MSI dreht am Takt und manipuliert Zeitmessung

Thomas Hübner
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Wie der Grafikkartenmarkt ist auch der Markt für Mainboards heiß umkämpft. Jeder möchte hier der schnellste sein und so ist es nicht ungewöhnlich, dass der Hersteller den Frontside-Bus um einige MHz erhöht, um so im Vergleich zur Konkurrenz besser abzuschneiden.

Hier können sich eigentlich alle Mainboard-Hersteller an die eigene Nase fassen. Ehrlich gesagt halten sich die Wenigsten an den vorgeschriebenen Takt, obwohl die Taktgeneratoren sehr wohl genau arbeiten könnten. Bei unserem i865PE/G Vergleich wurde der 3,00 GHz Pentium 4 von einem Vertreter des Vergleichs sogar mit 3,02 GHz, also 20 MHz mehr, betrieben.

MSI hat sich allerdings für einen völlig anderen Weg entschieden. Auf den neuesten Pentium 4 Platinen aus diesem Hause, dem 865 Neo 2 und 875 Neo mit i865PE und i875P Chipsatz, befindet sich eine Schaltkreis, der den Prozessor dynamisch übertaktet. Getreu dem Motto: Steigt die Prozessorbelastung, dann steigt auch der Prozessortakt. An für sich eine nette Idee, zumindest dann, wenn man dem User die Wahl lässt, diese Overclocking-Funktion zu aktivieren oder zu deaktivieren. Da es diese Option derzeit noch nicht gibt, ist das dynamische Übertakten bei den im Handel erhältlichen Mainboards auch (noch) deaktiviert. Bei den Platinen, die für Testzwecke an Redaktionen versandt wurden, kann man sich dagegen schon unfreiwillig von ihrer Qualität überzeugen. Hier ist die Option standardmäßig aktiv und kann auch nicht deaktiviert werden. Das Problem dabei: normale Tools erkennen diese Taktmanipulation nicht, da der Takt erst bei einer hohen Prozessorlastung angehoben wird. Das Ergebnis sind unbegründet hohe Testergebnisse, schließlich wird ein 3 GHz Pentium 4 beispielsweise einfach im Hintergrund mit 3,2 GHz betrieben.

Doch der Prozessortakt ist nicht das Einzige an dem MSI Hand anlegt. Auch der High Performance Counter, die genaueste Möglichkeit der Zeitmessung auf einem PC, wird angetastet und ist damit nicht mehr zuverlässig. Dies ließe sich nur mit einem Tool ermitteln, welches den realen Prozessortakt mit verschiedenen Zeitnehmern ermittelt. Übertaktet man den Prozessor mit dem MSI Overclocking-Tool CoreCell, so zeigen vier von fünf Zeitmessern einen höheren Takt korrekt an. Der mittels High Performance Counter ermittelte Prozessortakt bleibt dagegen beim Standardwert. Das dürfte eigentlich nicht sein! Hier scheint man also auch zu manipulieren. Das ist eigentlich noch schlimmer als den Prozessortakt im Hintergrund zu verändern. Denn durch Verändern der Zeitmessung könnte man ohne eigentlich mehr zu leisten, Benchmarkergebnisse in die Höhe Treiben. Angenommen, eine Sekunde dauert nicht eine Sekunde, sondern zwei. Dann verdoppelt sich unweigerlich auch das Ergebnis für die 'Bilder pro Sekunde Messungen'. Bleibt nur zu hoffen, das solche Tricks nicht zum Volkssport mutieren. Aufgedeckt hat diesen Umstand Tom's Hardware Guide.

msi875p_overclock
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