„Sideshow“ soll informieren ohne abzulenken

Update Steffen Weber
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In einem offiziellen PDF-Dokument von Microsoft beschreibt die Research-Gruppe des Software-Giganten ihre neuesten Erkenntnisse zum Thema „Wie und wann mache ich jemanden auf etwas aufmerksam, ohne ihn dabei von seiner momentanen Tätigkeit zu sehr abzulenken“.

Um dies näher zu erläutern wird unter anderem das folgende Beispiel aufgeführt: Menschen wollen über möglichst viele Dinge ständig informiert werden, wie zum Beispiel beim Eingang einer neuen E-Mail. Um den Benutzer auf dieses Ereignis aufmerksam zu machen, kann man entweder visuelle oder akustische Mittel verwenden. Aber egal für welche Lösung man sich auch entscheidet, der Benutzer wird immer von seiner bisherigen Tätigkeit abgelenkt werden. Somit stellt laut den Informationen in besagtem Dokument der Vorteil von Hinweisen auf aktuelle Ereignisse, nämlich dass sich der Benutzer sich einer anderen Tätigkeit zuwendet, auch dessen größten Nachteil dar.

Die Lösung wird darin gesehen, den Benutzer durch Veränderungen in seiner Umgebung auf diverse Ereignisse aufmerksam zu machen. Das beste Beispiel hierfür sei, dass ein in der Nähe eines Fensters arbeitender Computer-Anwender jederzeit über die lokalen Wetterverhältnisse bescheid weiß, ohne dass ihn das Bemerken dieses Zustandes abgelenkt habe. Microsofts anvisiertes Ziel ist es also, in Zukunft den Benutzer durch Veränderung der Umgebungsverhältnisse auf etwas aufmerksam zu machen, anstatt ihn mit einer sich in den Vordergrund drängenden Meldung, sei sie auch nur in Form einer gelben Infobox am rechten Ende der Taskleiste realisiert, abzulenken.

Hier soll, voraussichtlich mit einer der nächsten Windows-Versionen, Microsofts neueste Erfindung mit dem Namen „Sideshow“ unter Berücksichtigung der folgenden Design-Prinzipien ins Spiel kommen: Da man sich die Umgebungswahrnehmung des Anwenders zunutze machen will, muss also dauerhaft ein bestimmter Bereich auf dem Bildschirm für die entsprechenden Informationen reserviert sein. Und um den Benutzer nicht ähnlich flackernde Werbe-Banner seiner Konzentration zu berauben, soll sich der Bildschirminhalt in diesem Bereich während des Arbeitens kaum verändern. Dabei macht mans ich zunutze, dass viele der Informationen durch Zahlen dargestellt werden und wie jeder Nutzer eines windows-ähnlichen Desktops bestätigen kann, hat es bisher noch niemanden abgelenkt, wenn die in die Taskleisten eingearbeitete Uhr ihren Job verrichtet. Bei den mehreren Pixel in Anspruch nehmenden durch Bilder veranschaulichten Informationen wird das Ziel, so wenig wie möglich Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dadurch erreicht, dass der Inhalt nur in relativ großen Zeitintervallen aktualisiert wird.

Weiterhin war es ein Ziel, die durch SideShow bereitgestellten Informationen vollständig an die individuellen Bedürfnisse anpassbar zu gestalten. Es müssen also nicht zwangsweise die aktuellen Aktienkurse einen gewissen Anteil der Bildschirmfläche für sich in Anspruch nehmen, wenn der Anwender mit selbigen rein gar nichts am Hut hat. Ein Feature ohne dass „SideShow“ wahrscheinlich gar keine Daseinsberechtigung hätte ist, dass man durch einen Mausklick auf oder eine Mausbewegung über ein SideShow-Element weitere Informationen zu diesem erhalten kann. Das hört sich eigentlich weniger revolutionär an, dahinter verbirgt sich aber unter anderem auch, dass man anstatt Outlook öffnen zu müssen nur das relevante Fenster mit der E-Mail-Übersicht angezeigt bekommt.

Ein gutes Beispiel für die Ausnutzung der Umgebungswahrnehmung stellen Fotos der Personen in der Buddy-Liste des Messengers dar. Wenn die Buddys online sind schauen sie einen an, wenn sie hingegen online aber nicht erreichbar sind, schauen sie zur Seite. Ob man dadurch jedoch wirklich unterbewusst wahrnimmt, ob ein Buddy gesprächsbereit ist oder nicht, wird wohl erst ein Test zeigen können. Interessant ist diese Idee allemal, Datenschützer werden jeodch sofort bemängeln, dass Microsoft dann theoretisch in der Lage ist, einem Großteil der Messenger-Anwender ein Bild zuzuordnen.

Um bei einer großen Anzahl an Informationen den Überblick nicht zu verlieren, können selbige gruppiert und auf Wunsch auch „zusammengeklappt“ werden, sodass nur noch der Titel der Gruppe sichtbar ist. Microsoft gibt sich hier jedoch nicht nur mit den Zuständen ein- und ausgeklappt zufrieden, sondern will sich Zwischenstadien implementieren, in denen nur die wichtigsten Informationen angezeigt bzw. Bilder verkleinert dargestellt werden.

SideShow ist also eine Sidebar wie auch die Windows Taskleiste - natürlich mit anderem Inhalt -, Microsoft hofft jedoch durch das durchdachte Konzept von SideShow auf eine breite Akzeptanz bei den Anwendern zu stoßen. Damit der Anwender zwischen möglichst vielen anzuzeigenden Informationen auswählen kann, soll ein SideShow SDK (Self Developement Kit) Leute mit Kenntnissen in C++ oder HTML dazu befähigen, eigene Module, sogenannte „Tickets“, für die SideShow zu erstellen. Diese sollen nach Microsofts Vorstellung dann auf Internet-Seiten, die die entsprechenden Inhalte liefern, zum Download angeboten werden. Aber auch ohne die Hilfe von Fremdautoren kann der Anwender neue Features zu SideShow hinzufügen. Er kann sich beispielsweise ein Ticket erstellen, das fortlaufend das aktuelle Höchstgebot einer für den ihn interessanten eBay-Auktion aufmerksam macht.

Eine intern unter Microsoft-Mitarbeitern durchgeführte Studie soll gezeigt haben, dass SideShow von einer deutlichen Mehrheit der Nutzer akzeptiert worden ist, dabei muss man jedoch beachten, dass eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Testern SideShow alles andere als täglich eingesetzt haben. Das lässt sich daraus schließen, dass gerade einmal 51,8% das Tool mindestens einmal in 14 Tagen eingesetzt haben. Das dabei am positivsten aufgenommene Feature stellt die vereinfachte Handhabung der E-Mail- und Kalender-Verwaltung dar, der Hauptgrund für die Ablehnung von SideShow dessen technische Mängel, die mittlerweile angeblich ausgeräumt sind.

Was jetzt schon klar sein dürfte ist, dass sich Microsoft seine Entwicklung durch ein Patent sichern wird, jedenfalls lässt dies der Text auf dem Splash Screen des ersten Screenshots stark vermuten. Eines dürfte angesichts dieser Neuerung sicherlich klar sein. Microsoft setzt weiterhin unbeirrt auf die Entwicklung des PCs als multimediale Schaltzentrale des menschlichen Alltags, eine ständige Internetanbindung scheint für ein solches Feature zwingende Voraussetzung zu sein.

SideShow in Aktion Nr. 1
SideShow in Aktion Nr. 1
SideShow in Aktion Nr. 2
SideShow in Aktion Nr. 2
Funktionen erläutert
Funktionen erläutert
Outlook-Implementierung
Outlook-Implementierung
Kalender-Implementierung
Kalender-Implementierung
Update

Wie heute bekannt wurde, soll SideShow bereits in Microsofts hauseigenem Internet-Explorer-Aufsatz MSN Explorer 8.0, der vor wenigen Tagen angekündigt wurde, mitgeliefert werden. Um die Verbreitung des Produktes weiter zu fördern wird er unbestätgten Informationen zu Folge auch Bestandteil von Microsoft Office.NET sein!