen so die alten Daten. Mehr als 100“000 Schreib- und Überschreib-Zyklen haben den Nachweis erbracht, dass sich das Konzept für einen wiederbeschreibbaren Speichertyp eignet.
Der Energieverbrauch hängt stark von der Datenrate ab, mit der das Gerät betrieben wird. Bei wenigen Megabits pro Sekunde dürfte Millipede nicht mehr als 100 Milliwatt benötigen, was in etwa dem Energiebedarf eines Flash-Memory entspricht und deutlich unter demjenigen von magnetischer Speicherung liegt.
Mit dem experimentellen Chip mit 1024 Spitzen auf einem Quadrat von 3 mm Seitenlänge wurde vorerst eine Speicherdichte von 200 Gigabits pro Quadratzoll und eine potenzielle Kapazität von etwa 0,5 Gigabytes erreicht. Die nächste Millipede-Generation wird viermal mehr Spitzen aufweisen - 4096 oder 64 x 64 in einem Quadrat von 7 mm Seitenlänge.